Zweifel an rechtlichen Regelungen zu Sterbehilfe wachsen

4. November 2014 in Deutschland


Sogar Grünen-Politikerin Renate Künast sieht für eine Änderung keinen Anlass und fordert: «Wir brauchen nämlich mehr Fürsorge und nicht mehr Strafrecht.» - Früherer EKD-Präses Huber spricht von Schieflage und «isolierter Debatte»


Frankfurt (kath.net/KNA) Vor der Sterbehilfe-Debatte im Bundestag am 13. November wächst die Skepsis vor neuen rechtlichen Regelungen. Die Grünen-Politikerin Renate Künast erinnerte am Montag in einem Interview des Fernsehsenders n-tv daran, dass derzeit die Beihilfe zur Selbsttötung straffrei bleibe, wenn «die letzte Handlung vom Betroffenen selber vorgenommen wird». Sie sehe für eine Änderung keinen Anlass, so die Vorsitzende des Justizausschusses im Bundestag. Stattdessen gelte es, in der Debatte andere Prioritäten zu setzen: «Wir brauchen nämlich mehr Fürsorge und nicht mehr Strafrecht.»

Auch der evangelische Theologe Wolfgang Huber kritisiert eine Schieflage bei der aktuellen Diskussion über Sterbehilfe. Eine «isolierte Debatte» über den ärztlich begleiteten Suizid führe in die falsche Richtung, schreibt der langjährige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in einem Gastbeitrag für die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» (Montag). «Stattdessen muss das ärztliche und pflegerische Handeln in der Endphase unheilbarer Krankheiten zum Thema werden.»

Huber verwies auf Artikel 2 des Grundgesetzes. Darin werde neben dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit auch dem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit «eine starke Stellung» zuerkannt. «Zwar kann man aus diesem Recht auf Leben nicht eine Pflicht des Einzelnen zum Leben, sehr wohl aber eine Pflicht der Rechtsgemeinschaft zum Schutz des Lebens ableiten.»

In der aktuellen Diskussion über den ärztlich assistierten Suizid werde an diesen Grundlagen gerüttelt, so Huber: «Was allenfalls als Ausnahme auf Grund einer persönlich verantworteten Entscheidung in Frage kommen kann, soll rechtlich geregelt werden.» Zudem sei der Schritt von der ärztlichen Beihilfe zum Suizid hin zur ärztlichen Tötung auf Verlangen nicht besonders groß. Das ergebe sich schon aus dem vorherrschenden Sprachgebrauch, der mit dem Begriff der «aktiven Sterbehilfe» die Grenzen verwische. Beim ärztlich assistierten Suizid sei der Patient der Handelnde, bei der ärztlichen Tötung auf Verlangen hingegen der Mediziner.

Der Malteser Hilfsdienst warnte vor Verallgemeinerungen. Die katholische Organisation äußerte sich mit Blick auf das Schicksal von Brittany Maynard. Die 29-jährige US-Amerikanerin nahm sich am Wochenende mit einer tödlichen Dosis eines ärztlich verschriebenen Präparates das Leben. Den Zeitpunkt ihres Todes hatte sie zuvor im Internet angekündigt.

Prominente Einzelfälle dürften auch in Deutschland nicht zum Maßstab der öffentlichen Debatte werden, so die Malteser. Befürworter eines ärztlich begleiteten Suizids sollten zudem bedenken, dass damit auch der Druck auf Schwerkranke wachsen könne, ihrem Leben ein Ende zu setzen.

Ebenso wie Künast und Huber forderte die Organisation, das Thema Sterbegleitung stärker in den Vordergrund zu rücken. «Die moderne Palliativversorgung sollte in der Lage sein, körperliche Schmerzen und seelische Belastungen für den Patienten in solchen Grenzen zu halten, dass ein würdevoller und natürlicher Tod möglich ist.»

Palliativmedizin - Sterben ohne Schmerzen


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