Römisches Tagebuch vom Petersplatz

12. März 2013 in Kommentar


Wenn die Papabili an einem vorbeiziehen… Die Schriftstellerin und Journalistin Monika Metternich war heute im Petersdom bei der Messe Pro eligendo Romano Pontifice dabei (Teil 2)


Vatikan (kath.net/mm) Als der emeritierte Erzbischof von Quito, Ecuador, heute in der Sixtinischen Kapelle seinen Eid leistete, war er mir noch näher als all die Tage zuvor. Denn ich habe Raúl Eduardo Vela Chiribog „adoptiert“. Die großartige Aktion der Jugend 2000, vor und im Konklave für einen Kardinal besonders zu beten, hat ihn mir inzwischen fast so nahe gebracht wie ein Familienmitglied. Nun haben sich die Türen der Sixtina hinter ihm und den anderen 114 Kardinälen geschlossen und das Warten beginnt.

Begonnen hatte der Tag mit rekordverdächtigem Schlangestehen vor dem Petersdom in aller Herrgottsfrühe. Alle Gläubigen waren eingeladen, die „Missa pro eligendo Romanus Pontifie“, also die Messe zum Beginn der Papstwahl, mitzufeiern, und sie machten reichlich Gebrauch davon – der Petersdom war gefüllt bis auf den allerletzten Platz, als die Kardinäle schließlich feierlich durch den Mittelgang einzogen. Ein immer wieder beobachtbares Kuriosum: Tausende von Handykameras reckten sich wie auf Kommando in die Höhe wie elektronische, blitzende Tentakel. Ein skurriler Anblick. Aber zugegeben: Auch unsere Kameras waren auf all die Gesichter gerichtet, die in den letzten Tagen in den Medien die Spekulationen, wer der nächste Papst werden könnte, begleitet hatten.

Die deutschsprachigen Kardinäle Meisner, Woelki, Marx, Koch und Kasper zogen ganz nah vorbei, auch all die „papabili“, welche die Titelseiten vieler Zeitungen in den letzten Tagen hypothetisch zierten, sind plötzlich ganz real. Der Wiener Kardinal Schönborn lächelte freundlich zu unserem Team hinüber.

Messen im Petersdom sind immer beeindruckend – aber mit allen Apostelnachfolgern zusammen die „Missa de Angelis“ zu feiern, machte spürbar, was gemeint ist wenn es heißt, das Konklave sei viel mehr ein liturgischer Akt als eine Wahl im herkömmlichen, demokratischen Sinne: Der Herr der Kirche steht im Mittelpunkt seiner Kirche. Die steinernen Zeugen der Heiligen im ehrwürdigen Petersdom, die ihrem Herrn – jede und jeder auf ihre und seine Weise – ähnlich geworden sind, künden beredt von der sichtbaren und von der unsichtbaren Dimension der Kirche. Wenn beim Einzug der Kardinäle in die Sixtinische Kapelle alle Heiligen angerufen werden: Ora pro nobis! wird – sofern keine Fernsehmoderatoren quälend dazwischen quatschen – plötzlich spürbar, was diese Kirche ist. Gemeinschaft der Heiligen. Und wir alle gehören dazu.

Die betend in das Konklave einziehenden Kardinäle sind Werkzeuge des Heiligen Geistes, wenn sie gemeinsam den Nachfolger des heiligen Petrus und Vikar Christi unter den Apostelfürsten suchen. Wir unterstützen sie durch unser Gebet. Die Heiligen bitten für sie. Und unser aller Gebet richtet sich an Christus, den Herrn der Kirche. Es ist also ein geistliches Ereignis.

Sogar viele Nichtgläubige, die fasziniert das Fremde der Zeremonien der Papstwahl beobachten und sich dieser so ganz anderen Wahl kaum entziehen können, erkennen, dass hier etwas ganz anderes stattfindet. Und jeder von uns spürt: Die Papstwahl darf kein Politkrimi, kein Postenschacher, kein Wahlkampf sein. Das lautstarke Gewitter, das über dem Petersdom donnerte, während Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano predigte, klingt wie eine Warnung.

Im strömenden Regen verschiedene Begegnungen: Auf der Straße treffe ich Matthias Kopp, den Pressesprecher der deutschen Bischofskonferenz. „Was machen Sie denn hier?“ frage ich ihn verblüfft. „Arbeiten! Ich habe vier Kardinäle hier!“ antwortet er und eilt weiter. Ein Römer philosophiert beim Espresso: „Der Heilige Geist wählt in der Regel nicht den Besten, sondern verhindert vor allem Schlimmeres.“ Ein wenig schnippisch frage ich zurück: „Und Alexander VI.?“ Über seine Antwort werde ich nun nachdenken, während ich durchnässt auf den ersten Rauch warte: „Immerhin hat er kein Jota an unserem Glauben geändert. Und ihm verdanken wir den zweiten Teil des Ave Maria.“ Der Geist weht, wo und wie er will. Lassen wir uns überraschen. Und nun ab auf den Petersplatz.

kathTube-Gesamtvideo vom Konklavebeginn: Einzug der Kardinäle, persönlicher Eid und "EXTRA OMNES" (deutscher Kommentar)



Beim Einzug in den Petersdom lächelt Kardinal Schönborn zur kath.net-Gruppe:


Auch Kardinal Marx geht nah vorbei


Foto: © kath.net/Monika Metternich



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