22. Juli 2013 in Deutschland
Der bayerische Theologe Alfred Läpple starb im Alter von 98 Jahren. Von Barbara Just (KNA)
Gilching (kath.net/KNA) Wer Alfred Läpple in den vergangenen Jahrzehnten traf, hätte stets meinen können, der Mann sei in einen Jungbrunnen gefallen. Richtig alt wirkte der bayerische Theologe und Religionspädagoge mit den weißen Haaren und wachen Augen nie. Als der Geistliche 2010 seinen 95. Geburtstag feierte, lud er seine Gäste sogar noch auf eine Nostalgie-Dampferfahrt ein. Den Führerschein hatte er da erst vor kurzem aus Sicherheitsgründen abgegeben. 2011 war er dann zugegen, als auf dem Freisinger Domberg ein Festakt zum diamantenen Priesterjubiläum von Benedikt XVI. stattfand. Seinem ehemaligen Schüler übermittelte er per Film noch den frommen Wunsch: «Joseph, bleib so, wie du bist.» Nun ist der einstige Lehrer des emeritierten Papstes am Sonntag an seinem Wohnort in Gilching bei München gestorben. Er wurde 98 Jahre alt.
Mit Benedikt XVI. war Läpple befreundet, seit er den Ratzinger-Brüdern im Priesterseminar in Freising 1946 als Präfekt im Roten Saal vorgestellt wurde. Der zwölf Jahre jüngere Joseph war wissbegierig und ein guter Lateiner. Das wusste Läpple zu schätzen und bat ihn 1951 zum Korrekturlesen seiner Thesen, mit denen er auf Lateinisch seine Doktorarbeit über John Henry Newman verteidigen musste. Bei seiner Primiz 1947 in Sankt Anton in Partenkirchen war Ratzinger sein Ministrant.
Sechs Jahre war Läpple alt, als sein Vater 1921 starb. Die Mutter stand mit Alfred und seinem ein Jahr jüngeren Bruder Adolf allein da. Doch ihr protestantischer Ehemann, der den tiefen katholischen Glauben seiner Frau schätzte, hatte vorgesorgt: Die beiden katholisch getauften Kinder konnten eine Volksschulausbildung im Internat der Barmherzigen Brüder in Algasing östlich von München machen. Die Mutter verdiente ihr Geld mit einer Wäscherei in Partenkirchen, wo die Söhne in den Ferien mithelfen mussten.
Der junge Alfred begeisterte sich für die Musik von Richard Strauss (1864-1949) und ging in dessen Haus in Garmisch ein und aus. «Eigentlich wollte ich Dirigent werden», erzählte Läpple einmal. Dann aber entschied er sich doch für die Theologie. Mit dem Studium war 1938 Schluss. Der Reichsarbeitsdienst rief zum Einsatz in Hinterpommern. Ein Jahr später musste er in den Krieg ziehen - eingesetzt bei der Luftwaffe. Zweimal wurde der Bordschütze über Russland abgeschossen. Sein sorgfältig gefalteter Fallschirm rettete Läpple jedes Mal das Leben.
Zurück im zerbombten München lief der von den Amerikanern entlassene Kriegsgefangene vom Hauptbahnhof bis zur Ludwigskirche. «Das war die einzige Kirche, die noch stand.» Dann suchte er ein Telefon, um der Mutter von seiner glücklichen Heimkehr zu berichten. In Freising wartete man schon im Priesterseminar auf ihn. Nach der Priesterweihe am 29. Juni 1947 unterrichtete er am Seminar Sakramentenlehre. Frisch promoviert, wurde Läpple Religionslehrer am Max-Planck-Gymnasium in München. Sein Nachfolger als Dozent auf dem Domberg wurde - Ratzinger.
1972 erhielt Läpple einen Ruf als Professor für Kathechetik und Religionspädagogik an die Salzburger Universität, wo er bis 1981 lehrte. Der Theologe war ein produktiver Publizist. Schulbücher stammten aus einer Feder, aber auch Ratgeber für einen «Guten Lebensabend!». In einem seiner letzten Werke «Der andere Nietzsche» stellt er Gebete des streitbaren Philosophen vor. So sind mehr als 150 Bücher entstanden.
Benedikt XVI. schrieb über Läpple, er sei einer der «fruchtbarsten religiösen Schriftsteller unserer Zeit». Die katholische Kirche habe allen Grund ihm zu danken, dass er stets Glaubensorientierung und Glaubensimpulse gegeben habe. Dies sei gerade im verwirrenden Angebot heutiger Medien wichtig für den mündigen Christen, um einen klaren Standort zu haben. Ein letztes Zusammentreffen der beiden gab es in der Sakristei des Münchner Liebfrauendoms, als der Papst im September 2006 seine bayerische Heimat besuchte.
Die Brieffreundschaft zwischen Lehrer und Schüler blieb ein Leben lang bestehen. Das änderte sich auch nicht, als Ratzinger das Oberhaupt der katholischen Kirche wurde. Da begann Läpple seine Briefe zwar mit «Lieber Papst Benedikt XVI.», wechselte dann aber ins Du. Die liebgewordenen Neuigkeiten aus Gilching dürfte der emeritierte Papst nun vermissen.
Video: Zeitzeugen Benedikts im Interview - auch Alfred Läpple kommt darin mehrmals vor:
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