Die starke Hand von Papst Franziskus

10. März 2014 in Aktuelles


Wenn sich der Bischof entschlossen vor seinen Klerus stellt und der Papst zu einer Entscheidung drängt, damit Unrecht als Unrecht erkannt und benannt wird. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) „Waren Priester Kunden minderjähriger männlicher Prostituierter?“: so titulierten Agenturen im Juni 2013. Nach italienischen Medienberichten hatte die Staatsanwaltschaft gegen einen mutmaßlichen Prostitutionsring ermittelt, der katholischen Priestern Minderjährige zugeführt haben soll.

Was war geschehen?

Der wegen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen verurteilte ehemalige römische Pfarrer Patrizio Poggi hatte im März 2013 in einer Anzeige behauptet, dass sich rund zehn Priester des Bistums regelmäßig mit minderjährigen männlichen Prostituierten getroffen haben sollen. Laut Zeitungsberichten sollte ein ehemaliger Polizist die Treffen organisiert haben. Unter den von dem Ex-Priester Poggi genannten Geistlichen seien einfache Pfarrer, aber auch ranghohe Prälaten gewesen.

Zu den Carabinieri wurde Poggi von seinem Freund Msgr. Luca Lorusso begleitet. Lorusso ist Offizial und die „Nummer 2“ der Vatikanbotschaft bei der Republik Italien. Der ranghohe Diplomat, der schon vorher der Anwalt Poggis in seinem kanonischen Prozess bei der Glaubenskongregation zur Wiederaufnahme in den priesterlichen Dienst gewesen war, beglaubigte vor den Carabinieri die Anschuldigungen Poggis und unterstützte das Anliegen seines Klienten.

Bereits im Juni hatte der Vikar des Papstes für das Bistum Rom, Agostino Kardinal Vallini, seine Priester entschlossen verteidigt und die Vermutung geäußert, Poggi verbreite aus Rache oder persönlichen Ressentiments heraus die Unwahrheit. Zugleich verurteilte der Kardinal die Berichterstattung, die den journalistischen Redlichkeitskriterien nicht gerecht werde und jede Objektivität vermissen lasse: „Es geht darum, die Kirche und ihre Diener zu diskreditieren“, so Vallini.

Was später in den Medien kein oder begrenztes Echo gefunden hat, waren die Ergebnisse der polizeilichen Ermittlungen. Diese ergaben, dass die Anschuldigungen des Ex-Priesters Teil eines „schmutzigen Komplotts“ gewesen seien. Poggi wurde verhaftet. Doch wie es bei Schmutzkampagnen immer der Fall ist: die grundlos Beschuldigten hatten schwere Zeiten durchmachen müssen. Der in den Fall verwickelte Vatikandiplomat Lorusso schien „aus dem Schneider“ zu sein. Bis zum 6. März 2014, dem Tag der Begegnung von Papst Franziskus mit dem Klerus seines Bistums.

Unmittelbar vor Beginn seiner Ansprache an die Priester erklärte der Papst, dass ihn die Geschichte der falschen Anschuldigungen gegenüber Mitgliedern des römischen Presbyteriums sehr betroffen gemacht habe und er den Schmerz einiger der Priester teile: „Ich habe mit einigen von euch, die beschuldigt wurden, gesprochen, und ich habe den Schmerz gesehen, den diese ungerechten Wunden verursacht haben, ein Wahnsinn, und ich will öffentlich sagen, dass ich dem Presbyterium nahe stehe, denn: hier geht es nicht nur um sieben, acht oder fünfzehn Beschuldigte: es geht um das ganze Presbyterium“.

„Ich möchte euch um Entschuldigung bitten“, so Franziskus weiter, „dies nicht so sehr als euer Bischof als vielmehr als der Verantwortliche für den diplomatischen Dienst, als Papst, denn einer der Ankläger gehört zum diplomatischen Dienst. Aber das ist nicht vergessen worden, das Problem wird untersucht, damit diese Person entfernt wird. Man ist dabei, den Weg zu suchen, es handelt sich um einen Akt schweren Unrechts, und dafür bitte ich euch um Entschuldigung“.

Erneut wurde deutlich: der Papst vergisst nichts, auch wenn etwas aus dem Scheinwerferlicht der Medien gerutscht ist. Und – wie die überraschten Gesichter von Hunderten von Bischöfen und Priestern in der Audienzaula „Paolo VI“ zeigten: sein Klerus dankt es dem Bischof und Papst. Unrecht wird benannt, die verantwortlichen Personen werden zur Rechenschaft gezogen. Wie sein Vorgänger ist Franziskus ein Papst der „Reinigung“, der es nicht dabei belässt, den Schmutz nur festzustellen.


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