28. Februar 2014 in Weltkirche
Erzbischof Georg Gänswein zum Rücktritt von Benedikt XVI., Franziskus und zum Fragenkatalog des Vatikans. Achtung UPDATE und Ausweitung des Interviews 14.00 Uhr
München (kath.net)
Der emeritierte Papst Benedikt XVI. hat nach Angaben seines früheren Privatsekretärs Georg Gänswein schon 2012 den Entschluss zum Rücktritt gefasst. Dies teilte Erzbischof Georg Gänswein jetzt gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" mit. Die Entscheidung sei nach einer strapaziösen Reise im März 2012 nach Mexiko und Kuba gefallen, erklärt Gänswein. Nach dieser Reise habe der Leibarzt Benedikt gewarnt, einen erneuten Flug über den Atlantik werde er nicht überstehen. Ursprünglich habe der Papst seinen Entschluss nicht erst im Februar 2013, sondern bereits im Dezember 2012 bekanntgeben wollen. Gänswein selbst meinte damals laut eigenen Angaben spontan: "Nein, Heiliger Vater, das dürfen Sie nicht!" Ihm sei aber sofort klar geworden: "Er teilt nicht etwas mit, um eine Entscheidung zu finden, sondern er teilt eine getroffene Entscheidung mit."
Wörtlich meinte Gänswein: "Er habe seinen Schritt, meinte er mir gegenüber, 'lange genug bedacht und mit dem Herrn besprochen. Und ich sehe jeden Tag, dass es richtig war.' Er sei sich sicher gewesen, 'dass meine Stunde vorbei war, und dass das, was ich geben konnte, gegeben ist'". Der Privatsekretär von Benedikt XVI. erzählte dann auch, dass er einer von vier Personen war, die in dieses Geheimnis eingeweiht waren. "Als mir der Papst eröffnete, was er vorhat, verpflichtete er mich, es unter dem Siegel der päpstlichen Verschwiegenheit zu halten. Sie können sich vorstellen, dass es nicht leicht war, und es gab Situationen, da hätte es mich wirklich fast innerlich zerrissen."
Gänswein betonte auch, dass die Entscheidung laut Benedikt XVI. mit "Vatileaks" nichts zu tun hatte. Es habe weder »ein Zurückweichen unter einem Druck, noch eine Flucht vor einem Nichtmehrkönnen« gegeben.
In in dem Interview erklärte Gänswein dann auch, dass Franziskus "eine religiöse Musikalität" mitbringe, die wir in Europa offensichtlich erst wieder lernen müssen. Dies könne uns nur gut guttun. "Guttut auch zu erkennen, dass so manche Lieblingsthemen, die wir als vordringlich ansehen, in Wirklichkeit lediglich Randthemen sind." Dass die beiden Päpste von manchen gegeneinander ausgespielt werden, hält Gänswein für "schlicht primitiv". Auf die Frage, ob Franziskus nicht schöngeredet werde, meinte der Erzbischof wörtlich: "Wir machen uns einen Papst, wie wir ihn haben möchten? Das Hauptmerkmal, das gegenwärtig in der öffentlichen Wahrnehmung die Gestalt von Papst Franziskus kennzeichnet, ist Begeisterung, ja Enthusiasmus. Wird aber denn auch alles, was er sagt, so wahrgenommen? Mein Eindruck ist vielmehr der, dass allerlei eigene Interpretation in seine Worte hineingelegt werden. Alle meinen, ihn für sich beanspruchen zu können. Es muss natürlich der Tag kommen, an dem sich die Spreu vom Weizen scheidet."
Gänswein übt dann auch sanfte Kritik an deutschen Bischöfen, die Franziskus gerne zujubeln. "Schön, dass sie jubeln, aber nur jubeln reicht nicht. Dem Jubel mutig Taten folgen zu lassen, das wäre die richtige und überzeugendeA ntwort." Auf die Frage, woran Gänswein, hier denke, erklärte der Erzbischof dann: "Darf ich es provokativ sagen? Die berühmte Forderung nach Entweltlichung, die Papst Benedikt in seiner Freiburger Rede erhoben hat, die dann aber mit wahren Interpretationspiouretten entsorgt werden sollte, diese
Forderung löst Papst Franziskus auf ganz unspektakuläre Weise Schritt für Schritt ein. Haben Sie deswegen von irgendjemandem einen Aufschrei gehört, wie damals nach der Rede Benedikts?"
Auch zum umstrittenen Fragenkatalog zur Akzeptanz der katholischen Morallehre bei Katholiken nahm Gänswein Stellung. Die Umfrage sei kein "Zwangsmittel, um bestimmte Vorstellungen" durchzuboxen. Papst Franziskus sehe sich hier einem hohen Erwartungsdruck ausgesetzt. Dazu tragen laut Gänswein "leider auch manche Indiskretionen" bei. "Werden die Erwartungen nicht erfüllt, kann sich das Blatt schnell wenden.
Abschließend nahm der Präfekt nochmals zu Benedikt XVI. Stellung. Seine Botschaft, die er mit dem Rücktritt auch ausdrückte sei auch dahingehend zu verstehen, dass die Kirche "nicht nur mit Entscheidungen regiert, sondern auch mit und durch das Gebet." "In seinem letzten Lebensabschnitt als »irdischer Pilger« so hat sich Papst Benedikt bei seiner Abschiedsansprache in Castel Gandolfo selbst bezeichnet will er die Kirche und seinen Nachfolger im Gebet begleiten und stützen.
Benedikt XVI. lebt heute zurückgezogen im Vatikan, vergangenen Samstag war er aber in der ersten Reihe zugegen, als sein Nachfolger Franziskus 19 Geistlichen die Kardinalswürde verlieh. In einigen Medien waren daraufhin Spekulationen über eine mögliche Machtteilung im Vatikan zwischen ihm und Franziskus aufgetaucht. Benedikt wies derlei Spekulationen aber umgehend als "schlicht absurd" zurück.
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