Rom: Erzbistum Freiburg muss pastorale Handreichung zurückziehen!

12. November 2013 in Aktuelles


Erzbischof Müller fordert Zollitsch auf, die umstrittene Freiburger Handreichung der Erzdiözese Freiburg über wiederverheiratete Geschiedene zurückzunehmen - UPDATE: Der Brief der Glaubenskongregation im Wortlaut


Freiburg (kath.net)
Die vatikanische Glaubenskongregation hat sich in die Diskussion um den Umgang der katholischen Kirche mit wiederverheirateten Geschiedenen eingeschaltet und der diesbezüglichen pastoralen Handreichung der Erzdiözese Freiburg eine klare Absage erteilt. Dies berichtet die "Tagespost" in der jüngsten Ausgabe. In einem Brief des Präfekten der Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller (Foto), wird der Freiburger Erzbischof em. Robert Zollitsch aufgefordert, die Handreichung zurückzunehmen und zu überarbeiten. Die Begründung ist, dass die Handreichung "in der Terminologie unklar ist und in zwei Punkten nicht mit der kirchlichen Lehre übereinstimmt“, schreibt der Präfekt der Glaubenskongregation. Der Brief Müllers ging in Kopie an alle Diözesanbischöfe in Deutschland.

Kritik übt Müller besonders daran, dass in der Handreichung Betroffene zur „verantwortlich getroffenen Gewissensentscheidung“ kommen können und diese dann Sakramente zu empfangen können. "Im Gegensatz zu dieser Auffassung betont das Lehramt der Kirche, dass die Hirten die verschiedenen Situationen gut unterscheiden und die betroffenen Gläubigen zur Teilnahme am Leben der Kirche einladen sollen, bekräftigt jedoch ihre auf die Heilige Schrift gestützte Praxis, wiederverheiratete Geschiedene nicht zum eucharistischen Mahl zuzulassen“, betont der Präfekt und warnt vor einer „Verwirrung der Gläubigen hinsichtlich der Lehre der Kirche über die Unauflöslichkeit der Ehe“. Auch die Möglichkeit, dass es eine Gebetsfeier für dienjenigen geben könnte, die eine neue zivile Verbindung eingehen, wird von Rom entschieden abgelehnt. "Feiern dieser Art wurden von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. ausdrücklich untersagt“, stellt Müller klar, der in dem Schreiben auch mitteilte, dass er Papst Franziskus informiert und nach Rücksprache mit dem Hl. Vater einen Artikel im L'Osservatore Romano verfasst habe, in dem er die „verbindliche Lehre der Kirche in dieser Frage“ zusammengefasst habe.

kath.net dokumentiert das Schreiben des Präfekten der Glaubenskongregation an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, „Der Entwurf der Handreichung ist zurückzunehmen und zu überarbeiten“, im Wortlaut

Exzellenz!

Hochwürdigster Herr Erzbischof!

Mit Schreiben Prot. N. 2922/13 vom 8. Oktober 2013 hat der Apostolische Nuntius der Kongregation für die Glaubenslehre den Entwurf der Handreichung für die Seelsorge zur Begleitung von Menschen in Trennung, Scheidung und nach ziviler Wiederverheiratung in der Erzdiözese Freiburg sowie Ihres Rundbriefes an die Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz zur Vorabveröffentlichung dieses Textes übermittelt. Eine aufmerksame Lektüre des Entwurfs zeigt, dass dieser zwar richtige und wichtige pastorale Hinweise enthält, aber in der Terminologie unklar ist und in zwei Punkten nicht mit der kirchlichen Lehre übereinstimmt:

„Wiederverheiratete Geschiedene stehen selbst ihrer Zulassung zur Eucharistie im Weg“

1. Bezüglich des Empfangs der Sakramente durch geschiedene wiederverheiratete Gläubige wird der 1993 von den Oberrheinischen Bischöfen gemachte Vorschlag neu als pastoraler Weg empfohlen: Nach einem Gesprächsprozess mit dem Pfarrer könnten Betroffene zur Überzeugung gelangen, am Leben der Kirche vielfaltig teilzunehmen, aber bewusst auf den Empfang der Sakramente zu verzichten, andere hingegen könnten in der konkreten Situation zur „verantwortlich getroffenen Gewissensentscheidung“ kommen, die Sakramente der Taufe, der Heiligen Kommunion, der Firmung, der Versöhnung und der Krankensalbung empfangen zu können, und diese Entscheidung wäre vom Pfarrer und von der Gemeinde „zu respektieren“.

Im Gegensatz zu dieser Auffassung betont das Lehramt der Kirche, dass die Hirten die verschiedenen Situationen gut unterscheiden und die betroffenen Gläubigen zur Teilnahme am Leben der Kirche einladen sollen, „bekräftigt jedoch ihre auf die Heilige Schrift gestützte Praxis, wiederverheiratete Geschiedene nicht zum eucharistischen Mahl zuzulassen“ (Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Familiaris consortio vom 22. November 1981, Nr. 84; vgl. auch das Schreiben dieser Kongregation vom 14. September 1994 über den Kommunionempfang von wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen, mit dem der Vorschlag der Oberrheinischen Bischöfe abgelehnt wurde; Benedikt XVI., Apostolisches Schreiben Sacramentum caritatis vom 22. Februar 2007, Nr. 29).

Diese Position des Lehramts ist wohl begründet: Wiederverheiratete Geschiedene stehen selbst ihrer Zulassung zur Eucharistie im Weg, insofern ihr Lebensstand in objektivem Widerspruch zu jenem Bund der Liebe zwischen Christus und der Kirche ist, den die Eucharistie sichtbar und gegenwärtig macht (lehrmäßiger Grund). Ließe man solche Menschen zur Eucharistie zu, bewirkte dies Verwirrung bei den Gläubigen hinsichtlich der Lehre der Kirche über die Unauflöslichkeit der Ehe (pastoraler Grund).

2. Darüber hinaus wird für geschiedene Gläubige, die eine neue zivile Verbindung eingehen, eine Gebetsfeier vorgeschlagen. Es heißt zwar ausdrücklich, dass es sich dabei nicht um eine „Quasi-Trauung“ handelt und die Gestaltung schlicht sein soll, aber der Entwurf bietet dann doch eine Art „Ritus“ mit Eröffnung, Hören auf das Wort Gottes, Segnung und Übergabe einer Kerze, Gebetsteil und Abschluss.

Feiern dieser Art wurden von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. ausdrücklich untersagt: „Die erforderliche Achtung vor dem Sakrament der Ehe, vor den Eheleuten selbst und deren Angehörigen wie auch gegenüber der Gemeinschaft der Gläubigen verbietet es jedem Geistlichen, aus welchem Grund oder Vorwand auch immer, sei er auch pastoraler Natur, für Geschiedene, die sich wiederverheiraten, irgendwelche liturgischen Handlungen (ritus cuiusvis generis) vorzunehmen. Sie würden ja den Eindruck einer neuen sakramental gültigen Eheschließung erwecken und daher zu Irrtümern hinsichtlich der Unauflöslichkeit der gültig geschlossenen Ehe führen“ (Familiaris consortio, Nr. 84).

Den betroffenen Gläubigen sind Hilfen anzubieten, „wobei in jedem Fall zu vermeiden ist, diese Verbindungen zu segnen, damit unter den Gläubigen keine Verwirrungen in Bezug auf den Wert der Ehe aufkommen“ (Sacramentum caritatis, Nr. 29).

Aufgrund der genannten Divergenzen ist der Entwurf der Handreichung zurückzunehmen und zu überarbeiten, damit nicht pastorale Wege offiziell gutgeheißen werden, die der kirchlichen Lehre entgegenstehen. Weil der Text nicht nur in Deutschland, sondern in vielen Teilen der Welt Fragen aufgeworfen und in einer pastoral delikaten Problematik zu Verunsicherungen geführt hat, fühlte ich mich verpflichtet, Papst Franziskus darüber zu informieren.

„Wege gehen, die ganz mit der Glaubenslehre der Kirche übereinstimmen“

Nach Rücksprache mit dem Heiligen Vater wird nun im L'Osservatore Romano vom 23. Oktober 2013 ein Artikel von mir erscheinen, der die verbindliche Lehre der Kirche in dieser Frage zusammenfasst. Dieser Beitrag wird auch in den Wochenausgaben der Vatikanzeitung abgedruckt werden.

Da eine Reihe von Bischöfen sich an mich gewandt haben und eine Arbeitsgruppe der Deutschen Bischofskonferenz sich mit dem Thema beschäftigt, möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich eine Kopie dieses Schreibens an alle Diözesanbischöfe in Deutschland senden werde. In der Hoffnung, dass wir in dieser delikaten Frage pastorale Wege gehen, die ganz mit der Glaubenslehre der Kirche übereinstimmen, verbleibe ich mit besten Grüßen und Segenswünschen im Herrn

Ihr
Gerhard L. Müller
Präfekt


Der von Kurienerzbischof Müller erwähnte Artikel ist hier nachlesbar: „Die Unauflöslichkeit der Ehe - Das Zeugnis der kirchlichen Tradition“

kathTube: EWTN-Interview mit Erzbischof Gerhard Ludwig Müller



Foto Kurienerzbischof Müller (c) Erzbistum Regensburg



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