12. März 2013 in Aktuelles
Er gilt als unbestechlich und heiter, ist vielsprachig und im idealen Alter für die Papstnachfolge. Mit der Wahl Robert Sarahs wäre aber auch ein globaler Kulturkampf der katholischen Kirche sicher. Von Paul Badde (Die Welt)
Vatikan (kath.net/Die Welt) Robert Kardinal Sarah (67) war gerade im Auftrag des Papstes bei den Heeren der syrischen Bürgerkriegsflüchtlinge in Jordanien, als Benedikt XVI. in Rom auf sein Amt verzichtete. Die Nachricht schockte natürlich auch ihn, doch zunächst widmete er seine Aufmerksamkeit ganz weiter dem Elend und der Tragödie des Nahen Ostens, für das ihn der Papst im letzten Herbst zum Sonderbotschafter ernannt hatte.
Als Präsident des Päpstlichen Rates "Cor unum" ist der Kardinal aus dem westafrikanischen Guinea Chef der weltweiten Caritas des Vatikans und eine Art Entwicklungsminister in einem. Als er 1979 von Johannes Paul II. zum Bischof ernannt wurde, war er mit 34 Jahren der jüngste Erzbischof der katholischen Kirche. Jetzt gilt er als einer der heimlichen Anwärter für die 268. Nachfolge des Apostels Petrus.
Käme es so, wäre er der erste Papst aus Afrika nach Gelasius I., dem 49. Nachfolger Petri in den Jahren von 492 496. Der war allerdings ein Kabyle aus dem nordafrikanischen Rhif-Gebirge. Einen Schwarzafrikaner wie Sarah hat es unter den Päpsten noch nie gegeben. In den nur vier Jahren seiner Amtszeit hatte Gelasius I. in einer Zeit größter Machtlosigkeit gegenüber dem oströmischen Kaiser Anastasios I. wie kein Papst zuvor den universalen Anspruch der Kirche auch über weltliche Dinge geltend gemacht.
Für die Geschichte Europas ist kaum ein Gedanke wirkmächtiger geworden als diese Idee einer Brechung der allmächtigen Gewalt des Kaisers zu Gunsten von zwei Gewalten, die die Welt regieren. "Gelasius" heißt "Der Heitere". In einem seiner Schreiben hat er als erster das Wort "modern" benutzt.
Unbestechlich, konservativ und heiter
Da wäre nach Benedikt XVI., dem modernsten und europäischsten Papst der letzten Jahrhunderte, für die Zukunft der Moderne heute vielleicht wieder die Stunde für einen Papst aus Afrika. Dafür sehen viele in dem sanften Robert Sarah eine Idealbesetzung, der auch in Rom zuhause ist, seit er hier in den 60er-Jahren an der Gregoriana-Universität studierte.
Auch er könnte sich "der Heitere" nennen. Dass er als konservativ gilt, wundert bei einem Afrikaner nicht. Bemerkenswerter ist sein Ruf der Unbestechlichkeit, da es in weiten Teilen Afrikas in gewisser Hinsicht immer noch mit zur Kultur gehört, dass man weniger Individuen wählt als Familien und Stämme, die nach der erfolgreichen Wahl eines ihrer Mitglieder gerne mit die Hand aufhalten möchten.
Auch darum hat Papst Benedikt XVI. Robert Sarah vor Jahren die Nachfolge des höchst verlässlichen Paul Josef Kardinal Cordes aus Paderborn als Präsident des Päpstlichen Hilfswerks "Cor Unum" anvertraut, weil es in dieser Position auch immer um große Summen geht, die der Vatikan regelmäßig in Notstandsgebiete der Erde überbringen lässt wie jetzt wieder in die Flüchtlingslager um Syrien.
Im idealen Alter für die Papstnachfolge
Mit 67 Jahren hat Sarah zudem ein quasi ideales Alter für die Papstnachfolge. Er wurde in Französisch-Guinea geboren, ging in der Elfenbeinküste ins Seminar und beendete wegen der politischen Wirren in seiner Heimat seine Studien im Senegal, Rom und Jerusalem. Nur zehn Jahre nach seiner Weihe wurde er schon von Kardinal Benelli, dem damaligen Nuntius in Westafrika, in Conakry zum Erzbischof geweiht.
Über den legendären Kardinal Benelli wurde der viel versprechende neue Bischof schon mit der alten Garde in der römischen Kurie vertraut gemacht, die auch heute im Vatikan noch geräuschlos viele Fäden zieht. Neben seiner Muttersprache und Italienisch spricht Robert Sarah Englisch und Französisch fließend.
1985 wurde er zum Präsidenten der Bischofskonferenz von Guinea gewählt und danach zum Präsidenten der Bischofskonferenz von Westafrika. Es war eine Zeit, in der er sich (furchtlos wie Papst Gelasius I. zu seiner Zeit gegenüber dem Kaiser Ostroms) den autoritären Ansprüchen der wechselnden Autokraten der Region entgegen stellte.
Kein Rabatt für Intellektuelle Europas
Seine persönliche Integrität ist legendär. Für Johannes Paul II. wurde er damit zum unverzichtbaren Berater für viele Belange der Dritten Welt und in Afrika zu einer fast schon natürlichen Führer- und Identifikationsfigur unter den vielen Mitbischöfen in diesem höchst dynamischen Teil der katholischen Weltkirche, wo sich die Anzahl der Katholiken vom Jahr 1900 bis 2000 von 1.9 Millionen auf 130 Millionen vermehrte.
Mit seiner Wahl wäre wie mit der Wahl eines jeden Kandidaten aus Afrika aber auch gleichsam ein globaler Kulturkampf der katholischen Kirche neu programmiert. In den gesellschaftlichen Debatten um Empfängnisverhütung, Abtreibung und "reproduktive Gesundheit" würde er den Intellektuellen Europas und Amerikas keinen Rabatt einräumen.
In der afrikanischen Bischofssynode von 2009 verurteilte er vehement die Politik des Gender Mainstreaming als scharfen "Gegensatz zur Kultur Afrikas und der Wahrheit über den Menschen, wie sie von Gott in Jesus Christus offenbart worden ist." Afrika müsse sich schützen "gegen die Vergiftung durch den intellektuellen Zynismus des Westens." Das würde ein Papst Gelasius III. in zwei Wochen wohl auch über die Identität der katholischen Kirche sagen.
Cardinal Sarah: The man overseeing the charity works of the Church (Rome Reports)
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