Körtner: 'Neue Atheisten' mit religiöser Inbrunst gegen Religion

6. April 2013 in Österreich


Evangelischer Theologe: Neuer Atheismus gefährdet Grundfreiheiten und beantwortet Frage nach Verhältnis von Religion und säkularem Staat zu simpel


Wien (kath.net/KAP) Selbst mit religiöser Inbrunst gegen Religionen vorzugehen und dabei die bewusste und gezielte Verletzung religiöser Gefühle als Mittel zur Gewinnung von Aufmerksamkeit zu gebrauchen, ist Kennzeichen eines "neuen Atheismus": Ein solcher bildete sich nach Einschätzung des evangelischen Theologen Ulrich Körtner als Reaktion auf die Terroranschläge am 11. September 2001 und damit auf die "hässliche Seite" einer "Wiederkehr der Religion". Darauf verwies der Vorstand des Instituts für Systematische Theologie und Religionswissenschaft an der Evangelisch-Theologischen Fakultät in Wien in einem Gastkommentar in der "Presse" (Donnerstag). Die Initiatoren des "Volksbegehrens gegen Kirchenprivilegien" seien dem neuen Atheismus und seiner Merkmale zuzuordnen.

Für Körtner geben die neuen Atheisten nicht nur "unterkomplexe Antworten" auf die entscheidende Frage in der Debatte über Religion im öffentlichen Raum, nämlich wie viel Religion die modernen Gesellschaften und säkularen Staaten vertragen würden. Sie seien in ihren Antworten auch "freiheitsgefährdend", weil sie mit der gezielten Parole "Kein Respekt für Religion" das Menschenrecht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit infrage stellen bzw. unterminieren würden, so der evangelische Theologe und Vorstand des Instituts für Ethik und Recht in der Medizin der Universität Wien.

Bewusste Respektlosigkeit vor Religion

Kennzeichen des neuen Atheismus sei nicht bloß, den Glauben an Gott für falsch zu erachten; neue Atheisten würden vielmehr ganz bewusst auch den Respekt vor Religionen und Glaubensgemeinschaften ablehnen und keine Rücksicht auf religiöse Gefühle nehmen, was an strategischen Gründen einer erstrebten Aufmerksamkeitssteigerung liege. Auffällig sei die "geradezu religiöse Inbrunst", mit der die neuen Atheisten gegen Religionen kämpfen würden, so Körtner, der zu diesen auch die "Atheistische Religionsgemeinschaft in Österreich" zählt. Diese wolle für sich selbst die gesetzliche Anerkennung als Religionsgemeinschaft erreichen, um "gegen die Privilegien staatlich anerkannter Religionsgemeinschaften zu Felde zu ziehen", so der Theologe wörtlich.

Die weltanschauliche Grundlage des neuen Atheismus sieht Körtner im Evolutionismus und Formen des Naturalismus als materialistische Spielarten; damit würde zwar Wissenschaftlichkeit beansprucht, in Wahrheit seien solche Weltanschauungen aber "pure Ideologie" ohne wissenschaftliche Fundierung, ohne Bewusstsein von den Voraussetzungen von Wissenschaftlichkeit selbst.

Der Vorsitzende des Freidenkerbundes Österreich, Gerhard Engelmayer, der das "Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien" unterstützt, meinte hingegen in seinem Gastkommentar in der "Presse" (Donnerstag), die gesetzliche Anerkennung von Religionsgemeinschaften durch den Staat sei ein "diskriminierendes System" gegenüber jenen, die "nicht an Übernatürliches glauben" und "ihr Leben mit Hausverstand bewältigen wollen". Die Förderung von Religionen sei "anachronistisch", ein Zeichen von "Irrationalität" und "statischem Denken". Denn Religionen würden "bis heute gegen Ungläubige hetzen" und stünden der Aufklärung entgegen. Weil er Religion mit Verklärung gleichsetzt, müsse diese strikt von Politik getrennt werden.

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