4. Oktober 2013 in Kommentar
Dass ausgerechnet der DBK-Vorsitzende Zollitsch als einer der wenigen Führungspersönlichkeiten in unserem Land öffentlich und ohne Not das Ausscheiden der FDP beklagt, überrascht. Von Bernhard Müller (PURmagazin)
Berlin Kißleg (kath.net/PURmagazin) Wer weint eigentlich der FDP nach, die bei der Bundestagswahl am 22. September zum ersten Mal in ihrer Geschichte den Einzug ins Parlament verpasste? Nicht einmal mehr fünf Prozent der Wähler schenkten den Politikern der Liberalen ihr Vertrauen. Während die niedergestreckte Partei ihre eigenen Wunden leckt, hält sich die Enttäuschung unter der übrigen Bevölkerung ziemlich in Grenzen.
Dass jetzt ausgerechnet der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch (Foto), als einer der wenigen Führungspersönlichkeiten in unserem Land öffentlich und ohne Not das Ausscheiden der FDP beklagt, überrascht. Und sollte es aber auch wieder nicht. Denn schon im heißen Wahlkampf hat sich Zollitsch entgegen den Gepflogenheiten kirchlicher Würdenträger ins parteipolitische Gefecht begeben und seinen Gläubigen nahe gelegt, nicht die Alternative für Deutschland (AfD) zu wählen, weil der Oberhirte den Euro für den Zusammenhalt Europas für so wichtig hält, dass er deren Kritiker keinesfalls im Berliner Reichstag sehen wollte. Dass zahlreiche Verantwortliche dieser neuen politischen Bewegung neben ihrer EURO-kritischen Haltung durchaus ethische Positionen vertreten, die der katholischen Kirche nahe stehen, interessierte den Wahlkämpfer Zollitsch dabei nicht.
Mag die Freude des Kirchenmannes darüber, dass es die AfD tatsächlich nicht schaffte, noch so groß gewesen sein, so hat ihn das Ausscheiden der FDP mindestens ebenso niedergedrückt. Das vorläufige bundespolitische Ende jener Partei, die traditionell als kirchenkritisch gilt und seit Jahren die Abschaffung vieler Privilegien und Rechte der Glaubensgemeinschaften fordert, beklagte Zollitsch mit geradezu pathetischen Worten, als er zum Auftakt der Herbstvollversammlung der katholischen Bischöfe Deutschlands vor Journalisten in Fulda Ende September von einem Verlust für Deutschland, sprach, weil so eine Kraft nicht mehr im Parlament vertreten sei.
Dabei kann Deutschland eigentlich ganz gut weiterleben, auch wenn künftig einige FDP-Politiker ein paar Jahre lang kein Ministergehalt mehr beziehen können und zur Abwechslung mal eine Zeit lang keine FDP-Justizministerin gegen die katholische Kirche polemisiert. In allen wichtigen ethischen Grundsatzentscheidungen, bei denen es in den letzten Jahrzehnten zu gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen zwischen Politik und Kirche kam, wie etwa der Freigabe der Abtreibung, hatte sich die FDP immer in vorderster Front gegen die Positionen der Kirche gestellt. Und Papst Franziskus, den Zollitsch bei jeder Gelegenheit als Garant für seinen kirchenpolitischen Dialogprozess als Kronzeugen zitiert, hätte wohl mit seiner Option für die Armen wenig Freude an der FDP, die immer schon als Partei der Reichen gegolten hat.
Man darf sich wundern über so einen parteipolitisch aktiven Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz. Man darf sich auch wundern darüber, welche Parteien er mag und welche nicht. Aber irgendjemand sollte ihm auch klar machen, dass die Zeiten vorbei sind, in denen ein Bischof seinen Gläubigen vorschreiben will, wen sie zu wählen haben und wen nicht. Und wenn er das Ausscheiden der FDP für einen Verlust für Deutschland hält, dann wäre er besser Politiker als Bischof geworden. Als Bischof sollte er dagegen die Hunderttausende Kinder, die jedes Jahr - auch dank kämpferischer FDP-Politiker - straffrei im Mutterleib getötet werden, für einen Verlust für Deutschland halten und das auch öffentlich so benennen.
Sorry. Aber mit seinen Einmischungen in den Bundestagswahlkampf 2013 hat der inzwischen 75-jährige Zollitsch nur eines bewiesen: So wenig das Ausscheiden der FDP ein Verlust für Deutschland ist, so wenig ist das Ende seiner Amtszeit als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz im kommenden Frühjahr ein Verlust für die katholische Kirche.
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Foto Erzbischof Zollitsch (c) Erzbistum Freiburg/Andreas Gerhardt
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