Justizminister stoppt alternativen Jugendstrafvollzug der Kirche

6. Februar 2014 in Deutschland


Nach den Angaben besteht Verdacht gegen einen Sozialarbeiter, drei jugendlichen oder jungen erwachsenen Strafgefangenen an einem Weihnachtstag 2013 einen Bordellbesuch in Düsseldorf ermöglicht zu haben


Düsseldorf (kath.net/KNA) Der nordrhein-westfälische Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) hat den alternativen Jugendstrafvollzug im Dormagener Raphaelshaus gestoppt. Das Modellprojekt «Jugendstrafvollzug in freien Formen» in dem von einem katholischen Erziehungsverein getragenen Haus sei nach erheblichen Pflichtverletzungen eines Sozialpädagogen beendet worden, teilte das Justizministerium am Mittwoch in Düsseldorf mit.

Nach den Angaben besteht gegen den Pädagogen der Verdacht, drei jugendlichen oder jungen erwachsenen Strafgefangenen an einem Weihnachtstag 2013 einen Bordellbesuch in Düsseldorf ermöglicht zu haben. Zudem soll er sich in der Silvesternacht mit Teilnehmern des Projekts betrunken haben und mit ihnen verspätet zurückgekehrt sein. Nachdem diese Verdachtsfälle bekanntgeworden seien, habe der Mitarbeiter sofort fristlos gekündigt. Das Raphaelshaus wolle gegen ihn Strafanzeige erstatten.

Die Einrichtung hatte der Fachabteilung des Justizministeriums Ende Januar Gesprächsbedarf über das Fehlverhalten eines Mitarbeiters signalisiert, wie es hieß. Diese Besprechung habe am Montag stattgefunden. Dabei habe die Justiz erstmals Details erfahren. Daraufhin sei entschieden worden, die fünf derzeitigen Teilnehmer des Projekts zur Sachverhaltsaufklärung vorläufig in die Justizvollzugsanstalt Wuppertal-Ronsdorf zu verlegen. Nach Mitteilung der Entscheidung sei ein 16-Jähriger geflohen.

Das am 1. August 2012 gestartete und auf drei Jahre angelegte Projekt setzt auf pädagogische Betreuung für Straftäter unter 21 Jahren in einer Jugendhilfeeinrichtung statt auf den Vollzug in einer Haftanstalt. Das Raphaelshaus, das im Umgang mit straffälligen Jugendlichen Erfahrung hat, wurde für das Modellprojekt ausgewählt und bietet eine Kapazität von sieben Plätzen. Kurz nach dem Start des Projekts geriet es in die Schlagzeilen, weil drei Häftlinge flohen. Alle im Landtag vertretenen Fraktionen hatten sich aber damals darauf verständigt, das Modellprojekt fortzuführen.

«Dieses breite Vertrauen ist durch die Verdachtsfälle grundlegend erschüttert», begründete Kutschaty seine Entscheidung. Er informierte nach den Angaben die Rechtsexperten der Landtagsfraktionen persönlich über den Fall.

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