13. Mai 2014 in Kommentar
Weil ein Travestiekünstler den Eurovision Song Contest gewonnen hat, feiert die Medienöffentlichkeit Europas Toleranz. Ein Kommentar von Moritz Breckner (Christliches Medienmagazin pro)
Wetzlar (kath.net/Christliches Medienmagazin pro) Das Lied von Conchita Wurst war gut und hat eine hohe Platzierung verdient. Das ist unbestritten. Allerdings liegt die Vermutung nahe, dass der als bärtige Frau verkleidete Österreicher Thomas Neuwirth den ersten Platz auch wegen seines queeren Statements erreicht hat - mit Anzug und Krawatte statt Abendkleid und Lidschatten wäre der Erfolg vermutlich geringer ausgefallen. Er oder sie passt zum Zeitgeist und verkörpert die nach vielfacher Auffassung verschwimmenden Geschlechtergrenzen. Außerdem ist die Schwulen-Community unter den ESC-Fans stark vertreten, und Wurst hat sich selbst zur Aktivistin erklärt, die etwas verändern möchte.
Und schließlich sind es die Medien, die den Fokus auf die sexuelle Identität Wursts legen. Moderatoren und Journalisten, die das Ereignis begleitet haben, sind sich einig: Es sei toll, dass Europa endlich so weit sei, heißt es da. Mit dem ersten Platz für Conchita Wurst sei ein Zeichen gesetzt worden. Dass 1998 die transsexuelle Israelin Dana International gewonnen hat, scheint die Öffentlichkeit bereits vergessen zu haben.
Überhaupt war dieser 59. Eurovision Song Contest politisch aufgeladen. Die mehr als 10.000 Fans im Saal feierten ausgelassen ihre Toleranz mit Conchita Wurst, ließen es sich aber gleichzeitig nicht nehmen, zwei 17-jährige Mädchen mehrfach auszubuhen. Das Vergehen der Teenager: Sie hatten das Pech, aus Wladimir Putins Russland zu stammen. Während die sexuelle Identität für die Toleranzfraktion Wurst ist, scheint die Herkunft eines Menschen eine wichtige Rolle zu spielen. Das ist pure Heuchelei.
ZDF-Zuschauerin vor laufender Kamera gerüffelt
Exemplarisch für die Reaktionen auf den diesjährigen ESC ist eine Begebenheit, die sich am Morgen danach im ZDF-Fernsehgarten zugetragen hat. Moderatorin Andrea Kiewel befragte Zuschauer aus dem Publikum, wie ihnen denn die bärtige Frau gefallen habe. Als eine Frau Anfang 20 antwortete, sie habe den Anblick als ein wenig verstörend empfunden, verzog Kiewel das Gesicht und belehrte sie mit bebender Stimme: Ich erkläre das nochmal: Das ist ein homosexueller Mann, der sich als Frau verkleidet. Das finde ICH im Jahr 2014 NICHT verstörend.
Jetzt sagt uns das öffentlich-rechtliche Fernsehen nicht nur, wie wir zu denken haben, sondern rüffelt uns auch, wenn wir falsch fühlen. Ideale Karrierebedingungen für Conchita Wurst. Von dem Österreicher beziehungsweise der Österreicherin werden wir noch einiges hören - wer das nicht mag, bekommt die Intoleranz der Toleranten zu spüren.
Photo Conchita Wurst © wikipedia/Albin Olsson, License: CC-BY-SA-3.0
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