Kein Klagen wie im Theater, sondern Gebet für die wirklich Leidenden!

30. September 2014 in Aktuelles


Franziskus-Perle des Tages: Die Finsternis wird kommen, vielleicht nicht so hart wie für Ijob, aber wir werden eine Zeit der Finsternis haben. Bereiten wir uns darauf vor! Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Die Lesung aus dem Buch Ijob (3,1-3.11-17.20-23) stand im Mittelpunkt der Predigt von Papst Franziskis bei der heiligen Messe in der Kapelle des vatikanischen Gästehauses „Domus Sanctae Marthae“ am Dienstag der 26. Woche im Jahreskreis.

Ijob verwünscht den Tag, an dem er geboren wurde: „Ausgelöscht sei der Tag, an dem ich geboren bin, die Nacht, die sprach: Ein Mann ist empfangen. Warum starb ich nicht vom Mutterschoß weg, kam ich aus dem Mutterleib und verschied nicht gleich?“ (3.11).

Sein Gebet scheine wie ein Fluch zu sein. Ijob sei der Prüfung unterzogen worden, so der Papst. Er habe seine ganze Familie verloren, alle seine Güter, seine Gesundheit, „sein ganzer Leib ist zu einer einzigen Wunde geworden, zu einer ekelhaften Wunde“. In jenem Augenblick also habe seine Geduld ein Ende genommen „und er sagt diese Dinge. Hässlich sind sie! Doch er hatte immer die Gewohnheit, der Wahrheit gemäß zu sprechen, und das ist die Wahrheit, die er in jenem Moment verspürt“. Auch Jeremia benutze fast dieselben Worte: „Verflucht der Tag, an dem ich geboren wurde; / der Tag, an dem meine Mutter mich gebar, sei nicht gesegnet“ (Jer 20,14). „Ist das aber ein Fluch?“, fragte sich Franziskus: „Das ist meine Frage: dieser Mann, der so alleine dasteht, – flucht er damit?“.

„Wenn Jesus klagt“, so der Papst: „‚Vater, warum hast du mich verlassen!’ – flucht er da? Das ist das Geheimnis. Oftmals habe ich Leute gehört, die sich in einer schwierigen, schmerzlichen Situation befanden, die sehr viel verloren haben oder sich allein und verlassen fühlen und dann kommen, um sich zu beklagen, und diese Fragen stellen: warum? Warum? Sie begehren gegen Gott auf. Und ich sage: ‚Bete weiter so, denn auch das ist Gebet’. Es war ein Gebet, als Jesus zu seinem Vater sagte: ‚Warum hast du mich verlassen!’“.

So sei Gebet auch das, was Ijob hier tue. Denn beten heiße, in Wahrheit vor Gott zu sein. Ijob habe nicht anders zu beten vermocht: „Man betet aus der Wirklichkeit heraus, das wahre Gebet kommt von Herzen, aus dem Moment, in dem man lebt“. So handle es sich hier um das Gebet in den Augenblicken der Finsternis, in den Momenten des Lebens, in denen es keine Hoffnung gebe und man den Horizont nicht sehe:

„Und so viele Menschen, so viele heute, befinden sich in der Lage des Ijob. Wie Ijob verstehen viele gute Menschen nicht, was ihnen zugestoßen ist, warum es so ist. Viele Brüder und Schwestern, die keine Hoffnung haben. Denken wir an die Tragödien, an die großen Tragödien, zum Beispiel an diese unsere Brüder und Schwestern, die – weil sie Christen sind – aus ihren Häusern verjagt wurden und denen nichts mehr bleibt: ‚Aber Herr, ich habe an dich geglaubt. Warum? An dich glauben – ist das eine Verfluchung, Herr?’“.

„Denken wir an die alten Menschen, die einfach beiseite gelassen werden“, so Franziskus weiter: „denken wir an die Kranken, an die vielen Menschen, die allein sind in den Krankenhäusern“. Die Kirche bete für all diese Menschen und auch für uns, wenn wir auf dem Weg der Finsternis seien: „Die Kirche betet! Und sie nimmt diesen Schmerz auf sich und betet. Und wir, die wir nicht krank sind, keinen Hunger haben, keine wichtigen Bedürfnisse – wenn ein wenig Finsternis in die Seele eintritt, dann halten wir uns für Märtyrer und hören auf zu beten“. Und es gebe da Leute, die sagten: „Ich habe mich über Gott geärgert, ich gehe nicht mehr zur Messe!“. „‚Warum?“, fragte der Papst: „‚Wegen so einer winzigen Angelegenheit’, ist die Antwort“. Franziskus rief in Erinnerung, dass die heilige Therese von Lisieux in den letzten Monaten ihres Lebens „versuchte, an den Himmel zu denken. Sie spürte, als sage ihr eine Stimme in ihrem Innern: ‚Jetzt sei doch nicht dumm, mach dir keine Phantasien. Weißt du, was dich erwartet? Das Nichts!’“.

„Ganz oft machen wir eine derartige Situation durch, leben wir diese Lage“, so der Papst: „Und viele Menschen denken nur, im Nichts zu enden. Und sie, die heilige Therese, betete und bat um die Kraft, voranzugehen, in der Finsternis. Das heißt es, in den Raum der Geduld einzutreten. Unser Leben ist zu leicht, unsere Klagen sind Klagen wie im Theater. Angesichts dessen, angesichts der Klagen so vieler Menschen, so vieler Brüder und Schwestern, die in der Finsternis sind, die fast das Gedächtnis, die Hoffnung verloren haben – die in jenem Exil ihrer selbst leben, die verbannt sind, verbannt auch aus sich selbst – nichts! Und Jesus hat diesen Weg eingeschlagen: angefangen beim Abend auf dem Ölberg bis hin zum letzten Wort am Kreuz: ‚Vater, warum hast du mich verlassen!“.

Zwei Dinge sind dabei für Franziskus wichtig: „Erstens: sich auf den Augenblick der Finsternis vorbereiten, der vielleicht nicht so hart wie für Ijob sein wird. Aber wir werden eine Zeit der Finsternis haben. Das Herz auf jenen Moment vorbereiten. Und zweitens: Beten, wie die Kirche betet, mit der Kirche für die vielen Brüder und Schwestern, die das Exil ihrer selbst erleiden, in der Finsternis und im Leid, ohne dass es da eine Hoffung gäbe. Das ist das Gebet der Kirche für diese vielen ‚leidenden Jesusse’, die es überall gibt“.


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