'Luther würde die Zornesröte ins Gesicht steigen ...'

10. Oktober 2013 in Deutschland


Innerevangelische Kritik: Heute würde Luther fragen, wo sich die evangelische Kirche um die reine Lehre kümmert und wo nicht – Doch wahrscheinlich würde er schon die Einstellungsgespräche, die Examina und die Zeit im Predigerseminar nicht bestehen


Filderstadt (kath.net/idea) Was würde der Reformator Martin Luther (1483-1546) heute zur evangelischen Kirche sagen? Mit dieser Frage befasst sich Pfarrer Bernhard Bonkhoff (Großbundenbach/Pfalz) im Informationsbrief der Bekenntnisbewegung „Kein anderes Evangelium“. Anlass ist das Reformationsjubiläum 2017. Dann jährt sich zum 500. Mal der Thesenanschlag des Reformators am 31. Oktober 1517 in Wittenberg. Bonkhoff fragt anlässlich des Jubiläums: „Schaffen wir uns ‚unseren‘ Luther, der so recht in diese Zeit passt und kirchlich alles abnickt, was innerhalb der evangelischen Kirche in den letzten Jahren als ‚neue Lehre‘, also als Neologie, Einzug gehalten hat?“ Nach Ansicht des Pfarrers würde Luther „die Zornesröte ins Gesicht steigen angesichts des Büchleins in gerechter Sprache, das an etlichen Orten bereits an die Stelle von Luthers Deutscher Bibel tritt“. Gemeint ist die 2006 erschienene „Bibel in gerechter Sprache“, die Überzeugungen der feministischen Theologie, der Befreiungstheologie und des christlich-jüdischen Dialogs berücksichtigt. Bonkhoff zufolge würde Luther auch nach dem von ihm begründeten evangelischen Pfarrhaus fragen, „das derzeit in allerhand Lösungsmitteln aufgeweicht und aufgelöst wird“. Der Theologe weiter: „Vielleicht würde Luther neue 95 Thesen anschlagen, und es würde zu einer Sammlung der Gutwilligen kommen, die mit Ernst Christ sein wollen. Luther heute! Er würde danach fragen, wo sich die evangelische Kirche um die reine Lehre kümmert und wo nicht. Aber vielleicht käme es gar nicht so weit, denn mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit würde er die Einstellungsgespräche, die Examina und die Zeit im Predigerseminar mit seiner Einstellung nicht bestehen können.“

„Wir sollten uns schämen für Lutherbonbons und Lutherbier“

Bonkhoff kritisiert ferner den Kommerz um Luther: „Wir sollten uns schämen für die Lutherfiguren aus Plastik, für das Lutherbonbon und das Lutherbier, den Lutherschmaus und die Luther-Theaterstücke, die größeren und kleineren touristischen Events und Plattitüden der kirchlichen und außerkirchlichen Geschäftemacher und Selbstdarsteller. Alles Jubilieren, das nicht zur Lektüre und zu einer neuen Beherzigung von Luthers Schriften, voran seinen Katechismus, führen wird, sollte uns angesichts der kirchengemeindlichen Wirklichkeit gründlich vergehen.“

Kirche soll Buße tun

Luther habe die Kirche zu ihren biblischen Wurzeln zurückgeführt und reformiert: „Eine Kirche, die nur noch ihren Dienern dient, ist nicht mehr Luthers Kirche.“ Die evangelische Kirche werde „das Wort des erhöhten Christus“ bei dem anstehenden Jubiläum hören müssen: „So denke nun daran, wovon du abgefallen bist, und tue Buße (Offenbarung 2,5).“ Vorsitzender der Bekenntnisbewegung „Kein anderes Evangelium“ ist Pfarrer Hansfrieder Hellenschmidt (Filderstadt bei Stuttgart).


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