22. Oktober 2014 in Kommentar
Auf der Synode wurden über 20 Themenkomplexe besprochen. In Deutschland angekommen sind vielleicht 2 1/2. Man wird mit dem Facepalmen ob der Berichterstattung gar nicht fertig. Gastkommentar von Peter Winnemöller
Vatikan (kath.net/katholon) Man glaubt es ja kaum, doch nach der Synode ist vor der Synode. Oder auch während der Synode? Ist nicht irgendwie immer Synode? Das müssen wir noch üben. Und reformieren können wir noch nicht richtig, das scheint es mehr Mut zu brauchen.
Fazit: Der Papst und unsere Bischöfe haben die Nase noch nicht voll vom Ringen um den richtigen Weg in der Familienpastoral. Mag die deutsche Presse auch glauben, der Papst sei mit seiner sexuellen Revolution gescheitert. Gar ein Ende der bleiernen Zeit konstatiert einer der führenden Kirchenexperten der deutschen Medienwelt. Zu viel Sylvester gefeiert?, kann man da nur fragen.
Auch das Nachtreten der deutschen Sektion von Radio Vatikan gegen kath.net ist nicht gerade ein Ruhmesblatt, kirchlicher Medienarbeit. Da wird leider einseitig gemauert, wenn ein in medialer Wahrnehmung guter Kardinal ins Fettnäpfchen tritt. Mag im Ausland auch kritisch berichtet werden, in Deutschland gibt es eine Kultur der medialen Omerta für alles, was nicht in die Agenda passt. Verstöße gegen dieses Schweigebot ziehen schon mal grobe Rempeleien nach sich.
Auf der Synode wurden über 20 Themenkomplexe besprochen. In Deutschland angekommen sind vielleicht 2 1/2. Man wird mit dem Facepalmen ob der Berichterstattung gar nicht fertig, kommt kaum mit dem Lesen der Berichte nach. Das Schlussdokument, die Relatio, die die Arbeitsgrundlage für die ordentliche Vollversammlung im kommenden Jahr darstellt, liegt als Übersetzung noch gar nicht vor. Und am Ende überwiegt wieder die Neigung, von der Synode nur genervt zu sein.
Das scheint der Plan zu sein, sonst könnte man doch glatt dahinter kommen, dass die Bischöfe wirklich noch über mehr als über vor-, zwischen- und nachehelichen Sex gesprochen haben.
So macht es Sinn, dem Papst einmal zuzuhören, der sich während der Synode komplett zurück genommen hat, um die Diskussionen der Bischöfe nicht zu stören. Es ging ihm darum zuzuhören, was die Bischöfe zu sagen haben und was sie denken. Inhaltlich hat sich der Papst bislang nach wie vor nicht positioniert, was klar sein sollte, denn täte er es, könnte man Teil II der Synode gleich absagen.
Der Auftrag ist, die Themen der Synode in den Ortskirchen weiter zu diskutieren. Das kann heiter werden, wenn man die exklusive Diskussionskultur der Kirche in Deutschland, wie man sie beim Dialogprozess in den vergangenen Jahren kennen lernen durfte, im Hinterkopf hat. Doch vielleicht nehmen sich die Veranstalter aller synodalen und dialogischen Prozesse in Deutschland mal die folgenden Mahnungen des Papstes über fünf Versuchungen zu Herzen:
- Die Versuchung, sich feindselig zu versteifen, das heißt, sich im Geschriebenen (dem Buchstaben) zu verschließen und sich nicht von Gott, vom Gott der Überraschungen (dem Geist), überraschen lassen zu wollen; sich im Gesetz zu verschließen, in der Gewissheit dessen, was wir kennen und nicht dessen, was wir noch lernen und erreichen müssen. Seit der Zeit Jesu ist das die Versuchung der Eiferer, derer, die immer voller Bedenken sind, der Besorgten und der heute sogenannten Traditionalisten und auch der Intellektualisten.
- Die Versuchung eines zerstörerischen Gutmenschentums, das im Namen einer falschen Barmherzigkeit die Wunden verbindet, ohne sie vorher zu heilen und zu verarzten; das die Symptome und nicht die Gründe und die Ursachen behandelt. Das ist die Versuchung der Gutmenschen, der Furchtsamen und auch der sogenannten Progressiven und Liberalen.
- Die Versuchung, Steine in Brot zu verwandeln, um eine lange, schwere und schmerzvolle Fastenzeit zu beenden (vgl. Lk 4,1-4), sowie auch Brot in Steine zu verwandeln und gegen die Sünder, die Schwachen und die Kranken zu werfen (vgl. Joh 8,7), das heißt, es in schwere Lasten (Mt 23,4) zu verwandeln.
- Die Versuchung, vom Kreuz zu steigen, um die Menschen zufriedenzustellen, und nicht dort zu bleiben, um den Willen des Vaters zu erfüllen; sich dem weltlichen Geist zu beugen, statt ihn zu läutern und dem Geist Gottes zu beugen.
- Die Versuchung, das depositum fidei zu vernachlässigen, indem man sich nicht als Hüter, sondern als Eigentümer oder Herr betrachtet, oder andererseits die Versuchung, die Wirklichkeit zu vernachlässigen, indem man sich einer akribisch genauen Sprache und einer ausgefeilten Redeweise bedient, um viel zu reden und nichts zu sagen! So etwas hat man, glaube ich, einmal Byzantinismus genannt.
Vielleicht nehmen alle, die den Wunsch verspüren, in der Kirche ihre Haltung zu den drängenden Fragen von Ehe und Familie zu formulieren, sich diese Worte auch zu Herzen. Ganz gleich, ob sie nun Kleriker, Funktionäre, Journalisten oder katholische Outlaws/ Dunkelkatholiken/ aka Blogger sind, es dürfte sich jeder bei den Mahnungen des Papstes ertappt fühlen. Der Papst jedenfalls nimmt kein Blatt vor den Mund und scheut sich nicht, Traditionalisten so zu nennen. Ja, sogar das ach so fiese Wort Gutmenschen traut er sich zu gebrauchen. Der Papst hat, allen Unkenrufen zum Trotz den Mut, klare Worte zu reden, doch er hat auch die Geduld, abzuwarten, bis die Zeit reif dafür ist.
Wir sehen einem aufregenden Jahr entgegen und das Ende dieses synodalen Prozesses ist erst dann erreicht, wenn das Nachsynodale Schreiben vorliegt. So sei nun jeder frei auch wenn es gelegentlich nervt sei er Bischof oder Laie, seine Meinung kund zu tun. Es ist der Wille des Papstes. Tun wir, die wir ja sonst eher dazu neigen, ganz brav nach Rom zu schauen, dies aber bitte auch. Mitmachen bei der Meinungsbildung heißt die Parole.
Irgendwann wird der Papst entscheiden. Papst Franziskus hat das in seiner Ansprache am vergangenen Sonntag ziemlich deutlich klargestellt:
Nun, die Aufgabe des Papstes ist es, die Einheit der Kirche zu gewährleisten
Das wird er tun und er wird entscheiden. Wenn aber die Entscheidung aus Rom vorliegt, hat sich gefälligst jeder daran zu halten.
Dann gilt
Roma locuta causa finita.
Bis dahin kann man allen, die dünne Nerven haben, nur Baldriantee und Ohropax empfehlen. Da müssen wir jetzt durch.
Foto Winnemöller (c) kath.net/Michael Hesemann
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