'Kirche hat viele heiliggesprochen, niemanden in die Hölle verdammt'

15. Jänner 2015 in Österreich


Salzburger Erzbischof Lackner nimmt in "SN"-Interview zu Kirchenaustritten, Priestermangel, Frauenpriestertum, Terrorismus und Prunk in der Kirche Stellung


Salzburg (kath.net/KAP) Gegen "Untergangsstimmung" hat sich der der Salzburger Erzbischof Franz Lackner in den "Salzburger Nachrichten" (SN; 13.1.) im Blick auf die Kirchenaustrittszahlen gewandt. 4.739 Salzburger und Nordost-Tiroler haben 2014 die Kirche verlassen, 2013 waren es 4.590.

"Das Christentum ist schon durch das Fegefeuer der Aufklärung gegangen", so Lackner. Ähnlich wie damals könne die Situation auch heute als Chance genutzt werden, um das eigene Verhältnis zu Gott selbstkritisch zu reflektieren und auf seine Allgemeingültigkeit hin zu überprüfen.

"Jeder Austritt tut weh und schwächt die Glaubenssubstanz", kommentierte der Erzbischof die am Dienstag bekannt gewordenen österreichischen kirchlichen Statistiken. Im Hintergrund der schwindenden Bindung auch gläubiger Menschen an die Institution Kirche sieht der Erzbischof die Tendenz, "dass heute nicht wenige Menschen meinen, ihren Glauben auch ohne institutionelle Verankerung leben zu können". Verurteilen wolle er deshalb zwar niemanden. "Aber langfristig kann der Einzelne nicht die ganze Glaubensleistung alleine vollbringen. Ohne Kirche ist Christsein letztlich nicht möglich", so Lackner.

Besorgt zeigte sich Lackner auch über die rückläufige Zahl der Priester in vielen europäischen Ländern. Im Moment seien die Diözesen in einer Struktur organisiert, "die davon ausgehen, die Seelsorge mit mehr Priestern, als es sie gibt zu sichern". Von einer Strukturänderung wolle er aber nicht reden. Worauf es ankommt, "ist vielmehr die Zusammenarbeit von Priestern und Laienverantwortlichen".

Dem Frauenpriestertum als mögliche Lösung für den Priestermangel erteilte der aus dem Franziskanerorden kommende Bischof eine Absage. Über diesen Weg sei das Problem der fehlenden Priester nicht zu lösen, denn "den Grundbestand der Regeln vermag man ohne Identitätsverlust nicht zu ändern". Es gebe viele verschiedene Charismen und Aufgaben, und nicht jeder könne alles machen. Daher brauche es einen Ausgleich. In der Erzdiözese Salzburg sei etwa das Amt der Kanzlerin, eines der höchsten in der Diözese, von einer Frau besetzt.

Klare Worte fand Lackner auch zu den Anschlägen in Paris: "Im Namen Gottes Menschen umzubringen, ist eines der schlimmsten Verbrechen, die es gibt. Da wird der Glaube zum Todfeind des Lebens." Befragt, ob die Attentäter in die Hölle kämen, sagte er: "Ich würde mich nie trauen, das zu sagen. Zu sagen, dass jemand sein Heil auf ewig verwirkt hat. Die Kirche hat viele heiliggesprochen, aber niemanden in die Hölle verdammt."

Muslime und Christen sind nach Meinung Lackners zudem aufgefordert, ihren Glauben und ihr Glaubenswissen zu vertiefen. Denn gerade der oberflächliche Glaube fördert die Radikalität; das war in Ihrer Zeitung eine gute Überschrift: 'Wer nichts weiß, muss alles glauben'. Ich höre, dass diese Attentäter in ihrem Glaubenswissen nicht tief verwurzelt waren."

Erzbischöfliches Palais und Audi A6

Das ihm als Mitglied eines Bettelorden auferlegte Gebot der Armut sei auch mit dem Prunk des Bischofshauses und seinem Dienstwagen, einem Audi A6, vereinbar. "Ich sehe das nicht als mein Eigentum", meinte Lackner in Bezug auf seine Wohnung im Erzbischöflichen Palais. Er habe zwar überlegt, in einfachere Räumlichkeiten umzuziehen, sich dann aber "einer alten Tradition gefügt, innerhalb derer er neue Akzente setzten möchte". Im Rahmen der Aktion "Zu Gast beim Erzbischof" wolle er mehrmals im Jahr Menschen zum Gespräch ins Bischofshaus einladen.

Und auch der Dienstwagen sei gerechtfertigt: "Ich fahre an die 60.000 Kilometer im Jahr. Ich muss dort auch Telefon, Laptop und meine Unterlagen ausbreiten können." Außerdem bete er öfter im Auto als in der Kapelle.

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Foto Erzbischof Lackner (c) Erzdiözese Salzburg/Sulzer


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