27. Mai 2013 in Kommentar
Der Gesetzesentwurf zum Adoptionsrecht geht über die Vorgaben des EGMR weit hinaus. Doch dem Kindeswohl dient er nicht - Ein Gastkommentar von Jakob Cornides
Wien (kath.net)
Was für ein merkwürdiges zeitliches Aufeinandertreffen: während in Frankreich die Volksmassen (am 13. Jänner waren es in Paris 800.000, am 24. März 1.4 Millionen, und am 26. Mai dürfte eine ähnliche Teilnehmerzahl erreicht werden!) gegen die von der sozialistischen Regierung als gesellschaftspolitisches Prestigeobjekt betriebene Einführung der Homo-Ehe demonstrieren, legt in Österreich nahezu unbemerkt von der breiteren Öffentlichkeit die (einer angeblich christdemokratischen Partei angehörende) Justizministerin Beatrix Karl (siehe Foto!) einen Gesetzesentwurf mit einer ganz ähnlichen Stoßrichtung vor, der homosexuellen Paaren die Adoption von Kindern ermöglichen soll. Dass es sich dabei vorerst nur um die sogenannte "Stiefkindadoption", also um die Adoption des leiblichen Kindes eines (gleichgeschlechtlichen) Lebenspartners, ist reine Augenwischerei: es ist jedem klar, dass dies nur eine Zwischenetappe auf dem Weg zu einem vollen Adoptionsrecht für Homosexuelle ist.
Eine breite politische Debatte zu diesen grandiosen "Reformen" (die man vielleicht eher als "Deformationen" der Rechtsordnung bezeichnen müsste) hat weder in Frankreich noch in Österreich stattgefunden. In Frankreich setzt Präsident Hollande auf eine Strategie der systematischen Dialogverweigerung: er bunkert sich im Elysée wie in einer Wagenburg ein, drückt sein Projekt mit einer knappen parlamentarischen Mehrheit durch, diffamiert die Gegner des Vorhabens (laut Umfragen mindestens die Hälfte der Bevölkerung) als "homophobe Randgruppe" und lässt die Polizei mit Schlagstöcken und Tränengas gegen sie vorgehen: der regierungsamtlich verordnete Schwulismus nimmt hier zunehmend den Charakter einer totalitären und gewalttätigen Ideologie an.
In Österreich geht es vorerst noch ohne Schlagstöcke und Tränengas, aber eine Debatte scheint auch hier nicht erwünscht. Die Homo-Adoption wird nämlich "auf Befehl von oben" eingeführt: der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat vor einigen Wochen ein Urteil in der Rechtssache X. u. a. gegen Österreich (Beschw. Nr. 19010/07) erlassen, demzufolge es eine menschenrechtswidrige Diskriminierung darstellt, dass in Österreich nichtehelichen (heterosexuellen) Lebensgefährten die Möglichkeit einer Stiefkindadoption offensteht, homosexuellen Paaren hingegen nicht. Wenn vom menschenrechtlichen Olymp solch tiefschürfende Einsichten herabgereicht werden, dann hat offenbar jede Kritik und jede Nachfrage zu unterbleiben, da diese sich ja (horribile dictu!) gegen "die Menschenrechte" richten würden. Das Gesetz muss schleunigst geändert werden, damit es zu keinen weiteren Verurteilungen Österreichs kommt - Schluss, aus, basta.
Auf die Gefahr hin, mich fürchterlich unbeliebt zu machen, möchte ich hier in Erinnerung bringen, dass Österreich (zumindest seinem Anspruch nach) ein souveräner und demokratischer Staat ist. Es wäre daher vielleicht nicht zu viel verlangt, Gesetze (zumal solche von erheblicher gesellschaftspolitischer Tragweite) nicht auf Zuruf von außen zu erlassen, sondern erst nach einer offenen und ernsthaften Debatte und aufgrund einer seriösen Folgenabschätzung.
Wer sich die Mühe macht, die Entscheidung des EGMR selbst durchzulesen, der wird schnell feststellen, dass es sich dabei um einen hanebüchenen Unsinn handelt. Das Institut einer speziellen Stiefkindadoption gibt es in Österreich bisher gar nicht wie kann dann im Hinblick auf sie jemand diskriminiert worden sein? Es gibt nur die Adoption durch ein Ehepaar oder durch Einzelpersonen. Stein des Anstoßes war für den EGMR einzig die Bestimmung in § 197 (vormals § 182) ABGB, wonach bei einer Adoption die Stelle des biologischen Vaters nur von einem Mann, und die Stelle der Mutter nur von einer Frau eingenommen werden kann. Dies hat im Anlassfall die Beschwerdeführerin daran gehindert, das Kind ihrer lesbischen Partnerin zu adoptieren um gemeinsam mit dieser die Elternschaft für dieses Kind zu übernehmen. Doch eine Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung konnte hier schon deswegen nicht vorliegen, weil § 197 ABGB auf das Kriterium der sexuellen Orientierung weder direkt noch indirekt Bezug nimmt. Das entscheidende Kriterium ist vielmehr das Geschlecht des Adoptionswilligen - doch auch im Hinblick auf dieses Kriterium kann keine Diskriminierung vorliegen, weil Männer und Frauen exakt gleich behandelt werden. Mit anderen Worten: die Entscheidung des EGMR ist ein offenkundiger (ideologisch motivierter?) Riesenblödsinn, den man beim besten Willen nicht ernstnehmen kann.
Aber selbst wenn man dem EGMR in seiner kruden Argumentation folgte, so wäre damit noch keineswegs gesagt, dass sein Urteil in genau jener Weise umgesetzt werden müsste, wie es das Justizministerium nunmehr vorschlägt. Der EGMR selbst hat ja ausdrücklich eingeräumt, dass die EMRK Staaten nicht verpflichtet, unverheirateten Paaren ein Recht auf Stiefkindadoption einzuräumen. Wesentlich naheliegender wäre es daher, nur Ehepaaren die Möglichkeit der Adoption von minderjährigen Kindern einzuräumen. Die "Stiefkindadoption" könnte dann, wie es ihrem Namen entspricht, auch nur innerhalb der Ehe erfolgen. Dies entspräche der Rechtslage in 37 der 47 Konventionsstaaten, also der europäischen Normalität.
Gemäß Art. 21 der UN Kinderrechtskonvention haben die staatlichen Gesetzgeber dafür zu sorgen, dass das Wohl der davon betroffenen Kinder das vorrangige Ziel einer Adoption sein soll. Ein Gesetz, das bestimmten Personengruppen ein subjektives Recht auf Adoption einräumt, scheint mit dieser Vorgabe schlechthin unvereinbar zu sein. Es ist bizarr, aber für den Geist dieser "Reform" durchaus bezeichnend, dass der vom Justizministerium vorgelegte Gesetzesvorschlag das Kindeswohl mit keinem einzigen Wort erwähnt: weder wird es im Vorblatt als Regelungsziel genannt, noch ist aus dem Text ersichtlich, inwiefern die Adoption durch ein Homo-Paar dem Wohl eines davon betroffenen Kindes dienen könnte. Das Gesetz scheint nur im Interesse der beteiligten Erwachsenen zu liegen; das Kind wird hingegen zur bloßen Verfügungsmasse.
Im Verfahren vor dem EGMR wurde von den Beschwerdeführern argumentiert, dass homosexuelle Paare als Eltern genauso geeignet seien wie heterosexuelle Paare. Belegt haben sie diesen (von ihnen so bezeichneten) "wissenschaftlichen Konsens" vor allem mit einer "Studie", die sich freilich bei näherem Hinsehen als eine bloße Meinungsumfrage unter homosexuellen Paaren herausstellt: im Ergebnis wird dadurch also nur ausgesagt, dass die Probanden eine gute Meinung von sich selbst haben. Ach so. Dann ist ja alles in Ordnung
Es ist freilich keineswegs so, dass es keine ernsthaften wissenschaftlichen Studien zu diesem Thema gäbe. Insbesondere ist hier auf eine 2012 vom amerikanischen Soziologen Mark Regnerus veröffentlichte Untersuchung hinzuweisen, die als die bisher umfangreichste und qualitativ beste Arbeit zu dieser Frage anzusehen ist und zu dem Ergebnis kommt, dass das Aufwachsen bei homosexuellen oder lesbischen Eltern für die betroffenen Kindern zu signifikant nachteiligen Ergebnissen (im Hinblick auf Bildungs- und Berufserfolg, Gesundheit, Delinquenz, Drogenmissbrauch, Suizidgefährdung, etc.) führt. Es wurde auch festgestellt, dass die betroffenen Kinder ein erheblich höheres Risiko aufweisen, zu Opfern von sexuellem Missbrauch zu werden. Wohlgemerkt handelt es sich hier nicht um eine Meinungsumfrage unter homosexuellen Eltern (die ja wohl kaum zu solch unerwünschten Ergebnissen geführt hätte), sondern um die Untersuchung der tatsächlichen Lebensumstände der betroffenen Personen.
Dem EGMR wurde im Verfahren auch diese Studie vorgelegt, doch hat er sie in seiner Entscheidung mit keinem Wort erwähnt. Warum? Könnte es sein, dass die schwulistische Theorie die Konfrontation mit Tatsachen nicht aushält?
Nicht alles, was vorgeblich "im Namen der Menschenrechte" geschieht, ist tatsächlich dem Wohl des Menschen dienlich. Es ist höchste Zeit, ein bisschen genauer hinzusehen. Wie sich im Anlassfall einmal mehr gezeigt hat, hat der EGMR seine Glaubwürdigkeit sowohl als juristische wie auch als moralische Instanz längst verspielt wieso also diese Eilfertigkeit, bloß wegen eines offenkundig verfehlten Urteils dieses Gerichtshofs das Wohl vieler Waisen und Halbwaisen aufs Spiel zu setzen?
Unsere Kinder haben Besseres verdient als diesen schludrigen und unüberlegten Gesetzesentwurf.
Kontakte:
ÖVP-Chef Dr. Michael Spindelegger
E-mail [email protected]
Dr. Karlheinz Kopf, ÖVP-Klub-Obmann: E-mail [email protected]
Justizministerin Beatrix Karl
Foto: (c) Justizministerium
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