Franziskus weist Pauschalkritik an Pius XII. zurück

13. Juni 2014 in Aktuelles


Man habe dem «armen Pius XII.» alles Mögliche vorgeworfen. Es dürfe jedoch nicht vergessen werden, dass dieser Papst «früher einmal als der große Verteidiger der Juden» gegolten habe


Barcelona (kath.net/KNA) Papst Franziskus hat pauschale Kritik am Handeln von Pius XII. (1939-1958) während des Holocaust zurückgewiesen. Die Frage, ob schweigen oder nicht schweigen besser gewesen sei, um die Ermordung weiterer Juden zu verhindern, müsse stets vor dem Hintergrund der Epoche betrachtet werden, sagte der Papst in einem Interview der spanischen Tageszeitung «La Vanguardia» (Freitag). Man habe dem «armen Pius XII.» alles Mögliche vorgeworfen. Es dürfe jedoch nicht vergessen werden, dass dieser Papst «früher einmal als der große Verteidiger der Juden» gegolten habe, so Franziskus.

«Ich will damit nicht sagen, dass Pius XII. keine Irrtümer begangen hätte - ich selbst begehe auch viele», sagte der Papst weiter. Ihn ärgere es jedoch, wenn er sehe, «wie alle gegen die Kirche und Pius XII. sprechen und dabei die Großmächte ganz vergessen». Ebenso müsse zur Sprache kommen, dass die Alliierten die Eisenbahnstrecken, auf denen die Juden in die Vernichtungslager transportiert worden seien, nicht bombardiert hätten, obwohl deren Verlauf genau bekanntgewesen sei.

Franziskus verwies darauf, dass allein in der päpstlichen Sommerresidenz in Castel Gandolfo 42 Kinder von Juden und anderen Verfolgten geboren worden seien, denen Pius XII. Zuflucht gewährt habe.

Seit 1965 läuft ein Seligsprechungsprozess für Pius XII. Kritiker, vor allem von jüdischer Seite, werfen diesem Papst vor, in der Öffentlichkeit nicht ausdrücklich gegen die nationalsozialistische Judenermordung Stellung bezogen zu haben. Seine Verteidiger argumentieren, nur durch seine öffentliche Zurückhaltung sei es ihm möglich gewesen, Juden zu helfen.

Im Dezember 2009 erkannte der Vatikan Pius XII. den sogenannten heroischen Tugendgrad zu, die erste entscheidende Etappe zur Seligsprechung. Wie Franziskus Ende Mai auf dem Rückflug von Israel selbst mitteilte, stockt das Verfahren derzeit jedoch, weil noch kein Wunder nachgewiesen werden konnte, das auf Fürsprache Pius XII. gewirkt wurde.



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