15. November 2013 in Interview
Lohmann, Vorsitzender des Bundesverbandes Lebensrecht, übt im kath.net-Interview Kritik an EKD-Präses Irmgard Schwaetzer: Die Politikerin hat sich zumindest in der Frage des Lebensschutzes mehr als fragwürdig verhalten
Bonn (kath.net) Der katholische Publizist Martin Lohmann (Foto) übt als Vorsitzender des Bundesverbandes Lebensrecht (BVL) Kritik an Irmgard Schwaetzer, die zur Präses der EKD-Synode gewählt wurde. Schwaetzer hat maßgeblich daran mitgewirkt, den friedfertigen Lebensschützern vom BVL-Marsch für das Leben das Gebet im Berliner Dom zu verweigern. Lohmann, der auch Chefredakteur des privaten Fernsehsenders K-TV ist, geht dennoch auf Frau Schwaetzer zu und bietet ihr ein Gespräch an. KATH.NET sprach mit dem BVL-Vorsitzenden.
kath.net: Herr Lohmann, Sie äußern sich kritisch zur Wahl von Frau Schwaetzer. Sie haben da ganz persönliche negative Erfahrungen?
Martin Lohmann: Ja, leider. Mir steht es nicht zu, diese Wahl an sich zu kritisieren, aber es betrübt schon sehr, dass ausgerechnet Frau Schwaetzer nun dieses Amt innehat. Sie könnte sich auch als ein Schaden für die Ökumene erweisen, denn diese Politikerin hat sich zumindest in der Frage des Lebensschutzes, der eigentlich alle Christen und alle Menschen guten Willens selbstverständlich sein sollte, mehr als fragwürdig verhalten.
Ich halte es für hoch problematisch, wenn ausgerechnet von Christen das JA zum Leben verdunkelt wird. Diese ehemalige FDP-Politikerin hat mich und viele andere, übrigens auch Nichtchristen, erschreckend enttäuscht. Solange sie bei ihrer geradezu lebensgefährlichen Unklarheit bleibt, ist das ein tragisches Problem.
kath.net: Inwiefern?
Lohmann: Naja, als wir zum wiederholten Male wie seit Jahren auch in diesem Jahr bei der Berliner Domgemeinde anklopften, um dort im Anschluss an den Marsch für das Leben zu Gott beten zu können, bekamen wir auch in diesem Jahr wieder ein entschiedenes Njet! Dabei hatten wir auf unsere Not aufmerksam gemacht und darauf verwiesen, dass uns diesmal nicht wie in all den Jahren zuvor die katholische Hedwigskathedrale zur Verfügung stünde, weil es dort eine lange angesetzte Hochzeit gab.
Doch bei unserer Herbergssuche hat uns nicht zuletzt Frau Schwaetzer die Türen verschlossen. Menschen, die für das Leben sind und sich dafür einsetzen, dass jeder Mensch liebens- und lebenswert ist, eben auch der noch nicht geborene, wollte diese Spitzenchristin nicht im Berliner Dom sehen. Erstaunlich, erschreckend, aber leider wahr.
kath.net: Gab es für diese Hartherzigkeit denn eine Begründung?
Lohmann: Keine wirkliche. Man unterstellte den friedlichen Betern und Bekennern irgendetwas von untragbaren und frauenmissachtenden Aussagen, und man bezog sich dabei unter anderem auf meine persönlichen Aussagen zum Leben und zum Lebensschutz in diversen Fernsehsendungen, die angeblich nicht christlich gewesen seien. Einen Beweis blieb man schuldig für diese diskriminierende Behauptung.
Ich habe damals als BVL-Vorsitzender nachgefragt und geschrieben: Mit Interesse haben wir Ihre gestrige Absage zur Kenntnis genommen. Bemerkenswert ist Ihre Begründung im Blick auf meine Person. Da ich annehme, dass Sie als Christ ein toleranter und gesprächsbereiter Mensch sind, wäre ich für eine belastbare Erklärung dankbar, falls diese vorliegen sollte. Es ist zu vermuten, dass Sie Ihre Begründung nicht einfach aus der Luft gegriffen haben. Da sich meine Aussagen, auf die Sie sich offenbar beziehen, einerseits auf die Schrift (Scriptura) und andererseits auf die Überlieferung (Traditio) sowie auf Menschenrechte und Respekt wie Verantwortung stützen, bitte ich um Mitteilung, welche meiner Aussagen Sie als gelinde gesagt problematisch insbesondere zu meiner Haltung zum Schwangerschaftsabbruch bei Vergewaltigungen wie auch hinsichtlich meiner Einstellung zur Homosexualität empfinden. Ich gehe davon aus, dass Sie Ihren diesbezüglichen Verweis und Ihre Beurteilung begründen/belegen können und grüße in Erwartung Ihrer baldigen Antwort freundlich.
kath.net: Haben Sie darauf eine Antwort bekommen?
Lohmann: Selbstverständlich konnte man die abstrusen Vorwürfe nicht untermauern. Und daher gab es auch keine Antwort.
Die gemachte Behauptung war und ist schlicht und ergreifend falsch und unbegründet. Soviel zur Dialogkultur und zur Wahrhaftigkeit derjenigen, die offenbar Angst vor betenden und in jeder Weise friedfertigen wie toleranten Lebensschützern haben.
Das ist einfach nur traurig, passiert aber leider immer wieder, weil manche die Botschaft vom Leben mit den damit verbundenen Konsequenzen möglicherweise nicht zu ertragen scheinen.
kath.net: Sie haben dann draußen, vor dem Dom, gemeinsam gebetet.
Lohmann: Ja. Wir haben unseren Abschlussgottesdienst unmittelbar vor dem Berliner Dom gefeiert, denn dieser hatte seine Tore für uns Beter ja verschlossen. Ganz erstaunlich ist nun, dass Frau Schwaetzer auf Nachfrage von Kollegen die absurde Begründung, die eher eine Verleumdung ist, wiederholt und meint, wir würden das Elend der betroffenen Frauen in Konfliktsituationen nicht ausreichend berücksichtigen.
Auch das ist schlichtweg falsch, und ich empfinde solche Unwahrheiten zumindest als unchristlich. Und intolerant. Das ist bedauerlich.
Würde man sich einfach mal den Fakten stellen, würden Frau Schwaetzer und viele andere rasch erkennen müssen, dass alle ihre Vorwürfe wahrheitswidrig sind. Aber man liebt wohl eher die Gefangenschaft in Klischees als die Wahrheit.
kath.net: Was erwarten Sie denn jetzt von Frau Schwaetzer?
Lohmann: Ehrlichkeit und den Mut, sich im Sinne der christlichen Wahrhaftigkeit zu korrigieren. Ich erwarte von einer Spitzenchristin, dass sie mehr ist als eine Parteipolitikerin und sich gerade in den Kernfragen der christlichen Botschaft mutig bekennt statt diese zu verstecken. Maßstab ist kein Geringerer als Jesus Christus.
kath.net: Rechnen Sie mit einer verspäteten Antwort auf Ihre Fragen?
Lohmann: Kaum. Obwohl: Sperare contra spem, hoffen wider alle Hoffnung. Souveränität und Umkehr sollten immer wieder eine Chance haben. Bekanntlich habe ich keine Angst vor Debatten und Auseinandersetzungen, bin ein Freund einer fairen Streitkultur.
Daher lade ich Frau Schwaetzer gerne zum christlichen Gedankenaustausch ein, auf dass wir angstfrei, wahrhaftig und maßstabsgetreu über die Unantastbarkeit des Lebensrechtes eines jeden Menschen reden.
Ich hoffe, auch sie ist für ein Europa ohne Todesstrafe, also für ein Europa ohne Abtreibung und Euthanasie. Ich will die Hoffnung nicht aufgeben, dass auch in ihr ein für das Leben freier Mensch und ein das Lebensrecht schützender Geist schlummern.
Schließlich fordert sie ja zum öffentlichen Bekenntnis auf, was übrigens alle Teilnehmer des Marsches für das Leben tun. Und zwar trotz aller Widerstände und allen Hasses, der ihnen primitiverweise entgegenschlagen.
kath.net: Stimmt es, dass Sie das Gespräch mit Frau Schwaetzer suchen?
Lohmann: Ja. Ich wäre froh, wenn wir schon sehr bald gemeinsam ein klares Zeugnis für das Leben geben könnten. Ich wäre froh und dankbar, wenn man irritierende Irrtümer ausräumen könnte.
Als Christen sind wir auf Christus orientiert, nicht auf Opportunismus. Und Christus macht uns frei, ermutigt uns zum Mut. Ich schaue immer gerne nach vorne. Auch, weil ich fest daran glaube, was uns die Heilige Schrift zusagt: Die Wahrheit wird uns frei machen.
In diesem Sinne wünsche ich der neuen Präses der EKD-Synode Gottes Segen für ein wahrhaft christliches Zeugnis in einer ziemlich verwirrten Zeit. Den Verantwortlichen vorne obliegt stets die besondere Pflicht, zu entwirren und zu ermutigen. Also zum Bekenntnis zu stärken. Dazu gehört vor allem das unmissverständliche Ja zum Leben. Auch und gerade im Gebet vor und zu Gott. Und dafür sollte niemand seine Kirche, auch wenn es ein Dom ist, verschließen.
Ich lade also Frau Schwaetzer als katholischer Christ und BVL-Vorsitzender herzlich ein zum gemeinsamen öffentlichen und ökumenisch stark sichtbaren Gebet für das Leben und den Lebensschutz.
Marsch für das Leben 2013 in Berlin (by AIAC-Gebete für das Leben)
Martin Lohmann diskutierte im Presseclub mit - ´Wasser für den Papst, Schampus für den Bischof´ - Presseclub vom 13.10.2013
Foto (c) Martin Lohmann
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