Evangelischer Christ kritisiert: Die Inflation der «Päpste»

21. April 2013 in Deutschland


Evangelischer Pfarrer sorgt sich um katholischen Kernbegriff und wendet sich deshalb an die Glaubenskongregation, die Nachfolgebehörde der heiligen Inquisition. Von Christian Wölfel (KNA)


Bamberg (kath.net/KNA) Der «Tiefkühltorten-Papst» war Hartmut Preß dann doch zu viel. «Liegt hier ein Missbrauch des Papsttitels vor?», steht über einem offenen Brief an den Präfekten der römischen Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller. Vor einer Woche hat Preß ihn abgeschickt, mit jeder Menge weiterer Beispiele für den inflationären Gebrauch des katholischen Kernbegriffs: «Literatur-Papst, Filmkritiker-Papst, Musical-Papst, Wein-Papst, Finanzpapst». Das Besondere dabei: Mit Preß wendet sich ein evangelischer Pfarrer in Rente an die Nachfolgebehörde der heiligen Inquisition.

Klar könne man den mit Schreibmaschine verfassten Brief unter kabarettistischen Gesichtspunkten lesen, räumt Preß auf Anfrage ein. Vor allem dann, wenn der Protestant anregt, ob es nicht sinnvoll wäre, den Begriff «Papst» notfalls juristisch schützen zu lassen - «als Alleinstellungsmerkmal der römisch-katholischen Kirche». Auch sei dahingestellt, ob er mit seiner Entscheidung für die Form des offenen Briefes ernsthaft auf eine Antwort aus Rom hoffen darf.

Zugleich hält es Preß nicht für gänzlich ausgeschlossen, dass sich Erzbischof Müller zur Flut der Neben-Päpste einmal äußern könnte. Immerhin seien zu manchen Strömungen des Zeitgeistes «auch von Ihrer Seite sehr pointierte und streitbare Äußerungen zu hören», wie der Pfarrer schreibt. Der Präfekt könnte aber auch Milde walten lassen und offiziell bestätigen, dass der Papst-Begriff als solcher nicht zu den ernsten Glaubensdingen zähle, mit denen nicht zu spaßen sei. Dies wäre dann für Preß und «nicht nur für mich ein Zeichen kirchlichen Humors, der weise lächelnd über floppige Wortschöpfungen hinwegsieht».

Der 73-jährige Pfarrer sieht sich nicht nur als Sprachpfleger, sondern ist auch selbst begeisterter Autor. Mittlerweile fünf Bände hat er mit Kindersprüchen über Gott und die Welt herausgebracht. Jüngst übersetzte er das Lukas-Evangelium ins Fränkische. Hinter seinem Brief steckt mehr als nur eine gewisse Sorge um den Umgang mit Worten. Zwar habe es durchaus eine tiefere Bedeutung, wenn sich mancher «Kritiker-Papst» dann mit einer Unfehlbarkeits-Aura umgebe. Doch sei bei Alfons Schuhbeck der Begriff «bayerischer Küchen-Papst» noch angebracht?

Im alltäglichen und medialen Sprachgebrauch würden weiterhin religiöse Begriffe häufig übernommen, der eigentliche Inhalt aber bleibe auf der Strecke, bedauert Preß. Als Beispiel verweist er auf die Sportberichterstattung: «Borussia war tot und ist in der dritten Minute der Nachspielzeit auferstanden.»

Der Pfarrer findet zwar, dass man bei solchen Wendungen «nicht päpstlicher als der Papst» sein solle, aber es gebe eben auch Grenzen: Wenn etwa ein Fernsehkoch eine Suppe zusammengerührt habe und der Moderator sage: «Es ist vollbracht.» Das kann Preß «nicht hören, weil ich dann an Jesus am Kreuz denke.»

Beim Bemühen um mehr sprachliche Sorgfalt sieht der Protestant auch die Prediger in der Pflicht. Sie müssten den religiösen Gehalt zentraler Begriffe wieder deutlicher machen. Dabei könnten sie ihrerseits Anleihen machen, etwa beim Sport. So sieht Preß Anknüpfungspunkte, wenn von der «Erlösung» durch ein spätes Tor gesprochen werde. Zugleich hätten die Verkündiger des Evangeliums ihre Worte zu wägen. Am Totensonntag etwa habe er in der Kirche gehört: «Alles hat ein Ende». Preß war gedanklich sofort bei der im Lied besungenen Wurst und weg von der Predigt.

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