12. Dezember 2014 in Kommentar
Zum geplanten Gesetz, nach dem Israel als Nationalstaat des jüdischen Volkes erklärt werden soll. Von Johannes Gerloff (idea)
Jerusalem (kath.net/idea) Die Wurzeln des jüdischen Volkes lassen sich 4.000 Jahre zurückverfolgen. Genauso alt ist der Slogan der Gegner Israels: Lasst uns sie ausrotten, dass sie kein Volk mehr seien und des Namens Israel nicht mehr gedacht werde! (Psalm 83,5). Während Europas Parlamente Palästina als unabhängigen Staat anerkennen, verkündigt dessen Präsident, 6 Millionen Palästinenser wollten in ihre Häuser nach Israel zurückkehren er selbst eingeschlossen.
Das jüdische Volk kämpft um seine Existenz
Deshalb sieht sich das jüdische Volk als Minderheit, die um ihre Existenz kämpft. Auf diesem Hintergrund muss das geplante Gesetz, das Israel als Nationalstaat des jüdischen Volkes erklärt, beurteilt werden. Wirklich Neues findet sich darin nicht. Schon die Unabhängigkeitserklärung Israels aus dem Jahr 1948 spricht von einem Nationalstaat des jüdischen Volkes, genau wie der UNO-Teilungsplan (1947), das Völkerbundmandat (1922) oder die Balfour-Erklärung (1917).
Israel als Nationalstaat der Juden
Das Problem ist: Die Unabhängigkeitserklärung hat keinen rechtlich bindenden Charakter. Der Staat Israel hat keine Verfassung, nur ein paar Grundgesetze. Diesen will Premierminister Netanjahu jetzt ein weiteres hinzufügen, das Israel als Nationalstaat der Juden definiert. Für die jüdischen wie nichtjüdischen Bürger des Staates Israel ändert das praktisch gar nichts. Das Gesetz garantiert dem jüdischen Volk lediglich, was das Grundgesetz der Bundesrepublik dem deutschen Volk garantiert.
Die Spannungen zwischen Religion und Demokratie
Viele Länder gewähren Menschen mit einem bestimmten ethnischen Hintergrund vereinfachte Einwanderungsbedingungen. Dazu gehört auch die Bundesrepublik Deutschland, etwa im Blick auf die Wolga-Deutschen. Ein Drittel aller Länder weltweit hat religiöse Symbole in seinen Flaggen. 31 Staaten bekennen sich so zum Christentum, 21 zum Islam, 11 zu südamerikanischen oder asiatischen Religionen ganz ungeachtet der andersgläubigen Minderheiten in diesen Ländern. Insofern ist Israels Rückkehrrecht für Juden wie auch die Flagge mit den jüdischen Symbolen zwar einzigartig, aber nichts Besonderes. 57 Staaten weltweit bezeichnen sich als muslimische Staaten und haben sich genau wie Israel mit der Spannung zwischen Religion und Demokratie auseinanderzusetzen sofern eine Demokratie überhaupt in ihrem Interesse liegt.
Der eigentliche Adressat sind die Palästinenser
Eigentlicher Adressat der umstrittenen Gesetzesinitiative sind die Palästinenser, die Israel niemals als jüdischen Staat anerkennen wollen. Sollte diese ständig wiederholte Aussage von Präsident Abbas wahr sein, käme sie einer Absage an die Zwei-Staaten-Lösung gleich. Deshalb müssten alle, die eine Lösung des Nahostkonflikts in 2 Staaten sehen, einen Gesetzestext, der Israel zum Nationalstaat des jüdischen Volkes neben einem Nationalstaat des palästinensischen Volkes erklärt, eigentlich freudig begrüßen.
Der Autor, Johannes Gerloff (Jerusalem), ist Nahost-Korrespondent des Christlichen Medienverbundes KEP.
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