Wofür die Gregoriana einmal stand

15. Mai 2014 in Aktuelles


El Jesuita. Den heiligen Ignatius in Papst Franziskus verstehen. Der mittelmäßige, im Narzissmus versunkene Theologe und Denker ist Ausdruck einer kirchlichen Krankheit, die sehr schadet: Er ist abstoßend. Von Armin Schwibach (VATICAN magazin)


Rom (kath.net/as/VATICAN magazin) Am 18. Februar 1551 legte Ignatius von Loyola den Grundstein für die später so genannte Päpstliche Universität Gregoriana. Der Heilige mietete unweit seiner ersten römischen Wohnstatt ein Haus am Abhang des Kapitolhügels an der heutigen Piazza d’Aracoeli und eröffnete eine „Schule für Grammatik, humanitas und christliche Lehre“. Diese erste Schule des noch jungen Ordens trug gut elf Jahre nach dessen Gründung im Jahr 1540 den Namen „Collegio Romano“. Die Schule konnte sofort einen rapiden Anstieg der Studenten verzeichnen, so dass das Institut noch im selben Jahr umsiedeln musste. Zwei Jahre später verzeichnete das „Collegio Romano“ bereits über 250 Alumnen.

Im Jahr 1556 gewährte Papst Paul IV. die Möglichkeit, akademische Titel in Philosophie und Theologie zu verleihen, und erhob damit das „Collegio Romano“ zur Universität. 1581 stiftete Papst Gregor XIII. dem Kolleg ein neues großes Gebäude, das am 28. Oktober 1584 eingeweiht wurde. Damit wurde der Papst zum „Gründer und Protektor“ des ursprünglichen Instituts, das fortan „Gregorianisches Erzgymnasium und Universität Gregoriana“ hieß. Die Gregoriana und der Jesuitenorden sind damit – zusammen mit dem 1552 von Papst Julius II. mit der Bulle „Dum sollicita“ gegründeten Päpstliche Kolleg Germanicum (später: et Hungaricum) – zutiefst miteinander verbunden und demselben Ansinnen unterstellt: „unter dem Banner des Kreuzes für Gott zu streiten und allein dem Herrn und der Kirche, seiner Braut, unter dem Papst, dem Stellvertreter Christi auf Erden, zu dienen“ (Formula Instituti, 1; vgl. Paul III., Gründungsbulle der Gesellschaft Jesu „Regimini militantis ecclesiae“ vom 27. September 1540). Die Universität wurde zu einer der Pfeilspitzen der Reformen nach dem Konzil von Trient (1545-1563) und gelangte – vermittelt vor allem durch das Germanicum – für den von der protestantischen Reformation betroffenen deutschsprachigen Raum zu großer Bedeutung.

Am 10. April 2014 empfing Papst Franziskus die Universitätsgemeinschaft der Gregoriana in Audienz. Dem Geist des heiligen Ignatius entsprechend betonte der Papst drei wesentliche Elemente für den Dozenten und Studenten der Gregoriana. Franziskus hob zuerst die Bedeutung der besonderen „romanitas“ hervor, den Ort „Rom“ und dessen Kirche mit deren Wurzeln des katholischen Glaubens: den Gedenkstätten der Apostel und der Märtyrer. Das sei das „Heute“ der Kirche und dieser Kirche, „die den Vorsitz in der Liebe, im Dienst an der Einheit und an der Universalität führt“. Dieser Aspekt verbinde sich mit dem der Verschiedenheit der anderen Kirchen, was zur besonderen „Dialektik zwischen Zentrum und Peripherie“ führe: das ignatianische „von der Peripherie ins Zentrum“, um in die Peripherie zurückzukehren.

Für den Papst ist es dann besonders wichtig, die organische Beziehung zwischen Studium und geistlichem Leben zu fördern. Je kirchlicher das Studium, je solider und harmonischer die Beziehung zwischen Studium und Gebet sei, umso fruchtbarer werde der künftige Einsatz. Wissensvermittlung besteht für den Papst nicht in der Anhäufung von unverbundenen Kenntnissen. Sie bedarf „einer wahren Hermeneutik im Einklang mit den Evangelium: Keine Synthese ist nötig, sondern eine geistige Atmosphäre der Suche und der Gewissheit, gegründet auf die Wahrheiten der Vernunft und des Glaubens“.

Der Philosoph und Theologe ist für Franziskus ein Mensch offenen Geistes, der seine Wissenschaft auf Knien betreibt. „Der Theologe, der sich an seinem vollständigen und abgeschlossenen Denken ergötzt“, so der Papst, „ist mittelmäßig. Der gute Theologe und Philosoph hat ein offenes Denken, das heißt es ist nicht abgeschlossen, immer offen für das ‚maius’ Gottes und der Wahrheit, immer in Entwicklung begriffen.“ Ein Theologe, der nicht bete und Gott nicht anbete, „versinkt schließlich im abstoßendsten Narzissmus. Und das ist eine kirchliche Krankheit. Er schadet sehr, der Narzissmus der Theologen, der Denker; er ist abstoßend“.

Der Gründerabsicht des Ignatius folgend, aus der sich in den Jahrhunderten die besondere Charakteristik der Jesuitenausbildung entwickelt hatte, unterstrich der Jesuitenpapst zum Schluss, dass der Zweck des Studiums an einer päpstlichen Universität ein kirchlicher sei. Akademisches Leben müsse in das persönliche und gemeinschaftliche Leben integriert werden, „im Einklang mit dem missionarischen Einsatz, mit der Nächstenliebe und dem Teilen mit den Armen, mit der Pflege des inneren Lebens in der Beziehung zum Herrn“. Fehle dies nämlich, dann werde man zu einem „Intellektuellen ohne Talent, zu einem Ethikspezialist ohne Güte und zu einem Denker, dem der Glanz der Schönheit fehlt und der nur mit Formalismen ‚geschminkt’ ist“.

Wie sollte man sich bei diesen Worten nicht an die Gemälde am Hochaltar der Kirche „Sant’Ignazio“ mit wichtigen Stationen der Berufung und der ersten Zeit der Gesellschaft Jesu erinnert fühlen? „Romae vobis propitius ero“ – in Rom werde ich euch gewogen sein, lautete die Verheißung von La Storta. Und von Rom aus, mit dem Herzen der „romanitas“, das in einer baskischen Brust schlug, nahm die katholische Moderne ihren Anfang.

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