16. April 2013 in Aktuelles
Italien: Jenseits des Jubels an der Oberfläche: bedeutender und belegter Anstieg der Menschen, die sich wieder der Kirche und vor allem dem Sakrament der Versöhnung zuwenden. Von Armin Schwibach
Rom (kath.net/as) Dass Papst Franziskus die Menschen anzieht, ist kein Geheimnis. Zu jeder Generalaudienz und auch an einem ganz normalen Sonntag kommen so viele, wie in der Regel nicht einmal zu großen Heiligsprechungen vorstellig werden. So stellt sich die Frage: bleibt es bei der Begeisterung für einen Papst, der auf die Menschen zugeht, sie mit seinem mittlerweile zum Markenzeichen gewordenen Buon giorno e buon pranzo grüßt und unzählige Kinder küsst, die ihm der Chef der vatikanischen Gendarmerie Domenico Giani in seinem nunmehr neuen Job auf das Papamobil reicht?
Bleibt es beim Jubeln, bei der Teilnahme an einem Event und dessen Nachwehen, liegt alles nur auf der Oberfläche oder ist da etwas Tieferes? Hören die Menschen auch die Botschaft des Heiligen Vaters, wie zum Beispiel jene am vergangenen Sonntag in St. Paul vor den Mauern: verkünden, bezeugen, anbeten? Oder jene seiner ersten Messe mit den Kardinälen am 14. März in der Sixtinischen Kapelle: Wer nicht zum Herrn betet, betet zum Teufel. Wenn man Jesus Christus nicht bekennt, bekennt man die Weltlichkeit des Teufels, die Weltlichkeit des Bösen?
Die Frage ist berechtigt, umso mehr als Papst Franziskus etwas zuteil wird, das seinem Vorgänger Benedikt XVI. in den acht Jahren seines Pontifikats verweigert wurde: das positiv orientierte oder wenigstens neutrale Wohlwollen der Medien. Hatte Benedikt XVI. auch aus unvernünftigsten Gründen immer mit der veröffentlichten Meinung zu kämpfen, so scheint dies bis jetzt Franziskus erspart zu bleiben. Ob dieser Frühling andauern wird, bleibt zu bezweifeln. Dennoch: Franziskus erzeugt spontane Sympathie.
Aber nun: was machen die Leute, wenn sie nach dem Jubeln beim Regina Caeli oder nach dem emotionalen Beifall nach einer heiligen Messe wieder nach Hause gehen? Was passiert in den Häusern derer, die von der Neuheit des Papstes vom Ende der Welt beeindruckt sind? Nur "business as usual", mit beruhigten Bauchgefühlen? Anscheinend nicht.
Bereits während der Kartage und vor allem im Vorfeld des Sonntags der Göttlichen Barmherzigkeit machte in Italien die Nachricht die Runde: die Pfarrer verzeichnen geradezu einen Ansturm auf die Beichtstühle. Im Vergleich zu vergangenen Jahren sei ein spürbarer Anstieg der Zahl der Beichtenden zu verzeichnen gewesen. Und: vor allem habe es sich auch um Leute gehandelt, die dem Sakrament der Versöhnung teilweise seit Jahren ferngeblieben waren.
Um das rein Anekdotische dieser Meldungen zu überwinden und einmal nachzuschauen, ob diesem wahrgenommenen Anstieg eine verallgemeinerbare Wirklichkeit entspricht, organisierte das Turiner Forschungsinstitut für neue Religionen CESNUR unter der Leitung des Soziologen Massimo Introvigne eine Umfrage nach wissenschaftlichen Kriterien. Die Studie wurde am 15. April vorgestellt. Es war über die sozialen Netzwerke Facebook und Twitter ein Fragebogen an Gruppen verteilt worden, die in der Regel besonders von Katholiken frequentiert werden.
Unter der Voraussetzung, dass jede Methode der statistischen Erhebung Vorteile und Grenzen beinhaltet und dass die an die ersten Monate gebundenen Auswirkungen des neuen Pontifikats aus einer zeitlichen Distanz heraus verifiziert werden müssen, konnte Introvigne feststellen: 53 Prozent von rund 200 befragten Priestern und Ordensleuten konnten in ihrer Gemeinde einen Anstieg der Zahl der Menschen feststellen, die zur Kirche zurückkommen und zur Beichte gehen. Diese Menschen zitierten ausdrücklich die entsprechenden Aufrufe von Papst Franziskus als Grund für ihre neue Annäherung an die religiöse Praxis.
Bei 43,8 Prozent der Fälle wird dieser Anstieg als erheblich bezeichnet und überschreitet 25 Prozent. Der größere Anstieg ist gegenüber den Diözesanpriestern mit 50 Prozent bei Ordensleuten zu verzeichnen (66,7 Prozent). Bei 64,2 Prozent der Befragten betrifft der Anstieg der Zahl vor allem die Beichte.
Die Erhebung sei auch bei über 500 katholischen Laien durchgeführt worden, so Introvigne. Diese bemerkten den Bergoglio-Effekt weniger als die Priester und Ordensleute. Dennoch hätten 41,8 Prozent der Laien den Effekt verspürt, was bedeute, dass er auf dem Tisch liegt.
Für Introvigne ist das Ergebnis der Untersuchung des Bergoglio-Effekts, der von mehr als der Hälfe der Befragten wahrgenommen wird, von großer Bedeutung: Versuchten wir, die Daten auf nationaler Ebene unter Einbeziehung der Hälfte der Pfarreien und Gemeinden numerisch umzusetzen, so müssten wir von Hunderttausenden von Menschen sprechen, die sich wieder der Kirche annähern und die Einladungen von Papst Franziskus annehmen.
Introvigne betonte, dass der Bergoglio-Effekt natürlich auch ein Ratzinger-Effekt sei: Viele erklären spontan, auch vom Amtsverzicht Benedikts XVI. bewegt und erschüttert gewesen zu sein. Und der Effekt muss in der Zeit geprüft werden. Bis jetzt können wir aber sagen, dass es sich nicht um Eindrücke oder Anekdoten, sondern um reale Zahlen handelt.
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