Die verwirrenden Thesen des Markus Büchel

5. Februar 2014 in Schweiz


Der Vorsitzende der Schweizer Bischofskonferenz hat seine Thesen zur Pastoralumfrage zu Ehe und Familie veröffentlicht. Die Untersuchung ließ Büchel ausgerechnet vom Gender-Ideologen Arnd Bünker durchführen. Ein Kommentar von Johannes Graf


Freiburg i. Ü. (kath.net/jg)
Das Verwirrspiel um den von der Schweizer Bischofskonferenz (SBK) herausgegebenen Fragebogen zu Ehe und Familie ist um eine Facette reicher, seit sich SBK-Vorsitzender Bischof Markus Büchel mit „Zusammenfassenden Thesen“ zur Umfrage zu Wort gemeldet hat. Kath.net hat über das Vorgehen der SBK bereits berichtet.

Büchels Thesen sind schwammig formuliert und lassen viel Interpretationsspielraum. Die Tendenz geht jedoch eindeutig in Richtung der im zitierten Artikel geäußerten Befürchtungen. Offenbar geht es darum, die Lehre der Kirche an die gesellschaftliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte anzugleichen.

In der Pastoral scheint man diesen Schritt schon gemacht zu haben. „Die Praxis der Seelsorge ist weiter, barmherziger und einladender als die offizielle Doktrin der Kirche“, lautet eine der Büchelschen Thesen im Zusammenhang mit den „wiederverheirateten Geschiedenen“. Dies gelte nicht nur für die Schweiz und Europa, ist der Bischof überzeugt. Die Synode solle nun „endlich“ eine „kirchenoffizielle Grundlage für die bestehende und bewährte Praxis finden“ fordert er.

Büchel trennt die Lehre der Kirche von der pastoralen Praxis der Kirche in der Schweiz. Letztere bezeichnet er als „bewährt“, die Doktrin hingegen sei enger, weniger barmherzig und einladend. Unter diesen Voraussetzungen ist es nahe liegend, die Anpassung der Lehre an die Praxis zu fordern. Doch stimmen die Voraussetzungen? Ist es wirklich ein Akt der Barmherzigkeit, den Menschen nicht zu sagen, was Sünde ist? Wem ist geholfen, wenn man die Unauflöslichkeit der Ehe qua pastoraler Praxis ignoriert? Was heißt es, Menschen zum Empfang der heiligen Eucharistie einzuladen, die nicht im Stand der Gnade sind? Tut man ihnen damit etwas Gutes? Bringt man sie so näher zu Gott?

Ebenso fragwürdig sind die Thesen zu gleichgeschlechtlichen Partnerschaften. „Die kirchliche Klärung gegenüber den Anliegen gleichgeschlechtlich liebender Menschen wird wohl noch eine längere Zeit in Anspruch nehmen“, schreibt Büchel. Leider verrät der Bischof nicht, welche Anliegen er meint. Um die Segnung homosexueller Partnerschaften, die im Fragenbogen des SPI thematisiert wurde, kann es jedenfalls nicht gehen. Dieses „Anliegen“ ist geklärt. Eine Segnung kann es nicht geben. Die SBK werde „nach Wegen suchen, die in dieser spannungsvollen Situation gegangen werden können“. Was damit konkret gemeint ist, lässt Büchel unbeantwortet. Es ist zu hoffen, dass sich die Kirche in der Schweiz an den Vorgaben der Kirche orientiert. Nach der Bewertung der kirchlichen Lehre im Zusammenhang mit den zivilrechtlich wiederverheirateten Geschiedenen muss man das allerdings bezweifeln.

Vielleicht spielt Arnd Bünker, der Leiter des SPI, hier eine Rolle. Sein Institut hat die Befragung im Auftrag der SBK durchgeführt. Bünker ist promovierter Theologe und leitet das SPI seit 2009.

Als Forschungsschwerpunkt gibt er unter anderem „Theologie und Gendertheorie“ an. Das „Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW“ in Essen führt ihn als „Gender-Experten“ im Fach Theologie. Bünker ist auch Mitglied im „Netzwerk Geschlechterbewusste Theologie“. Dieser Mann ist für die Erarbeitung der Grundlagen für die pastorale Planung und Praxis der katholischen Kirche in der Schweiz zuständig.

Die Thesen zu den „Fragen der Zeit“ könnten ebenfalls von Bünker beeinflusst sein. Unter anderem schreibt Bischof Büchel, die Kirche könne sich den Fragen der wissenschaftlichen Debatte über Geschlechterrollen (Gender) nicht einfach „entziehen oder dies Anfragen durch unredliche Vereinfachungen verunglimpfen“. Ist das als Spitze gegen seinen Mitbruder Bischof Huonder zu verstehen, der sich klar gegen die Gender-Theorie ausgesprochen hat und damit die Position der Kirche vertritt? Auch die Bischöfe Polens und der Slowakei haben erst kürzlich die Gender-Theorie scharf kritisiert.

In seinem Fazit schreibt Bischof Büchel, es gehe nicht darum, „einfach die Lehre zu ändern bzw. billig einer demografischen Mehrheitsmeinung anzupassen“. Das ist wenig glaubwürdig, wenn man sich zum Beispiel die Thesen zu den wiederverheirateten Geschiedenen ansieht.

Man müsse zwischen „grundlegenden Idealen“ und „zeitbedingten Aspekten“ der Lehre unterscheiden, schreibt Büchel weiter. Erstere müssten beibehalten werden, Menschen gingen aber „Umwege“ und „Sackgassen“. Diese dürften nicht dazu führen, dass die Kirche die Betroffenen „allein lässt, ihnen neue Perspektiven verbaut und das Gespräch mit ihnen abbricht“.

Dieser Vorwurf wird oft gegen die Kirche erhoben. Bemerkenswert ist, dass es auch ein Bischof offenbar nicht besser weiß. Die Kirche lässt niemanden allein, auch jene nicht, die sich in Umwege und Sackgassen verlaufen. Sie zeigt den Menschen den Weg zum Heil. Dieser Weg ist von Gott vorgezeichnet und kann von der Kirche nicht beliebig verändert und gesellschaftlichen Trends angepasst werden. Das gilt in besonderer Weise für die Sakramente.

Es kann natürlich sein, dass die Menschen den von Gott gezeichneten Weg nicht gehen wollen. Dann sind aber sie es, die das Gespräch beenden. Es kann aber auch sein, dass die Menschen den Weg zum Heil nicht gehen wollen, weil ihnen niemand diesen Weg gezeigt hat und sie darauf begleitet. Auch dieses Ergebnis kann man aus der Pastoralumfrage und Büchels Thesen zur „weiten, barmherzigen und einladenden“ Seelsorgepraxis ableiten. Dafür ist Markus Büchel als Bischof und Vorsitzender der SBK mit verantwortlich.

Kontakt Markus Büchel: [email protected]




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