20. März 2013 in Aktuelles
Papst Franziskus mag liturgisch weniger genau sein als sein Vorgänger. In seiner Theologie und Moral ist er rechtgläubig. Ein Gastkommentar von Dwight Longenecker
Greenville (kath.net/jg)
Einige Gesten von Papst Franziskus haben Irritation und Kritik ausgelöst. Der amerikanische Priester P. Dwight Longenecker hat sich die Frage gestellt, ob der neue Papst liturgisch ein Liberaler ist und was man daraus schließen kann. Kath.net bringt seinen Blog-Eintrag in eigener Übersetzung im Wortlaut.
Ist Papst Franziskus ein liturgisch Liberaler?
Einige traditionalistische Katholiken haben mit Missfallen zum Ausdruck gebracht, Papst Franziskus sei liturgisch liberal. Anscheinend fürchten einige Extremisten, Papst Benedikts Förderung der lateinischen Messe und seine Renaissance alter priesterlicher Gewänder und päpstlicher Gepflogenheiten würde zugunsten von Messen zum Mitklatschen, Clowns, Luftballons und großer Marionetten aufgegeben werden.
Hier wäre es an der Zeit, kurz innezuhalten, tief durchzuatmen und die Prioritäten zu erkennen. Ich bin selbst auf der traditionalistischen Seite der liturgischen Auseinandersetzung. Ich lehne kraftlose, rührselige Kirchenlieder ebenso ab wie Messen, in denen sich der Priester wie der Moderator einer Fernsehshow benimmt, Messgewänder in geschmacklosen Leuchtfarben und die ganze modernistische, vereinfachte Liturgie. Ich bin ganz für den Geist der Liturgie (ein Buch Josef Ratzingers, Anm.), für Ehrfurcht und Schönheit in der Liturgie. Ich mag keine runden Kirchen, schlampigen Messdiener und Wohlfühlpredigten im Stil einer Grußkarte.
Dennoch, es gibt zulässige Varianten eine Messe zu feiern. Papst Franziskus mag in seinem Stil eher volkstümlich sein. Das heißt aber nicht, dass er die lateinische Messe verbieten wird. Er mag weniger formell und persönlicher sein, wenn er die Messe feiert. Das heißt nicht, dass er seine liturgische Polizei überall hinschickt, um die Spitzenrochetts und Birette in aller Welt zu konfiszieren. Nur weil er eine Kasel mit Weintrauben und Weizen trägt, heißt das nicht, dass er alle dazu verpflichten wird, jeden Sonntag Eagles Wings (ein in den USA beliebtes modernes Kirchenlied, Anm.) zu singen.
Hier sind zwei Dinge zu bedenken. Erstens sind in den USA (und in Europa, Anm.) liturgische Auseinandersetzungen Teil einer größeren kulturellen Kluft in der amerikanischen katholischen Kirche. Liberale Liturgie heißt sehr oft auch liberale Theologie. Oft sind Pfarren, die für alles offen sind, voller Taufscheinkatholiken und linker Ideologen, die Obama wählen, während in traditionalistischen Gemeinden Mitglieder der John Birch Society (konservative Organisation in den USA, Anm.) zu finden sind, die unter keinen Umständen auf ihr verfassungsmäßiges Recht auf Waffenbesitz verzichten wollen. (Ich übertreibe hier, um das Argument klarer zu machen). Unter diesen Umständen geht es in liturgischen Fragen nicht nur um die Liturgie...
In den Entwicklungsländern hingegen sind weniger formelle Gottesdienste ein allgemeines kulturelles Phänomen. Ein informeller Stil hat nicht unbedingt das Gleiche zu bedeuten wie bei uns. Wenn ein Priester, Bischof oder Papst, die Messe etwas weniger formell feiert, heißt das nicht, dass er ein liberaler Theologe ist oder Kompromisse in Glaubensfragen macht. Im Gegenteil, alles an Papst Franziskus deutet darauf hin, dass er nicht nur völlig rechtgläubig in Theologie und Morallehre ist, sondern dass er dafür auch zu leiden hatte.
Mich beeindruckt an Papst Franziskus, dass er die Messe ehrfürchtig und schön feiert. Die Schlichtheit seines Lebens und seine gelebte Armut können ein Hinweis darauf sein, dass er sich weniger um die feineren Dinge des katholischen Gottesdienstes sorgt. Das heißt nicht, dass er alles Schöne, Heilige und Ehrfürchtige mit Bann belegen wird. Gewissermaßen als Entschädigung für seinen informellen liturgischen Stil predigt er direkt und von Herzen.
Er ist nicht Papst Benedikt. Das ist in Ordnung. Wir dürfen darauf vertrauen, dass der selbe Heilige Geist, der die Kardinäle zur Wahl Joseph Ratzingers vor acht Jahren geführt hat, sie auch bei der Wahl Jorge Bergoglios geleitet hat.
Mit dem Fortschritt in der Kirche ist es wie beim Segeln. Wenn man segelt, hat man nicht immer Rückenwind, der es einem erlaubt, einfach geradeaus zu fahren. Wenn man gegen den Wind segelt, muss man aufkreuzen. Man segelt schräg zum Wind und kann das Ziel nicht direkt ansteuern. Dann wendet man und segelt in eine andere Richtung, dann wendet man erneut und wiederholt den Vorgang. Man fährt nie direkt auf das Ziel zu, aber man erreicht es, indem man einen Zick-Zack Kurs fährt.
So ist es oft im geistigen Leben und im Leben der Kirche. In einem bestimmten Bereich profitieren wir vom Charisma und den Gaben eines Papstes. Wir lernen von ihm und schätzen die Schwerpunkte, die er setzt. In einem anderen Gebiet profitieren wir vom Charisma und den Gaben eines anderen Papstes. Wir lernen von ihm und schätzen auch die Schwerpunkte, die er setzt. Auf diese Weise erfahren wir die Fülle der katholischen Kirche und die Weite und Tiefe der Gnade wird sichtbar.
Ich freue mich über unseren neuen heiligen Vater und wenn auch nicht alles was er macht genau nach meinem Geschmack ist na und? Ich möchte von ihm lernen, lernen wie ich ein besserer Katholik und ein besserer Priester sein kann. Vor allem hoffe ich, dass er uns die dringenden Nöte der Welt zeigt, und wie wichtig es ist, das Evangelium mit Wort und Tat zu verkünden.
Mein Fazit lautet also: Es geht nicht um gute Liturgie oder getreue Verkündigung des Evangeliums. Eine gute Liturgie ist ein wichtiger Teil der Verkündigung.
Wenn ich die Wahl zwischen zwei Päpsten hätte, von denen einer ein lebendiger und dynamischer Zeuge der Wahrheit und Schönheit des katholischen Glaubens ist, der aber Messen zum Mitklatschen feiert und einem liturgisch sauberen Papst, der ein griesgrämiger, selbstgerechter Heuchler ist, würde ich auf jeden Fall den ersten nehmen.
Dwight Longenecker ist katholischer Priester der Diözese Charleston, South Carolina.
Link zu seinem Blog und seiner Internetseite (englisch): dwightlongenecker.com
kathTube-VIDEO: EWTN-Film - Papst Franziskus und die Hl. Eucharistie
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