22. Juni 2013 in Österreich
Kardinal Schönborn vor Presse: "Zukunftsforum" wird ab 2014 das zentrale Anliegen des Papstes aufgreifen, Franziskus trete "gegen ein weichgespültes Wellness-Christentum" und eine sich selbst genügende, narzisstische und verweltlichte Kirche auf
Wien (kath.net/KAP) Keine "innerkirchliche Nabelschau" sondern einen konstruktiven Beitrag für die Gesellschaft wollen die österreichischen Bischöfe mit dem von ihnen beschlossenen "Zukunftsforum" leisten. Das hat Kardinal Christoph Schönborn am Freitag in Wien bei der Pressekonferenz zum Abschluss der Sommervollversammlung der Bischofskonferenz betont. Mit dem "Zukunftsforum", zu dem die Bischöfe ab 2014 einladen, werde das zentrale Anliegen von Papst Franziskus aufgegriffen: Dieser trete "gegen ein weichgespültes Wellness-Christentum" und eine sich selbst genügende, narzisstische und verweltlichte Kirche auf.
Die Verkündigung von Gottes Wort sei oberste Pflicht der Kirche. Diese müsse "hinausgehen in die säkulare Gesellschaft um das Evangelium zu bezeugen und die Lebenswelten der Menschen zu inspirieren". Dabei gelte es, "an die geografischen Ränder wie auch an die Grenzen der menschlichen Existenz" zu gehen.
Diese Grundhaltung des Papstes sei für die Reform der Kirche, jedoch auch für ihren Kurs in Österreich maßgeblich. Mit dem "Zukunftsforum" wolle die Kirche "in einen strukturierten Gesprächsprozess zu den Themen und Herausforderungen der Zeit eintreten". Vier große Themen sollen im Rahmen des "Zukunftsforums" behandelt werden, führte Kardinal Schönborn weiter aus: "Familie und Beziehung", "Bildung und Arbeit", "Kirche und Gesellschaft in Österreich" sowie "Gerechtigkeit und Ökologie weltweit".
Angesichts großer Umbrüche in der Gesellschaft solle das Gespräch mit Betroffenen, Experten, Andersdenkenden und jenen, die dem christlichen Glauben und der Kirche auch kritisch gegenüberstehen, bewusst gesucht werden. Die Einladungen zur Diskussion würden innerkirchlich wie außerhalb breit ergehen, legte sich Schönborn fest. Die sogenannten "heißen Eisen" wie Zölibat oder Wiederverheiratete Geschiedene würden nicht von vornherein ausgeschlossen, aber in einen weiteren Kontext gestellt.
Kirche als auch säkulare Gesellschaft könnten von diesem Gesprächsprozess profitieren, zeigte sich Schönborn überzeugt. Die Kirche müsse lernen, sich gut argumentierend in der säkularen Welt zu artikulieren. Zugleich "tut es auch der säkularen Gesellschaft gut, sich nicht gegen christliche Argumente zu verschließen", so Schönborn wörtlich unter Verweis auf den deutschen Philosophen Jürgen Habermas. Er ging als Beispiel auf die Ehe ein. Die Kirche habe der Gesellschaft mit dem Ideal der ehelichen Treue viel zu bieten, zugleich würden aber auch in vielen Patchworkfamilien hohe Werte gelebt.
Dialog braucht Meinungsfreiheit
Kritik übte der Wiener Erzbischof in diesem Zusammenhang an Äußerungen einer heimischen Ministerin. Diese hatte Anfang Juni bei der Präsentation eines Gesetzesentwurfs zur Stiefkindadoption für homosexuelle Paare in einer Presseaussendung wörtlich erklärt: "Die Wortmeldungen aus Kirchenkreisen sind in diesem Zusammenhang inakzeptabel und entbehrlich."
"So kann kein Dialog geschehen", so Schönborn, der das "Recht auf Meinungsfreiheit" mit Blick auf eine funktionierende Demokratie im pluralen Kontext betonte. Zugleich müssten freilich auch Katholiken akzeptieren, "dass viele Menschen die Positionen der Katholischen Kirche nicht teilen. Diesen Andersdenkenden gelte es mit Respekt zu begegnen.
Volksbegehren war Votum für die Kirche
Kardinal Schönborn unterstrich weiters das viele Gute, "das in unserer Kirche in Österreich für die ganze säkular verfasste Gesellschaft geschieht". Verständlich sei daher auch das überraschend deutliche Ergebnis des "Volksbegehrens gegen Kirchenprivilegien", das letztlich "ein deutliches Votum für die Kirche und ihren Beitrag für das Zusammenleben, für Soziales, Bildung und Kultur" sei. Schönborn: "Die säkular und freiheitlich geprägte Gesellschaft steht gerade nicht im Widerspruch zu einem authentisch gelebten Christentum und seinem Dienst an den Menschen."
Für die inhaltliche Begleitung des "Zukunftsforums" sind seitens der Bischofskonferenz Kardinal Christoph Schönborn und Bischof Alois Schwarz zuständig. Die Moderation des Vorgangs liegt bei der Katholischen Aktion Österreich.
"Besserung der kirchlichen Großwetterlage"
Mit Papst Franziskus seien "deutliche Zeichen der Hoffnung und der Erneuerung" spürbar, sagte Kardinal Schönborn bei der Pressekonferenz weiter. Auch in Österreich spüre man die "Besserung der kirchlichen Großwetterlage".
Papst Franziskus sei ein "einzigartiges Geschenk für die Kirche und die Welt" und schließe zugleich bei seinem Vorgänger Benedikt XVI. an - "in seiner Bescheidenheit und der Hinführung auf das Wesentliche und die Freude unseres Glaubens, der Begegnung mit Jesus Christus", so Schönborn. "Unübersehbar" seien zugleich neue Akzente wie die Betonung der Armen, der Barmherzigkeit und der Pflicht aller Christen, hinauszugehen und die frohe Botschaft weiterzugeben.
Der Papst "berührt und öffnet die Menschen" durch sein einfaches Leben, offenes Zugehen auf sie und eine unbekümmerte, humorvolle Vermittlung des Glaubens, beobachtete der Kardinal: "Hier ist ein Mensch, der ganz aus der Radikalität des Evangeliums lebt und dabei die Leichtigkeit und Fröhlichkeit einer wahrhaft christlichen Existenz verkörpert." "Zu Recht" sähen viele darin eine Absage an kirchliches Machtdenken oder an übertriebene Ästhetisierung der Rituale.
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