Auf CD: Der letzte Überlebende des Priesterblocks im KZ Dachau erzählt

11. Juli 2013 in Chronik


Im Gespräch mit Michael Ragg erzählt der Päpstliche Ehrenprälat Hermann Scheipers, von seinem leidvollen Widerstand gegen den Nationalsozialismus und später, als Priester im Bistum Dresden-Meißen, gegen das DDR-Regime


München (kath.net/KIN) Zum 100. Geburtstag des letzten Überlebenden aus dem Priesterblock des KZ Dachau, Hermann Scheipers, gibt das katholische Hilfswerk „Kirche in Not“ unentgeltlich eine Interview-CD mit dem heute im Münsterland lebenden Priester heraus. Der am 24. Juli 1913 geborene Scheipers war 1941 von den Nazis ins Konzentrationslager Dachau geschickt worden und entkam dort mehrmals nur knapp dem Tod. 1944 gelang ihm auf dem sogenannten „Todesmarsch“ der Dachauer KZ-Häftlinge in der Nähe von Starnberg die Flucht.

Im Gespräch mit Michael Ragg erzählt Scheipers, der vom Vatikan mit dem Titel „Päpstlicher Ehrenprälat“ ausgezeichnet wurde, von seinem leidvollen Widerstand gegen den Nationalsozialismus und später, als Priester im Bistum Dresden-Meißen, gegen das DDR-Regime.

Auf die Frage, ob die Kirche in Deutschland während der Nazi-Zeit zu wenig Stellung bezogen habe, antwortet Scheipers: „Niemand in Deutschland, in diesem Land der Dichter und Denker, hat den Nationalsozialismus derart mit allen Mitteln bekämpft wie die katholische Kirche.“ Die oft kritisierte Zögerlichkeit mancher Bischöfe erkläre er sich damit, dass eine gewisse Ratlosigkeit im Klerus geherrscht habe, wie mit den Nazis umgegangen werden sollte. „Eine solche Diktatur hatte es vorher noch nie gegeben“, erklärte Scheipers. „Nie zuvor war Deutschland von Verbrechern regiert worden.“ Daher hätten sich die Bischöfe aufgeteilt in jene, die die Nazis öffentlich angriffen, wie zum Beispiel „der Löwe von Münster“, Clemens August Kardinal Graf von Galen, oder der Rottenburg-Stuttgarter Bischof Joannes Baptista Sproll, und in jene, die lediglich „auf dem Dienstweg“ ihr Glück versuchten wie Adolf Kardinal Bertram von Breslau.

Scheipers wehrt sich im Interview gegen das Klischee, die „Trennlinie zwischen Gut und Böse“ sei nur zwischen den Wachen der SS und den Gefangenen verlaufen. „Obwohl die Mehrzahl Sadisten und Schläger waren, gab es auch gute Menschen in der SS, die vielleicht durch Zwang rekrutiert worden waren und uns nicht gequält haben“, erzählt Scheipers. Erschreckend sei für ihn gewesen, dass sogenannte „Funktionshäftlinge“, wie zum Beispiel „Stubenälteste“ oder „Vorarbeiter“, ihre Mithäftlinge misshandelt haben. „Diese ‚Funktionshäftlinge‘ sind für die meisten umgekommenen Priester in Dachau verantwortlich“, sagt Scheipers. „Vor allem die Kommunisten unter den Häftlingen hatten ihre Freude daran, auf einen ‚Pfaffen‘ loszuschlagen“, erinnert er sich. Insgesamt seien in Dachau 2720 Geistliche inhaftiert gewesen. Davon seien 1034 umgekommen, 136 von ihnen wurden in die Tötungsanstalt Hartheim nahe Linz transportiert und dort vergast.

Scheipers selbst ist nach eigener Aussage diesem Schicksal nur knapp entronnen. „Eines Morgens war ich beim Appell um 5 Uhr früh zusammengebrochen und vom Arzt als ‚nicht arbeitsfähig‘ eingestuft worden“, erzählt er. „Das brachte mich in den sogenannten ‚Invalidenblock‘ und auf die Liste der Todeskandidaten.“ Durch eine verschlüsselte Nachricht sei es ihm aber gelungen, seine Schwester über seine verzweifelte Lage zu informieren. Diese habe dann nachdrücklich beim Reichssicherheitshauptamt in Berlin vorgesprochen. „Meine Schwester behauptete dort gegenüber Himmlers Beamten, dass im Münsterland erzählt werde, in Deutschland würden Priester vergast. Das hat die Nazis alarmiert“, berichtet Scheipers. „Denn diese geheime Mordaktion sollte geheim bleiben, und so wurde befohlen, alle Geistlichen aus dem ‚Invalidenblock‘ zu entlassen.“ Damit habe seine Schwester nicht nur ihm, sondern vielen weiteren Geistlichen das Leben gerettet.

Die Interviewsendung „Der Priesterblock im KZ Dachau“ mit dem Päpstlichen Ehrenprälaten Hermann Scheipers kann unentgeltlich auf Audio-CD bei „Kirche in Not“ in München bestellt werden.

Online unter: www.kirche-in-not.de/shop

Oder bei:

Kirche in Not
Lorenzonistr. 62
81545 München
Telefon: 089 / 64 24 888 0
E-Mail: [email protected]

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Foto Prälat Herman Scheipers: © Bistum Dresden-Meißen


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