4. Juli 2014 in Deutschland
Jenaer Professor Schirmer: Die Regulierungswut und die Einschnitte in die akademische Freiheit, die ich jetzt durch das Kultusministeriums erlebe, erinnern mich fatal an Ostzeiten und sind eine einzige Katastrophe.
Jena (kath.net) Ich habe im Osten Lehramt studiert und wurde zweimal exmatrikuliert. Die Wende war für mich eine Befreiung. Doch die Regulierungswut und die Einschnitte in die akademische Freiheit, die ich jetzt durch das Kultusministeriums erlebe, erinnern mich fatal an Ostzeiten und sind eine einzige Katastrophe. Dies sagte Uwe Schirmer, Professor für Thüringer Landesgeschichte an der Universität Jena, wie die Thüringer Allgemeine berichtete. Die Ursache für seinen Ärger ist eine Verordnung des Kulturministeriums, wonach im Lehramtsstudium Studenten ihre Fächer zukünftig nicht mehr frei wählen und kombinieren dürfen. Die Wahlfreiheit soll zukünftig eingeschränkt werden.
Es geht um Folgendes: Nach den Vorstellungen des Kultusministeriums soll es künftig zwei Fächergruppen geben. In der einen Fächergruppe finden sich die Naturwissenschaften, Sprachen, Informatik und Sport, in der anderen die Geistes- und Sozialwissenschaften wie Geschichte, Philosophie, Geografie, Sozialkunde und Altsprachen. Studenten müssen zukünftig verpflichtend ein Fach aus Gruppe 1 mit einem Fach aus Gruppe 2 kombinieren.
Dagegen wendeten sich am Dienstag etwa acht Professoren der Universität Jena sowie einige Studenten. Die Gruppe nannte das Vorhaben ein "sinn- und verstandlose Planungsidiotie". Der Vorwurf einer Bildungsdiktatur wie zu DDR-Zeiten stand im Raum. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass die geplanten Änderungen weder Nutzen noch Einsparungen bringen und zulasten der gesellschaftlichen Bildung gehen. Wichtige Fächerkombinationen seien in Zukunft nicht mehr möglich.
Norbert Frei, Lehrstuhlinhaber für Neuere und Neueste Geschichte, befürchtet, dass in Zukunft nicht mehr nach Neigung und Leidenschaft studiert werde, sondern nach einer bürokratischen Bedarfsplanung, die an der Lebenswirklichkeit vorbeigehe.
Mirka Dickel, Professorin für Didaktik der Geografie, urteilte: Mit der Neuregelung werden die Studenten in ihrer Eigenverantwortung beschnitten und das Universitätsprinzip infrage gestellt, die Lehrerbildung werde so provinzialisiert. Das Ministerium maße sich an, heute zu wissen, welche Lehrer in fünf Jahren gebraucht werden, biete aber keine Jobgarantie für die erzwungenen Abschlüsse, so die Professorin.
Hintergrund: Der Freistaat Thüringen wird derzeit von einer CDU-SPD-Koalition regiert. Kultusminister ist der SPD-Politiker Christoph Matschie.
Link zum Artikel in der Thüringer Allgemeinen: Kritik am Kultusministerium: Bildungsdiktatur wie zu DDR-Zeiten.
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