17. Oktober 2013 in Deutschland
Die Zahl der Bürger ohne Religionszugehörigkeit wächst fast 40 Prozent
Köln (kath.net/idea) Sind Konfessionslose in Deutschland auf dem Sprung zur Mehrheit? Mit dieser Frage befasste sich das Deutschlandradio Kultur (Köln) am 12. Oktober in einer Sendung. Danach gehören knapp 40 Prozent der Bürger in Deutschland keiner Religionsgemeinschaft an. Die Gruppe der Konfessionslosen wachse sowohl im Westen als auch im Osten, sagte der Religionssoziologe und evangelische Theologe Prof. Detlef Pollack (Münster) in dem Beitrag von Kirsten Dietrich. Im Westen haben wir inzwischen mehr als 20 Prozent Konfessionslose, im Osten sind es über 70 Prozent, die konfessionslos sind. Pollack führte für den Religionsmonitor der Bertelsmann-Stiftung Befragungen durch. Nach seinen Worten haben viele nach der Wende in der DDR erwartet, dass es eine Rückkehr zu den Kirchen und zur Religion gebe, aber das habe sich nicht bestätigt: Ganz im Gegenteil, der Anteil Konfessionsloser ist auch im Osten, wo er ohnehin schon hoch war, weiter gestiegen. Allerdings sind nur wenige von ihnen in Verbänden organisiert. So habe der Humanistische Verband wohlwollend geschätzt 15.000 bis 20.000 Mitglieder, so der Bericht. Aber nach den Worten eines früheren Referenten bei der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW/Berlin), Pfarrer Andreas Fincke, reicht der Blick auf die Mitgliederzahl nicht aus: Meines Erachtens ist die Konfessionslosigkeit in Deutschland die mit Abstand am stärksten wachsende Weltanschauung, die es gibt. Und dafür stehen die Verbände eben, selbst wenn sie im Moment wenige Mitglieder haben.
Atheistische Angebote für ein religionsfreies Leben
Der Humanistische Verband macht Angebote für ein religionsfreies Leben von der Wiege bis zur Bahre. So veranstaltet er Jugendfeiern als Alternative zur Konfirmation und humanistischen Lebenskundeunterricht in Berlin und Brandenburg als Alternative zum Wahlfach Religion. An diesem Unterricht nehmen in der Bundeshauptstadt rund 50.000 Schüler teil. Seit fünf Jahren bietet der Landesverband Berlin-Brandenburg Bestattungen auf einem eigenen Gräberfeld auf dem Zehlendorfer Waldfriedhof an. Dazu sagte dessen Kulturreferentin Regina Malskies in der Sendung: Für uns Humanisten gibt es ja kein Danach, es gibt ja kein Jenseits, kein Auferstehen, wir glauben an keinen Gott, aber mit der Natur sich wieder eins zu wissen, nach dem Tod dann auch, das ist ein schönes Symbol. Zu den Gründen, warum religionskritische Organisationen vergleichsweise wenige Mitglieder haben, sagte die Berliner Landesvorsitzende des Internationalen Bundes der Konfessionslosen und Atheisten, Silvia Kortmann: Im Gegensatz zu verfassten Kirchen und Religionsgemeinschaften, die irgendwie organisiert sind, sind die Atheisten schon eher individuell denkende Personen und lassen sich nicht so einfach in eine einheitliche Strömung bringen.
Atheistische Stiftung: Medienwirksam trotz geringer Mittel
Dem Beitrag zufolge ist die atheistische Giordano Bruno Stiftung (Oberwesel/Mittelrhein) an einer medienwirksamen Religionskritik beteiligt. Sie habe gerade einmal 50 Mitglieder im Förderkreis und etwa 4.000 Unterstützer im Internet. Ihr Jahresetat belaufe sich auf rund 100.000 Euro aus Stiftungskapital und Spenden. Die Stiftung trete ein für die Verbreitung der Evolutionslehre, gegen christlich-fundamentalistischen Kreationismus und gegen falschen Respekt vor der Befindlichkeit gläubiger Muslime. Zu ihrem Selbstverständnis sagte Pressereferent Philipp Möller: Immer, wenn es darum geht, dass Religion sich zu sehr in den Alltag einmischt, versteht sich die Giordano Bruno Stiftung als Denkfabrik, die dem Einhalt gebieten möchte und säkulare, weltliche, vernünftige Alternativen bieten will.
Hochreligiöse haben mehr Vertrauen als Religionslose
Nach Ansicht des bereits erwähnten Religionssoziologen Pollack wird die Zunahme der Konfessionslosigkeit die Gesellschaft verändern. Umfragen hätten ergeben, dass es einen Zusammenhang gebe zwischen Religiosität und Vertrauen in andere Menschen: Diejenigen, die hochreligiös sind, sind deutlich vertrauensvoller, zeigen eine höhere Bereitschaft, anderen Menschen zu vertrauen, als diejenigen, die religionslos sind. Fazit der Sendung: Auch mit Atheisten, Agnostikern, Humanisten und Konfessionslosen landet man am Ende beim Glauben, wenn es darum geht, wie man ein sinnvolles Leben mit anderen führt, wenn es um Werte geht, um das, was bleibt. Einen solchen Glauben hatten die religiösen Menschen noch nie exklusiv für sich gepachtet, auch wenn das beide Seiten manchmal immer noch ignorieren.
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