17. September 2013 in Aktuelles
Franziskus: das Problem des Scheiterns einer Ehe und der zweiten Verbindung kann man nicht allein auf die Frage zurückschneiden, ob man zur Kommunion gehen kann oder nicht. Die Lehre Benedikts XVI. Von Armin Schwibach
Rom (kath.net/as) Am Montag, den 16. September, traf der Bischof von Rom zum ersten Mal mit dem Klerus seines Bistums zusammen. Rund 1.500 Priester empfingen Papst Franziskus in der Lateranbasilika begeistert bei dem nichtöffentlichen Treffen. Franziskus wandte sich zunächst mit einigen Worten an die Priester, um dann auf fünf Fragen in freier Rede zu antworten.
Abschließend ging der Papst auf das Thema der Familie ein und dabei besonders auf die delikate Frage der Nichtigkeit von Ehen sowie auf die Problematik der zweiten Verbindungen nach einem Scheitern der ersten. Franziskus rief in Erinnerung, dass es sich dabei um ein Problem handle, das seinem Vorgänger Benedikt XVI. besonders am Herzen gelegen sei. Das Problem, so der Papst, kann man nicht allein auf die Frage zurückschneiden, ob man zur Kommunion gehen kann oder nicht. Wer nämlich die Frage nur in diesen Begriffen stellt, versteht nicht, worin das wirkliche Problem besteht. Es handle sich um ein schweres Problem der Verantwortung der Kirche gegenüber den Familien, die in diesen Situationen leben.
Die Kirche müsse in diesem Moment etwas unternehmen, um die Probleme der Nichtigkeit von Ehen zu lösen. Dieses Thema werde, wie Franziskus bereits bei der Pressekonferenz auf dem Rückflug vom Weltjugendtag in Rio de Janeiro erwähnt hatte, auch Gegenstand der Gespräche mit der Gruppe von acht Kardinälen sein, die sich in den ersten Tagen des Monats Oktober im Vatikan versammeln werden. Franziskus fügte hinzu, dass sich auch die nächste Bischofssynode zum Thema der anthropologischen Beziehung zwischen dem Evangelium mit der Person und der Familie damit auseinandersetzen werde. Auf diese Weise solle ein Studium des Problems auf synodaler Ebene gewährleistet werden: Das ist eine wahres existentielles Randgebiet, so der Papst.
Auf dem Rückflug von Rio de Janeiro nach Rom am 28. Juli 2013 hatte Gianguido Vecchi (Corriere della Sera) di folgende Frage gestellt:
Heiliger Vater, auch auf dieser Reise haben Sie mehrmals von Barmherzigkeit gesprochen. Besteht die Möglichkeit, dass sich für wiederverheiratete Geschiedene in Bezug auf die Zulassung zu den Sakramenten in der Disziplin der Kirche etwas ändert? Dass diese Sakramente eine Gelegenheit sind, diese Menschen in die Nähe zu holen, anstatt eine Barriere, die sie von den anderen Gläubigen trennt?
Franziskus hatte geantwortet:
Das ist ein Thema, nach dem immer gefragt wird. Die Barmherzigkeit ist größer als jener Fall, den Sie vorstellen. Ich glaube, dass dies die Zeit der Barmherzigkeit ist. Dieser Epochenwechsel, auch viele Probleme der Kirche wie ein ungutes Zeugnis einiger Priester, Korruption in der Kirche, Klerikalismus, um nur einige Beispiele zu nennen haben viele Verwundete hinterlassen, viele Verwundete. Und die Kirche ist Mutter: Sie muss hingehen und die Verwundeten pflegen, mit Barmherzigkeit.
Wenn aber der Herr nicht müde wird zu verzeihen, haben wir keine andere Wahl als diese: vor allem, die Verwundeten zu pflegen. Sie ist Mutter, die Kirche, und sie muss diesen Weg der Barmherzigkeit gehen und eine Barmherzigkeit für alle finden. Ich denke, als der ,verlorene Sohn nach Hause kam, hat der Vater nicht zu ihm gesagt: ,Aber du, hör mal, komm herein: Was hast du denn mit dem Geld gemacht? Nein! Er hat ein Fest gefeiert! Später, vielleicht, als der Sohn sprechen wollte, hat er gesprochen. So muss es die Kirche machen. Wenn da einer ist nicht nur auf ihn warten: hingehen und ihn aufsuchen! Das ist die Barmherzigkeit! Und ich glaube, dass dies ein Kairós ist: Diese Zeit ist ein Kairós der Barmherzigkeit. In diesem Zusammenhang erinnerte der Heilige Vater an den Impuls, den Johannes Paul II. der Kirche gegeben hat durch die Betonung der Göttlichen Barmherzigkeit ein Impuls, den er selbst aus der Spiritualität der Schwester Faustina Kowalska empfangen hatte.
In Bezug auf das Problem der Kommunion für Personen in zweiter Verbindung denn Geschiedene können die Kommunion empfangen, da gibt es kein Problem, wenn sie aber in zweiter Verbindung leben, können sie das nicht glaube ich, dass es nötig ist, dies in der Gesamtheit der Ehe-Pastoral zu sehen Eines der Themen, die mit diesen acht Mitgliedern des Kardinal-Rates, mit denen wir uns am 1., 2. und 3. Oktober versammeln, zu behandeln sein werden, ist die Frage, wie es in der Ehe-Pastoral weitergehen soll, und dieses Problem wird dort zur Sprache kommen Wir sind unterwegs zu einer etwas vertieften Ehe-Pastoral Und auch das rechtliche Problem der Nichtigkeits-Erklärung der Ehen muss überprüft werden, denn die kirchlichen Gerichte reichen dafür nicht aus. Es ist komplex, das Problem der Ehe-Pastoral
Eine seiner letzten großen Ansprachen hatte Papst Benedikt XVI. am 26. Januar zur Eröffnung des Gerichtsjahres der Rota einigen Aspekten der Beziehung von Glaube und Ehe gewidmet. Diese wegweisende Ansprache fand dann auch aufgrund der Ereignisse um den Amtsverzicht Benedikts XVI. nicht die Aufmerksamkeit, die ihr gebührt hätte, wenngleich sie wahrscheinlich in die Rechtssprechung der Kirche Eingang gefunden hat.
Zunächst hielt Benedikt XVI. fest: Der unauflösliche Bund zwischen Mann und Frau erfordert für die Sakramentalität nicht den persönlichen Glauben der Brautleute; erforderlich ist, als notwendige Mindestvoraussetzung, die Intention, das zu tun, was die Kirche tut. Zwar ist es wichtig, das Problem der Intention nicht mit dem des persönlichen Glaubens der Eheschließenden zu verwechseln, sie lassen sich jedoch nicht völlig voneinander trennen.
Der sel. Johannes Paul II. erläuterte jedoch vor zehn Jahren in einer Ansprache an diesen Gerichtshof, dass eine Haltung der Eheschließenden, die nicht der übernatürlichen Dimension in der Ehe Rechnung trägt, diese nur ungültig machen kann, wenn sie deren Gültigkeit auf der natürlichen Ebene berührt, in die das sakramentale Zeichen eingegossen ist (Ansprache an die Mitglieder des Gerichtshofes der Römischen Rota anläßlich der Eröffnung des Gerichtsjahres, 30. Januar 2003, Nr. 8). Diese Problematik bedarf vor allem im gegenwärtigen Kontext weiterer Reflexionen.
Dann hielt Benedikt XVI. fest, dass heute vielmals eine Beziehung nicht in der Perspektive einer endgültigen Entscheidung eingegangen wird: Die gegenwärtige Kultur, die von einem ausgeprägten ethischen und religiösen Subjektivismus und Relativismus gekennzeichnet ist, stellt die Person und die Familie vor dringende Herausforderungen in erster Linie angesichts der Frage nach der Bindungsfähigkeit des Menschen als solcher und ob eine lebenslange Bindung wirklich möglich ist und der Natur des Menschen entspricht oder ob sie nicht vielmehr seiner Freiheit und seiner Selbstverwirklichung widerspricht.
Abschließend ging Benedikt XVI. auf das bonum coniugum ein: Der Glaube ist wichtig zur Umsetzung des wahren ehelichen Guts, das einfach darin besteht, immer und unter allen Umständen das Wohl des anderen zu wollen, zum Zweck eines wahren und unauflöslichen consortium vitae. Glaube und Liebe erfordern sich gegenseitig, so daß eines dem anderen erlaubt, seinen Weg zu gehen.
Benedikt XVI. verband die Problematik des bonum coniugum dann mit der ohne Glauben geschlossenen Ehe:
Wenn dies im Gemeinschaftsleben im weiteren Sinne gilt, so muss es erst recht im Ehebund gelten. Denn in ihm lässt der Glaube die Liebe der Eheleute wachsen und Früchte tragen; er gibt der Gegenwart des dreifaltigen Gottes Raum und macht das so gelebte Eheleben selbst zur Frohbotschaft vor der Welt.
Ich weiß, dass es vom rechtlichen und praktischen Gesichtspunkt her mit Schwierigkeiten verbunden ist, das wesentliche Element des bonum coniugum zu umschreiben, von dem bislang vor allem im Zusammenhang mit der Eheunfähigkeit die Rede war (vgl. CIC, Can. 1095). Das bonum coniugum ist auch im Bereich der Vortäuschung des Konsenses von Bedeutung. In den Fällen, die eurem Urteil unterstellt sind, wird natürlich die Untersuchung in facto zur Feststellung des eventuellen Vorhandenseins dieses Ehenichtigkeitsgrundes als vorwiegendem oder den drei augustinischen »Gütern« Fortpflanzungswille, Ausschließlichkeit und Dauerhaftigkeit ebenbürtigem Nichtigkeitsgrund führen.
Man darf also nicht von der Überlegung absehen, dass es Fälle geben kann, in denen durch fehlenden Glauben das Gut der Eheleute beeinträchtigt und daher vom Konsens ausgeschlossen ist: zum Beispiel im Falle einer Verwirrung der Ordnung durch einen der Ehepartner aufgrund eines falschen Verständnisses des Ehebunds, des Gleichheitsprinzips oder im Falle einer Ablehnung der dualen Vereinigung, die den Ehebund kennzeichnet, im Zusammenhang mit dem möglicherweise gleichzeitig bestehenden Ausschluss der Treue und dem Vollzug des Geschlechtsaktes »humano modo«. Mit diesen Überlegungen möchte ich keineswegs einen einfachen Automatismus zwischen mangelndem Glauben und Ungültigkeit der Ehe postulieren, sondern vielmehr hervorheben, wie ein solcher Mangel, wenngleich nicht notwendigerweise, auch die Güter der Ehe verletzen kann, da die Bezugnahme auf die von Gott gewollte natürliche Ordnung dem Ehebund innewohnt (vgl. Gen 2,24).
Damit dürften die Leitlinien einer künftigen Auseinandersetzung mit der Problematik der wiederverheirateten Geschiedenen abgegrenzt sein. Neben dem eingeforderten neuen juridischen Studium steht der Hauptakzent auf der von Papst Franziskus eingeforderten vertieften Ehe-Pastoral
© 2013 www.kath.net