Bischof Feige: Katholische Kirche kann Reformation nicht 'feiern'

25. September 2013 in Chronik


Magdeburger Bischof bei DBK-Vollversammlung: „Bei aller Zustimmung zur Reformbedürftigkeit der damaligen Kirche bleibt die Reformation mit dem Schmerz über die Spaltung verbunden und kann aus katholischer Sicht nicht einfach positiv gewürdigt werden


Fulda (kath.net/dbk) „Wenn man auf die Reformation zurückschaut, kann man nicht die Augen davor verschließen, dass die Reformation zu Spaltungen geführt hat, und dies sicher mit Schuldanteilen auf beiden Seiten. Insofern wird die katholische Kirche auch nicht in eine Jubiläumsfeier einstimmen können.“ Darauf wies Gerhard Feige, Bischof von Magdeburg, bei einem Pressegespräch im Rahmen der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda hin. „Bei aller Zustimmung zur Reformbedürftigkeit der damaligen Kirche bleibt die Reformation mit dem Schmerz über die Spaltung verbunden und kann aus katholischer Sicht nicht einfach positiv gewürdigt werden.“ Daher sprächen katholische Vertreter auch zumeist nicht von einem „Reformationsjubiläum“, sondern stattdessen vom „Reformationsgedenken“. Im Übrigen folgen sie damit der liturgischen Bezeichnung des 31. Oktober in der lutherischen Tradition.“


kath.net dokumentiert das (um einen Punkt gekürzte) Statement von Bischof Dr. Gerhard Feige im Pressegespräch zum Thema „Der Beitrag der katholischen Kirche auf dem Weg zum Reformationsgedenken 2017“ am 24. September 2013 in Fulda zur Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz

1. Im Jahr 2017 steht der 500. Jahrestag der Reformation bevor. Die Erinnerung daran, dass Martin Luther vor 500 Jahren seine Thesen veröffentlicht und damit jene Ereignisse ausgelöst hat, die dann später als „die Reformation“ bezeichnet wurden, betrifft zunächst vor allem die evangelischen Kirchen lutherischer Tradition und dann auch die anderen Kirchen reformatorischer Prägung. Mit der vorgeschalteten Lutherdekade befindet sich die Evangelische Kirche in Deutschland bereits mitten in der Vorbereitungsphase, in der jedes Jahr unter einem besonderen thematischen Schwerpunkt steht. Schien es anfänglich so, dass auf evangelischer Seite die Ökumene kaum im Blick war, mehrten sich bald die Stimmen, die das Gedenkjahr 2017 und die Lutherdekade auch unter ökumenischem Aspekt sehen und in ökumenischer Offenheit begehen wollen.

2. Wenn man auf die Reformation zurückschaut, kann man nicht die Augen davor verschließen, dass die Reformation zu Spaltungen geführt hat, und dies sicher mit Schuldanteilen auf beiden Seiten. Insofern wird die katholische Kirche auch nicht in eine Jubiläumsfeier einstimmen können.

Bei aller Zustimmung zur Reformbedürftigkeit der damaligen Kirche bleibt die Reformation mit dem Schmerz über die Spaltung verbunden und kann aus katholischer Sicht nicht einfach positiv gewürdigt werden. Daher sprechen katholische Vertreter auch zumeist nicht von einem „Reformationsjubiläum“, sondern stattdessen vom „Reformationsgedenken“. Im Übrigen folgen sie damit der liturgischen Bezeichnung des 31. Oktober in der lutherischen Tradition.

Die internationale Lutherisch / Römisch-katholische Kommission für die Einheit, die vom Päpstlichen Rat für die Einheit der Christen und vom lutherischen Weltbund eingesetzt ist, hat am 17. Juni dieses Jahres ein neues Dokument vorgestellt, das sich unter dem Titel „Vom Konflikt zur Gemeinschaft“ mit dem Reformationsgedenken befasst. Das Dokument bringt zum Ausdruck, dass weder katholischer- noch lutherischerseits die mit der Reformation verbundene Kirchenspaltung gefeiert werden kann. Ich finde es erfreulich, dass beide Seiten dies gemeinsam in dieser Klarheit festhalten können. Im Licht der bereits gewonnenen Verständigung und des zwischen beiden Seiten gewachsenen Verständnisses versucht das Dokument eine gemeinsame Aufarbeitung der Reformationsgeschichte, indem es die Reformationsereignisse und die katholische Antwort hierauf beschreibt. Damit leistet das Dokument einen wichtigen Beitrag für ein weiteres Vorankommen auf dem Weg zur sichtbaren Einheit. Dies setzt freilich voraus, dass das Dokument positiv aufgenommen wird. Kritische Äußerungen, die es auf evangelischer Seite vereinzelt gab, stimmen zumindest nachdenklich.

Aus katholischer Sicht kann ich es nur begrüßen, dass in dem genannten Dokument als Ziel unserer ökumenischen Bemühungen die sichtbare Einheit der Kirche in Erinnerung gerufen wird; dies scheint mir in der Ökumene gegenwärtig nicht immer bewusst zu sein und nicht von allen als Zielvorstellung geteilt zu werden. Von unserem katholischen Kirchenverständnis her kann die volle Einheit nur in der Weise der sichtbaren Einheit verwirklicht werden, auch wenn wir für uns selbst und im Gespräch mit unseren ökumenischen Partnern noch weiter darüber nachdenken müssen, wie sie konkret aussehen kann.

3. In Deutschland als dem Kernland der Reformation ist die katholische Kirche im Hinblick auf 2017 ohne Zweifel besonders herausgefordert. Ein gemeinsames Zugehen auf 2017 wird bei uns allerdings dadurch erschwert, dass die Reformationsgeschichte tendenziell als reine Erfolgsgeschichte beschrieben wird. Manches, was da hinsichtlich ihrer geistes-, kultur- und sozialgeschichtlichen Auswirkungen auf die Moderne zu lesen ist, erscheint nicht nur Katholiken wie ein Mythos. Hinzu kommen touristische und wirtschaftliche Interessen, die das religiöse Anliegen Martin Luthers und der Reformatoren zusätzlich zu überlagern drohen.

4. Wir haben hier eine ganz andere Blickrichtung: Wenn es gelänge, 2017 gemeinsam zum Anlass zu nehmen, von unserem Glauben Zeugnis zu geben und ein „Christusfest“ zu feiern, dann könnte das Reformationsgedenken uns Christus näherbringen, und dann würde es uns auch einander näherbringen. Der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider, hat in diesem Zusammenhang von einem „Christusjubiläum“ gesprochen. Wenn dies ernstgenommen wird, sehe ich hier wirklich einen gemeinsamen Anknüpfungspunkt. Vielleicht können wir gemeinsam das Jahr 2017 als Chance begreifen, dass Christen in Deutschland sich über konfessionelle Grenzen hinweg gemeinsam darauf besinnen, wer Jesus Christus für sie ist, und wie sie dies unter den Bedingungen unserer Zeit in überzeugender Weise vermitteln können.

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6. Abschließend möchte ich nochmals unterstreichen, dass wir als Katholiken die Einladung zu einer Beteiligung am Reformationsgedenken umso eher annehmen können, wenn die Reformation als ein religiöses Ereignis in den Blick genommen wird. Martin Luther hat die Frage nach Gott umgetrieben – so hat Papst Benedikt XVI. in seiner Ansprache an die Vertreter der EKD im Augustinerkloster in Erfurt am 23. September 2011 das Leben und Wirken des Wittenberger Reformators eindrücklich gekennzeichnet. Wenn wir uns von diesem Ringen um Gott anstecken lassen und die Botschaft des Evangeliums in das Zentrum dessen stellen, was 2017 begangen wird, dann können wir auf 2017 in ökumenischer Geschwisterlichkeit zugehen. Wir sind dankbar und freuen uns über die im 20. Jahrhundert erfolgten Fortschritte im ökumenischen Miteinander. Wenn 2017 in dem beschriebenen Sinn die Ökumene weiter stärkt, dann wäre dies in jedem Fall Anlass zur Freude und zum Feiern.

Das Statement findet sich in voller Länge unter Deutsche Bischofskonferenz.

Foto Bischof Feige (c) Bistum Magdeburg


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