Das wahre Evangelium der Familie

4. Oktober 2014 in Buchtipp


Neues Buch im Media Maria Verlag mit einem Vorwort von George Kardinal Pell.


Mols (kath.net)
Wir dokumentieren das Vorwort von George Kardinal Pell in dem neuen Buch von Juan José Pérez-Soba und Stephan Kampowski. Bestellmöglichkeiten weiter unten.

Vorwort

Dieses Buch ist aus vielen Gründen wichtig. Eine höfliche, sachkundige und gründliche Debatte ist besonders in den kommenden Monaten notwendig, um die christliche und katholische Tradition der monogamen, unauflöslichen Ehe zu verteidigen. Hierbei ist es wichtig, sich auf die zentralen Elemente der Herausforderungen zu konzentrieren, vor denen Ehe und Familie stehen, anstatt sich von einer ebenso kontraproduktiven wie nutzlosen Suche nach kurzfristigen Tröstungen ablenken zu lassen.

Die Gesundheit einer Organisation kann daran gemessen werden, wie viel Zeit und Energie für die Diskussion verschiedener Themen aufgebracht werden. Gesunde Gemeinschaften verwenden nicht die meiste ihrer Energie für nebensächliche Themen, und die Zahl der geschiedenen und wiederverheirateten Katholiken, die meinen, dass es ihnen erlaubt sein sollte, die Kommunion zu empfangen, ist leider in der Tat sehr gering.

Das Drängen auf diese Veränderung ist hauptsächlich auf einige europäische Teilkirchen konzentriert, wo der Kirchenbesuch niedrig ist und eine wachsende Zahl Geschiedener sich entscheidet, nicht erneut zu heiraten. Das Thema wird von Freund und Feind der katholischen Tradition als Symbol gesehen: ein Siegespreis im Kampf zwischen dem, was vom Christentum in Europa übrig ist, und einem aggressiven Neuheidentum. Jeder Gegner des Christentums will, dass die Kirche in Bezug auf dieses Thema kapituliert.

In dieser Diskussion berufen sich beide Seiten auf christliche Kriterien und jeder ist bestürzt über das Maß an Leid, das ein Zerbrechen der Ehe beim Paar und den Kindern verursacht.

Welche Hilfe kann und soll die katholische Kirche hier anbieten? Einige sehen die Hauptaufgabe der Kirche darin, Rettungsboote für diejenigen zur Verfügung zu stellen, die durch die Scheidung Schiffbruch erlitten haben. Und Rettungsboote sollten für alle da sein, insbesondere für die auf tragische Weise unschuldig Beteiligten. Aber welche Richtung sollten die Rettungsboote einschlagen? In Richtung Felsen oder Sumpfgebiet oder in einen sicheren Hafen, der nur unter Schwierigkeiten erreicht werden kann? Andere sehen eine noch wichtigere Aufgabe für die Kirche darin, Führung und gute Seekarten anzubieten, um die Zahl derer zu verringern, die Schiffbruch erleiden.

Beide Aufgaben sind notwendig, aber wie werden sie am besten erfüllt?

Das christliche Verständnis von Barmherzigkeit ist ein zentraler Punkt, wenn wir über Ehe und Sexualität, Vergebung und heilige Kommunion sprechen, und so werden im vorliegenden hervorragenden Buch die wesentlichen Zusammenhänge von Barmherzigkeit und Treue, von Wahrheit und Gnade in der Lehre des Evangeliums klar und überzeugend dargelegt.

Barmherzigkeit unterscheidet sich von den meisten Formen der Toleranz, die einer der lobenswerteren Aspekte unserer pluralistischen Gesellschaften ist. Einige Formen der Toleranz definieren Sünde als nicht existent, aber Erwachsenenfreiheiten und unvermeidliche Differenzen müssen nicht auf einen kompromisslosen Relativismus gegründet sein.

Die Unauflöslichkeit der Ehe ist eine der bedeutsamen Wahrheiten der göttlichen Offenbarung. Es ist kein Zufall, dass Monogamie und Monotheismus in der jüdisch-christlichen Tradition zusammengehen. Lebenslange Ehe ist nicht einfach eine Last, sondern sie ist ein Schatz, eine Leben schenkende Institution.

Wenn Gesellschaften diese Schönheit und Gutheit erkennen, dann schützen sie sie in der Regel mit wirksamen disziplinarischen Maßnahmen. Sie verstehen, dass Lehre und pastorale Praxis nicht im Widerspruch zueinander stehen können und dass man nicht die Unauflöslichkeit der Ehe aufrechterhalten und zugleich den „Wiederverheirateten“ den Empfang der Kommunion erlauben kann. Zweifellos ist es ein Opfer für Gläubige, anzuerkennen, dass sie nicht voll an der Eucharistie teilnehmen können: eine unvollkommene, aber reale Form der opfernden Liebe.

Das Christentum und besonders der Katholizismus stellt eine einzige historische Realität dar, in der die apostolische Tradition des Glaubens und der Sitten, des Gebets und der Liturgie aufrechterhalten wird. Die Lehre Christi ist unser Eckstein.

Interessanterweise folgt die harte Lehre Jesu – „Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen“ (Mt 19,6) – kurz nachdem er gegenüber Petrus nachdrücklich die Notwendigkeit der Vergebung betont hat (vgl. Mt 18,21–35).

Es ist wahr, dass Jesus die vom Tod durch Steinigung bedrohte Ehebrecherin nicht verurteilt hat. Aber er hat ihr auch nicht gesagt, dass sie ihre gute Arbeit fortsetzen und unverändert weitermachen soll. Er sagte ihr, dass sie nicht mehr sündigen solle (vgl. Joh 8,1–11).

Eine unüberwindliche Hürde für die Befürworter einer in Lehre und Pastoral vorzunehmenden Neuregelung in Bezug auf den Kommunionempfang ist die beinahe vollkommene Einstimmigkeit von 2000 Jahren katholischer Geschichte in diesem Punkt. Es ist wahr, dass die Orthodoxen eine seit Langem bestehende, aber andere Tradition haben, die ihnen ursprünglich von ihren byzantinischen Kaisern aufgezwungen wurde. Aber dies ist nie katholische Praxis gewesen.

Man könnte vorbringen, dass die Bußdisziplin in den ersten Jahrhunderten vor dem Konzil von Nicäa zu unerbittlich war, als man darüber diskutierte, ob des Mordes, des Ehebruchs oder des Glaubensabfalls Schuldige mit ihrer örtlichen Gemeinde durch die Kirche nur einmal versöhnt werden könnten oder überhaupt nicht. Man hat immer anerkannt, dass Gott vergeben kann, auch wenn die Möglichkeit der Kirche, Sünder wieder in die Gemeinschaft einzugliedern, beschränkt war.

Solch eine Strenge war die Regel in einer Zeit, als sich die Kirche trotz Verfolgung zahlenmäßig vergrößerte. Das kann man genauso wenig ignorieren wie die Lehren des Konzils von Trient oder die des heiligen Johannes Pauls II. oder Papst Benedikts XVI. über die Ehe. Waren die Verfügungen im Anschluss an die Scheidung von Heinrich VIII. vollkommen überflüssig?

Die vorliegende Arbeit enthält einige tiefgründige Analysen der kulturellen Ursachen für das Auseinanderbrechen der Familien in der heutigen pansexualistischen Kultur. Es ist ein gutes Argument, dass eine korrekte Diagnose bei einer Epidemie wichtiger denn je ist!

An einer Stelle wird gesagt, dass Scheidung die wichtigste gesellschaftliche Revolution der Neuzeit sei, und zweifellos spiegelt die Krise der Ehe die Krise des Glaubens und der religiösen Praxis. Aber was war zuerst da: die Henne oder das Ei?

Neben der altbekannten Ahnung, dass ein geschwächter Glaube weniger Kinder bedeutet, halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass die Entscheidung, keine oder nur ganz wenige Kinder zu haben, oft ein beträchtliches Schwächerwerden des Glaubens zur Folge hat. Die Einflüsse gehen in beide Richtungen.

Gegenwärtig befinden wir uns in einer ziemlich neuen Situation – ohne Vergleichbares seit den Tagen des Zweiten Vatikanischen Konzils –, in der eine wachsende Bandbreite von moralischen Alternativen in aller Öffentlichkeit ausgelotet wird, und das sogar von Geistlichen. Das bringt insofern einen Nutzen mit sich, als eine wachsende Zahl vorher Desinteressierter beginnt, über christliche Thesen zu diskutieren. Allerdings führt dies unausweichlich auch zu Verletzungen und Verwundungen.

Wer der Überlieferung treu ist, so wie die Autoren dieses Buches, der sollte gelobt werden, wenn er seine Sache ruhig und liebevoll darlegt. Wir haben immer noch die besten Melodien. Wir müssen jetzt auch aktiv werden, um eine Wiederholung des Nachspiels von Humanae vitae im Jahr 1968 zu vermeiden.

Wir sollten uns klar und deutlich ausdrücken, denn je früher die Verwundeten, die Lauwarmen und die Fernstehenden merken, dass wesentliche Änderungen in Lehre und Pastoral unmöglich sind, in desto größerem Umfang wird die feindselige Enttäuschung (die der Bekräftigung der Lehre unweigerlich folgen wird) vorweggenommen und zerstreut werden.

George Kardinal Pell
Erzbischof emeritus von Melbourne und Sydney
Präfekt des Wirtschaftssekretariats


Juan José Pérez-Soba, Stephan Kampowski
Das wahre Evangelium der Familie
Die Unauflöslichkeit der Ehe: Gerechtigkeit und Barmherzigkeit
Vorwort von George Kardinal Pell
Media Maria Verlag
Preis 20,50 Euro
Gebundene Ausgabe, 240 Seiten


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