Empörung über Mord an christlichem Ehepaar in Pakistan

7. November 2014 in Weltkirche


Kurienkardinal Tauran: Er warte seit Monaten vergeblich auf islamische Proteste gegen die eskalierende religiöse Gewalt in Pakistan. Es müsse gerade im Interesse der Muslime selbst liegen, das so erzeugte Schreckensbild vom Islam zu korrigieren.


Islamabad/Vatikanstadt (kath.net/KNA) Menschenrechtler und Kirchenvertreter haben den Mordanschlag auf ein christliches Ehepaar in der pakistanischen Provinz Punjab verurteilt. Pakistanischen Medienberichten zufolge kritisierte die Menschenrechtskommission von Pakistan (HRCP), dass die örtliche Polizei nicht ausreichend für den Schutz der beiden Opfer gesorgt habe. Wegen angeblicher Koranschändung hatte eine wütende Menschenmenge den 32-jährigen Shahzad Maseeh und seine schwangere Frau Saima Bibi am Dienstag in dem Ort Kot Radha zunächst verprügelt und dann verbrannt. Die beiden hinterlassen vier Kinder.

Den Beobachtungen der Menschenrechtler zufolge sollen vier Polizisten versucht haben, das Ehepaar von der wütenden Menge zu trennen. Dabei wurden sie offenbar selbst angegriffen. Die Organisation geht davon aus, dass die Glaubenszugehörigkeit des Ehepaares bei der Tat ein entscheidender Faktor war.

Die Anschuldigung einer Koranschändung soll pakistanischen Medienberichten zufolge nach einem Streit um Geld aufgekommen sein, den die beiden mit ihrem Arbeitgeber, dem Besitzer der Ziegelfabrik, geführt hätten. Der Mann wurde mittlerweile von der Polizei in Gewahrsam genommen. Ferner wurden mindestens 60 Personen verhaftet; 39 sollen vor ein Terrorgericht kommen.

Der Päpstliche Rat für den interreligiösen Dialog rief die internationale Gemeinschaft zum Protest gegen das sogenannte Blasphemiegesetz in Pakistan auf. Die Gewalt gegen Nichtmuslime habe dort eine nie gekannte Brutalität erreicht, sagte der Präsident des Rates, Kardinal Jean-Louis Tauran, am Donnerstag im Gespräch mit Radio Vatikan.

«Ich frage: Kann man angesichts solcher Verbrechen, die mit der Religion gerechtfertigt werden, passiv bleiben?», so Tauran. Ihm fehlten die Worte für eine so barbarische Tat. «Nicht einmal Tiere verhalten sich so», sagte der Kardinal. Die Täter religiöser Lynchjustiz könnten aufgrund des Blasphemiegesetzes oft mit Straffreiheit rechnen. In Pakistan seien seit Einführung des Gesetzes 1988 von Staats wegen 60 Menschen hingerichtet worden.

Tauran forderte die Vertreter des Islam zum Einschreiten auf. Seit Monaten warte er vergeblich auf islamische Proteste gegen die eskalierende religiöse Gewalt in Pakistan. Es müsse gerade im Interesse der Muslime selbst liegen, das so erzeugte Schreckensbild vom Islam in der Welt zu korrigieren.

Das Blasphemiegesetz verbietet eine Verunglimpfung islamischer Stätten, Heiliger Schriften und des Ansehens des Propheten Mohammed. Wegen missbräuchlicher Anwendungen und der Möglichkeit der Verleumdung geriet der betreffende Strafrechtsparagraf 295 wiederholt in die Kritik.

Unterdessen besuchte der Regierungschef der Provinz Punjab, Muhammad Shahbaz Sharif, die Angehörigen der Opfer. Pakistanischen Medienberichten zufolge versprach Sharif den Familien eine Entschädigungszahlung von umgerechnet rund 39.000 Euro sowie vier Hektar Land. Zudem wolle die Regierung von Punjab die hinterbliebenen vier Kinder der Opfer unterstützen.

Der Präsident des kirchlichen Hilfswerks missio München, Wolfgang Huber, betonte, spätestens jetzt müsse klar sein, dass die Situation von Christen in dem südasiatischen Land lebensbedrohlich sein könne. «Das Blasphemiegesetz widerspricht der eigentlich demokratischen Verfassung Pakistans», betonte Huber.

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