26. Mai 2013 in Deutschland
Das Landgericht Osnabrück sieht sich derzeit in einem Präzedenzfall mit der Frage konfrontiert, ob ein Verfahren vor einem Kirchengericht rechtlich genauso zu bewerten ist wie vor einem weltlichen Gericht.
Osnabrück (kath.net/KNA) Das Landgericht Osnabrück sieht sich derzeit mit der Frage konfrontiert, ob ein Verfahren vor einem Kirchengericht rechtlich genauso zu bewerten ist wie vor einem weltlichen Gericht. Hintergrund ist eine Unterlassungserklärung, gegen die der Beklagte unter anderem mit einer Aussage vor dem Bischöflichen Offizialat Osnabrück, dem kirchlichen Gericht des Bistums, verstoßen haben soll, wie die «Neue Osnabrücker Zeitung» (Samstag) berichtet.
In einem Vergleich vor dem Amtsgericht Bad Iburg hatte sich der geschiedene Mann aus dem Südkreis Osnabrück verpflichtet, gegenüber Dritten keine Aussagen mehr über einen angeblich unmoralischen Lebenswandel seiner Ex-Frau zu machen. Nun fordert die Frau von ihrem ehemaligen Partner 10.000 Euro Vertragsstrafe, da er die Vorwürfe in einem Ehenichtigkeitsverfahren vor dem Offizialat in Osnabrück wiederholt habe. Die Institution entscheidet meist über die Frage, ob das Sakrament der Ehe kirchenrechtlich gültig zustande gekommen ist oder nicht. Der Mann berief sich auf die Religionsfreiheit; daher habe er auch nach dem Vergleich die Äußerungen vor dem kirchlichen Gericht machen dürfen.
Nach der Verhandlung am Freitag sagte die Richterin am Landgericht gegenüber der Zeitung, sie habe keinen Präzedenzfall zu dem Sachverhalt gefunden. Sie vertrete den Standpunkt, ein Verfahren vor einem kirchlichen Gericht sei mit einem behördlichen Verfahren vergleichbar. Allerdings habe sich das «Blatt gewendet», nachdem sie erfahren habe, dass der Mann nach dem Scheitern des Ehenichtigkeitsverfahrens persönliche Beschwerde beim Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode eingelegt habe.
Der Rechtsanwalt des Mannes erklärte dazu, sein Mandant habe den Bischof als Beschwerdeinstanz angesehen, da er der Vorgesetzte des Offizialats sei. Nach katholischem Kirchenrecht ist der Bischof der oberste Richter im Bistum; allerdings ist er verpflichtet, zur Ausübung der richterlichen Gewalt einen Offizial als Stellvertreter zu benennen. Weiter erklärte der Anwalt, seinem Mandanten sei es darum gegangen, «sich gewissensmäßig von seiner Last zu befreien».
Weil der letzte Schriftsatz kurzfristig kam, vertagte die Richterin die nächste Verhandlung und Urteilsverkündung auf den 28. Juni. Es handele sich um eine «schwierige Rechtsfrage», sagte die Juristin. Es sei gut möglich, dass das Oberlandesgericht den Fall anders sehe. «Das hat viel mit Glauben zu tun», so die Richterin.
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