Kirchentag: Bundespräsident Gauck äußert sich kritisch zur Abtreibung

3. Mai 2013 in Deutschland


Gauck: Manche Menschen machten sich die Frage danach, ob ein Kind geboren werden solle oder nicht, „einen Tick zu leicht“ – Gauck traf im Gespräch auf den querschnittsgelähmten Samuel Koch („Wetten, dass…?“)


Hamburg (kath.net/idea) Bundespräsident Joachim Gauck hat sich kritisch zur Abtreibungspraxis in Deutschland geäußert. Manche Menschen machten sich die Frage danach, ob ein Kind geboren werden solle oder nicht, „einen Tick zu leicht“. Dazu trage eine in Teilen der Gesellschaft verbreitete Auffassung bei, die „nichts abverlange“ und von einem lockeren Leben und einer Vermeidung von Risiken geprägt sei. „Wir haben abgetrieben, wenn es überhaupt keinen Grund gab abzutreiben“, sagte Gauck am 2. Mai auf einer Veranstaltung des Deutschen Evangelischen Kirchentages in Hamburg. Er unterstrich: „Leben hat ein Recht auf Dasein, und zwar von Anfang an.“

Das Staatsoberhaupt würdigte ferner den Beitrag der Behinderten für die Gesellschaft. Sie seien „Vorbilder in Lebensfreude und Lebensbejahung, und genau das braucht unser Land“. In schwierigen Lebenssituationen könne die Gesellschaft von ihnen lernen, sich nicht hängenzulassen. Schwere Lebensumstände könnten die Bedeutung eines Menschen für die Gesellschaft steigern. Mit Blick auf den 2010 in der ZDF-Sendung „Wetten, dass..?“ verunglückten und seitdem vom Hals ab querschnittgelähmten Samuel Koch – er nahm ebenfalls an der Veranstaltung teil – sagte Gauck: Er wisse nicht, ob der Sportler und Schauspielstudent für ihn vor dem tragischen Ereignis ein interessanter Gesprächspartner gewesen wäre: „Jetzt – in dieser seiner Verfasstheit – ist er für viele Menschen hier im Raum unglaublich wichtig.“

Glaube als „lebenserhaltende Maßnahme“

Koch berichtete, dass er sich nach dem Unfall trotz aller Unterstützung durch seine Familie, Freunde und Pfleger manchmal mit seinen Fragen allein gefühlt habe: „Für mich war der Glaube eine lebenserhaltende Maßnahme nach meinem Unfall.“ Menschen in seiner Situation könnten auf ihre Situation mit Rückzug oder Tyrannei gegenüber den Pflegenden reagieren. Wichtig sei es aber, sich zu überwinden und die eigene „Komfortzone“ zu verlassen. Das werde manchmal durch die Reaktionen von Menschen aus dem Umfeld erschwert, die „von einer körperlichen Behinderung auf eine geistige Rückschlüsse“ zögen.

Inklusion als Wahlmöglichkeit

Kontroverse Meinungen wurden auf der Veranstaltung zur Inklusion vertreten. Der siebenfache Paralympics-Teilnehmer und Bonner Pfarrer Rainer Schmidt sprach sich für das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne Behinderung in Schulen aus. Dies ermögliche gemeinsame Erfolgs- und Bildungserlebnisse. Zugleich sollten die Schulen jedoch differenzierte Abschlüsse anbieten. Die Kölner Sozialpädagogin Monika Labruier forderte dagegen neben Inklusionsangeboten auch Rückzugsräume für Menschen mit Behinderungen: „Wenn wir es schaffen, inklusive Wahlmöglichkeiten zu schaffen, dann sind wir richtig.“


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