Bischof Schwarz: ‚Wir dürfen die Ungeborenen nicht übersehen‘

3. Jänner 2015 in Österreich


Kärntner Bischof in "Sonntag": "Gesellschaft, die die Schwächsten übersieht, wird auf Dauer keine Zukunft haben" - Verursacher des HBC-Umweltskandals im Görtschitztal zur Verantwortung ziehen.


Klagenfurt (kath.net/ KAP)
"Wir dürfen die Ungeborenen nicht übersehen. Eine Gesellschaft, die die Schwächsten übersieht, wird auf Dauer keine Zukunft haben." Das betonte der Kärntner Bischof Alois Schwarz in einem Interview in der aktuellen Ausgabe des Kärntner "Sonntag". Schwarz bekräftigte die Kritik der katholischen Kirche am geplanten Fortpflanzungsmedizingesetz: "Ich habe ein Problem damit, wenn es heißt: ein Recht auf das Kind mit allen Mitteln. Nicht alle Mittel dürfen erlaubt sein." Letztlich gehe es um das Recht des Kindes zu wissen, wer Vater und Mutter sind. Die soziale und die leibliche Mutterschaft zu trennen, führe zu fatalen Folgen, warnte der Bischof.

Entschieden wandte sich der Bischof gegen die Präimplantationsdiagnostik. Bei dieser solle der Arzt entscheiden, was lebenstüchtig ist und was nicht. Schwarz: "Gott hat den Menschen als sein Ebenbild geschaffen. Der Mensch maßt sich jetzt an, den Menschen nach seinem Bild zu machen. Als Christen müssen wir sagen, das widerspricht dem jüdischchristlichen Gottes- und Menschenbild. Deshalb der Aufschrei dagegen! Aus religiöser und rein menschlicher Sicht."

Bei allem Verständnis für das Leid kinderloser Eltern könne man Nachkommenschaft nicht technisch produzieren, so Schwarz: "Liebe und Leben gehören zusammen. Wenn Liebe und Leben getrennt werden, wird es unmenschlich."

Zur in Österreich unterschiedlich verlaufenden Diskussion über den Lebensschutz am Beginn und Ende des Lebens (Stichwort: Euthanasie) meinte der Bischof: "Am Ende des Lebens sieht man ein Gesicht des Menschen. Am Beginn des Lebens ist es ein medizintechnischer Vorgang, bei dem man noch keinem Kind in die Augen schaut. Wir dürfen die Ungeborenen nicht übersehen."

Zur vatikanischen Familiensynode und dem Umgang der Kirche mit geschiedenen Wiederverheirateten befragt, sagte der Bischof wörtlich: "Wenn wir genau auf die Familien hinschauen, werden wir auch die Verwundungen sehen. Wir werden Menschen begleiten und ihnen Wege anbieten." Die Familie sei ein "Netzwerk zum Überleben der Menschheit". Papst Franziskus habe dazu aufgefordert, die Berufung der Familie und ihre Mission neu zu überdenken. "Die Familie hat eine Mission für die Welt, weil sie zeigt, wie das Miteinander gelebt werden kann. Das ganze Zusammenleben von Völkern, von Nationen hat als Maßstab die Familie", so Schwarz wörtlich.

Solidarität mit Flüchtlingen

Deutliche Worte fand Schwarz zur aktuellen Asyldebatte. Europa dürfe sich nicht zu einer Festung entwickeln: "Wir müssen offen bleiben und dürfen uns nicht verschließen." Hier sei der Papst mit seinem zeichenhaften Handeln ein großer Motor: "Er geht nach Lampedusa und besucht in der Türkei Flüchtlinge. Er schaut nicht weg, sondern weist auf diese Menschen hin. Angesichts der Brutalität in der Welt braucht es einen Aufschrei aber auch eine neue Toleranz für andere Religionen", so Schwarz wörtlich und weiter: "Gleichzeitig können wir mit großem Selbstbewusstsein darauf verweisen, wie stark das Christentum eine Religion der Nächstenliebe ist."

Er sei dankbar für die große Solidarität in Österreich Land mit den Flüchtlingen, hielt der Bischof weiters fest. Viele Menschen hätten sich gemeldet und Quartiere zur Verfügung gestellt. Schwarz: "Auch die Kirche macht das. Viele Pfarren haben ihre Pforten geöffnet."

Zum HBC-Umweltskandal im Görtschitztal sagte der Bischof: Diejenigen, die einen Umweltschaden verursachen, müssten zur Verantwortung gezogen werden. Die Betriebe, die das Hintergrundwissen haben, welche Schäden entstehen können, müssten ihre Produktionspraxis ändern. Betroffen sei im Grunde das ganze Land, so Schwarz: "Da ist das Zusammenstehen von allen notwendig. Schuldzuweisungen helfen in dieser Situation nicht weiter."

Die Situation zeige freilich vor allem auch die Dringlichkeit der Themen Nachhaltigkeit und ethische Verantwortung in der Wirtschaft auf. "Es geht um Grundfragen unseres gegenwärtigen Lebens. Wir müssen versuchen, diese gemeinsam zu lösen. Es ist ein gemeinsames Suchen auf dem Weg zum Glück, der nicht auf Kosten anderer geschieht und nicht nur zum Gewinn Einzelner beiträgt." Es brauche eine "große Kraft der Solidarität und des Teilens", betonte der Bischof: "Wenn wir miteinander teilen, dann sind die Güter der Erde genug. Wenn aber Gier der Motor des Handelns ist, geht das immer auf Kosten des Lebens." Fatal sei das Motto: Hast du was, dann bist du was. So entstehe ein innerer Konsumdruck. Und dies sei eine Spirale, "die niemals ins Glück führt".

Auf Papst Franziskus angesprochen sagte der Bischof: "Der Papst schenkt vielen den Mut, sich direkt an Gott zu wenden und darauf zu vertrauen, dass Gott mit uns ist. Die Verkündigung des Papstes ist immer direkt und menschennah. Es sei dem Papst ein Herzensanliegen, "die Menschen direkt zu berühren und ihnen etwas Gutes zu tun".

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