14. Oktober 2013 in Kommentar
Dem Limburger Bischof war die naturgemäß heikle Aufgabe zugefallen, das Bistum im Sinn des Genuin-Katholischen zu sanieren. Ein Gastkommentar von Bernhard Mihm
Limburg-Paderborn (kath.net) Seit vielen Jahren lebe ich in Paderborn. Was also bringt mich dazu, mich für einen Mann einzusetzen, der in seinem anderen Kirchensprengel Bischof ist, dort im Klerus und bei Funktionären im Laienstand offensichtlich nur wenige Freunde hat und derzeit von der Medienmeute gehetzt wird?
Ich habe die Hälfte meines Lebens im Bistum Limburg verbracht: Erst als Kind und Jugendlicher in der acies bene ordinata vor dem II. Vaticanum, in jener wohlgeordneten Schlachtreihe einer Kirche, die in meiner liberal-protestantisch geprägten Geburtsstadt wahrlich beides nötig hatte: gute Ordnung und kämpferische Tapferkeit. Und später dann in der Aufwühlung nachkonziliare Wirren, in der beides verloren gegangen war. Was hatte ich angetroffen, als ich nach vielen Jahren Ende der 70-er Jahre zurückgekommen war? Ein kirchliches Milieu, das sich bis zur Selbstdeformation den 68-ern wenn nicht angeschlossen, so doch selbstzweifelnd unterworfen hatte, einen von intellektualistischer Skepsis oder geistloser Neuerungssucht zerfressenen Klerus und eine Bistumsleitung, die das alles hinnahm und die nicht mehr führen, sondern nur noch moderieren wollte. Der liberale Frankfurter oder nassauische Protestantismus war auch innerkatholisch Leitbild geworden. Rom wurde zum Widerpart. Die Renitenz des gewiss persönlich frommen und gottergebenen, aber doch skurril-eigenwillig agierenden Bischofs Kamphaus passte nicht nur in dieses Bild, sondern wurde als wohltuende Bestätigung des ohnehin nicht vorhandenen geistig-geistlichen Tohuwabohus empfunden.
Und dann kam Tebartz-van Elst: ein ganz normal regierender katholischer Bischof, jedenfalls einer, der ganz normal regieren wollte. Ihm war die naturgemäß heikle Aufgabe zugefallen, das Bistum im Sinn des Genuin-Katholischen zu sanieren. Worum es dabei ging und noch immer geht, wurde exemplarisch in einem Interview deutlich, das der Frankfurter Stadtdekan Johannes Graf zu Eltz, der sich übrigens zum heftigen Gegenspieler des Bischofs entwickeln sollte, am 15. November 2010 der FAZ gegeben hat: Mein Langzeitprojekt ist die theologisch begründete Delegitimierung evangelischer Kirchlichkeit durch die Integration reformatorischer Elemente in die katholische Kirche ( ) Mein Vorschlag, daß die katholische Kirche den Rahmen zur Verfügung stellt, damit Sie (die Protestanten) in Ruhe protestantisch sein können. Treffender hätte nicht beschrieben werden können, was das kirchliche Bestreben landauf, landab in diesem Bistum geworden war.
Und wenn derselbe Graf zu Eltz im selben Interview den geweihten Priester egalitaristisch nur zum Gehilfen der Laien erklärte, musste ihm und seinesgleichen sauer aufstoßen, dass der neue Bischof gut katholisch lehrte, dass nur der geweihte Priester Seelsorger im eigentlichen Sinn sein könne. Was nun mit den bislang gehätschelten Gemeindereferenten und vor allem referentinnen, die in pseudopriesterlicher Gewandung um den Altar herumstolzieren konnten, in der hl. Messe predigen durften und denen man als Gemeindeleiter(inne)n Funktionen des Pfarrers übertragen hatte? Der Schock war groß, als man so aus der selbstgebastelten Welt Limburgischen Kirchturms in die Realität katholischer Kirchlichkeit versetzt wurde.
Und als der neue Bischof die kirchliche Einsegnung einer homosexuellen Verbindung missbilligte und mit Sanktionen belegte, war klar: da war nichts mehr mit Anpassung an die liberale Zivilität nach dem Muster jener Protestanten, denen die katholische Kirche den Rahmen zur Verfügung stellen wollte, damit sie in Ruhe protestantisch sein können (Graf zu Eltz).
Kein Wunder, dass nun ein Pfarrgemeinderat pressewirksam vermerkte, es entstehe der Eindruck, dass bei Bischof Tebartz-van Elst die Orthodoxie Priorität habe vor dem Bemühen um moderne Menschen. Als ob das kirchliche Bemühen um Menschen nicht gerade darin bestehe, sie zur Wahrheit (Orthodoxie) zu führen und bei ihr zu halten. Als ob die Kirche Wellness zu verschaffen habe und ihr Kerngeschäft nicht darin bestehe, die Menschen zum ewigen Heil zu bringen, dass genau das jene Menschenfreundlichkeit wäre, die ihr von ihrem göttlichen Stifter aufgetragen ist. Kein Wunder bei solcher Mentalität, dass ein Begehren machtvoll durch die Limburger Bistumslande zog: dieser Bischof muss weg!
Alles andere war und blieb bis zur Stunde nur Mittel zum Zweck.
Ein noch vor Tebartz-van Elsts Amtsantritt eingeleitetes Bauvorhaben geriet finanziell aus dem Ruder so ähnlich wie die Elbphilharmonie dem Hamburger Senat, der Stuttgarter Hauptbahnhof der Deutschen Bahn oder der Großflughafen Willy Brandt dem Berliner Regierenden Bürgermeister. Und, von der Meute gehetzt, verhedderte sich Tebartz-van Elst in der Mediendebatte um eine Flugreise und dem diese Debatte prägenden Interpretations-Hick-Hack. Das öffentliche Getöse um beides ist gewaltig geworden in der Presse und auch in kirchlichen Kreisen. Und manches mag sogar unerfreulich sein. Es ist alles aber kein Grund dafür, Persönlichkeiten mit oder ohne Schlips, mit oder ohne Kollar zu schwankenden Gestalten werden zu lassen.
Denn in Wirklichkeit geht es um einen Kampf in der Kirche um die Kirche. Und in diesem Kampf steht Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst auf der richtigen Seite!
Zum Verfasser: Bernhard Mihm ist Kuratoriumsmitglied des Forums deutscher Katholiken. Mihm, langjähriger Kommunalpolitiker, war vor seinem Umzug nach Paderborn u.a. Fraktionsvorsitzender der CDU und Stadtverordnetenvorsteher im Frankfurter Stadtparlament gewesen.
Foto Bischof Tebartz-van Elst (c) Bistum Limburg
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