Moskauer Patriarch Kyrill übt scharfe EU-Kritik

14. Februar 2014 in Weltkirche


Westeuropäische Wertmaßstäbe würden "gegen den Willen des Volkes" auf osteuropäische Länder übertragen - Enges russisch-mazedonisches Verhältnis beschworen


Wien-Moskau (kath.net/KAP) Mit einer scharfen Kritik an der Europäischen Union und der Brüsseler Grundrechte-Politik hat der Moskauer russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill (Foto) aufhorchen lassen. Das traditionelle Verständnis von Familie als Verbindung eines Mannes und einer Frau werde zunehmend in Frage gestellt, "die Institution der Ehe wird zerstört", zitiert die Stiftung "Pro Oriente" am Donnerstag den Patriarchen. Die Sorge um die Familie, aber auch um den Fortbestand christlicher Werte werde von einem Großteil der Europäer - im Gegensatz zur politischen Elite - geteilt, so Kyrill. Der Patriarch äußerte sich im Rahmen eines Empfangs für den mazedonischen Staatspräsidenten Georgij Ivanov in den kirchlichen Kreml-Repräsentationsräumen.

Laut Kyrill werde von der EU auf exjugoslawische bzw. orthodoxe Staaten Druck ausgeübt werde, Vorstellungen des westeuropäischen Establishments zu übernehmen. "Gegen den Willen des Volkes" habe es etwa Homosexuellen-Paraden in Slowenien und Kroatien gegeben. Der Europäische Menschenrechts-Gerichtshof (EGMR) wiederum habe kritisiert, dass es in Griechenland keine Regelung für "Homo-Ehen" gebe. Der EGMR erkenne darin einen Widerspruch zur Europäischen Menschenrechts-Konvention.

Sorge bereite weiters die Ausbreitung der Euthanasie-Gesetzgebung in westeuropäischen Ländern, sagte der Patriarch; in Belgien plane man die Einführung von "Euthanasie für Kinder". Doch "einziges Gesetz des Lebens" dürfe "das moralische Gesetz, das Gott der menschlichen Natur eingeschrieben hat", sein.

Daneben äußerte sich Kyrill außerdem zur innerorthodoxen Auseinandersetzung rund um den Status der mazedonisch-orthodoxen Kirche. Die mazedonisch-orthodoxe Kirche hatte sich 1967 mit Hilfe des damaligen kommunistischen Regimes vom Belgrader Patriarchat gelöst und einseitig ihre Autokephalie (Selbstständigkeit) proklamiert. Dieser Schritt wird von der Weltorthodoxie nicht anerkannt.

Kyrill I. sagte, die Wiederherstellung einer dem Kirchenrecht entsprechenden Situation der mazedonisch-orthodoxen Kirche werde ein "wesentlicher Faktor" für die Bewahrung der "nationalen, kulturellen und religiösen Identität" des Landes sein. Daher sei es wichtig, dieses Problem durch einen "brüderlichen Dialog mit der serbisch-orthodoxen Kirche" zu lösen.

Ausdrücklich betonte der Moskauer Patriarch, dass Russland und das slawische Mazedonien auf Grund der Tätigkeit der Slawenapostel Cyrill und Method eine "gemeinsame Geschichte" haben. Die Stadt Ochrid, von wo das russische Volk seine ersten Bücher in slawischer Sprache empfangen habe, sei ein "intellektuelles Jerusalem für alle Slawen" gewesen. Für die russisch-orthodoxe Kirche sei Mazedonien unauslöschlich mit den Großtaten des Heiligen Cyrill und dem gemeinsamen spirituellen und kulturellen Erbe verbunden.

Auch in der Vergangenheit habe Russland immer getrachtet, das mazedonische Volk und seine heiligen Stätten - die für die ganze orthodoxe Welt von Bedeutung seien - zu verteidigen. Für den vorrevolutionären russischen Staat sei die Unterstützung der orthodoxen Brudervölker immer eine hohe Priorität in seiner Außenpolitik gewesen.

Heute - so Kyrill - seien in den bilateralen Beziehungen Moskau-Skopje auch die Pilgerfahrten von russischen Gläubigen nach Mazedonien und von mazedonischen Gläubigen nach Russland von großer Bedeutung. Zudem bilde auch die Gemeinde der Nachfahren der russischen Flüchtlinge, die nach der Oktoberrevolution nach Mazedonien kamen, eine Brücke zwischen den beiden Ländern.



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