16. Mai 2014 in Aktuelles
Linzer Kinder- und Jugendpsychiater Michael Merl übt scharfe Kritik an den Plakaten des Life Balls: "Im Sinne eines achtsamen und toleranten Umgangs miteinander sollte das Plakat aus dem Straßenbild verschwinden!"
Linz (kath.net)
Der bekannte Linzer Mediziner, Primarius Michael J. Merl, Leiter der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie Landes-Frauen- und Kinderklinik Linz hat sich jetzt mit einem Offenen Brief an die Veranstalter des umstrittenen Life Balls gewandt. Kath.net dokumentiert den Brief im WORTLAUT:
S.g. Hr. Keszler !
Das Plakatsujet des Lifeball 2014 macht mich betroffen und nachdenklich. Als Kinder- und Jugendpsychiater habe ich täglich mit Kindern und Jugendlichen zu tun, die die Grenzen der Intimität nicht kennen und die oft nicht verstehen, was der Unterschied zwischen Sexualität ohne Liebe und Sexualität in einer Liebesbeziehung ist.
Das Sich-Entblößen vor anderen ist Teil dieses Nichterkennens von Grenzen. Viele Kinder, Jugendliche und ich denke auch Erwachsene leiden darunter, dass andere diese Grenzen des Schamgefühls oder der Intimität nicht respektieren.
Täglich arbeiten meine MitarbeiterInnen und ich daran, das jungen Menschen zu vermitteln oder wieder herzustellen, was zerstört wurde. Dieses Plakat ist respektlos v.a. den Schwächsten der Gesellschaft gegenüber. Durch Conchita Wursts Triumph haben wir gehört, dass Toleranz dort endet, wo jemand anderer Schaden nimmt oder nehmen könnte.
Viele Kinder und Jugendliche haben durch ihre Lebenserfahrung nicht die Distanz und Reflexionsfähigkeit, um mit derart expliziter Kunst umzugehen. Sie würden definitiv Schaden nehmen. Die Entblößung vor anderen in der Öffentlichkeit als Instrument einer falsch verstandenen Toleranz darf nicht die notwendige Achtsamkeit im gesellschaftlichen Umgang außer Kraft setzen. Und Toleranz darf nicht auf die Freiheit der sexuellen Orientierung reduziert werden.
Toleranz brauchen unsere Kinder und besonders die, die es nicht so gut im Leben hatten. Toleranz brauchen auch kranke, verzweifelte Menschen, was immer auch ihr Unglück verursacht haben mag. Im Sinne eines achtsamen und toleranten Umgangs miteinander sollte das Plakat aus dem Straßenbild verschwinden!
Prim. Dr. Michael J. Merl
Abt. f. Kinder- u. Jugendpsychiatrie Landes-Frauen- u. Kinderklinik Linz
Facebook: Aktionsgruppe gegen den Life Ball
Foto: (c) privat
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