20. Jänner 2015 in Aktuelles
Houellebecq ist Frankreichs provokantester Autor. Seine These: Auf einem Kontinent, der sex- und konsumbesessen ist und Gott vergessen hat, hat der Islam leichtes Spiel Der Agnostiker bekennt: Der Katholizismus lässt mir keine Ruhe.
Wetzlar (kath.net/idea) Der französische Schriftsteller Michel Houellebecq hat mit Unterwerfung einen Roman geschrieben, der wie ein prophetisches Wort zu den Attentaten in Paris klingt. Nun erscheint das Buch in deutscher Sprache. Der Autor will es am Abend des 19. Januar in Köln vorstellen. Eine Rezension von idea-Redakteur Karsten Huhn.
Was für eine Idee! Vor Jahren hat Michel Houellebecq den Islam als die wirklich dümmste aller Religionen bezeichnet, nun verwandelt er Frankreich zu Europas erstem islamistischen Gottesstaat. Im Mai 2022 droht Frankreich ein Bürgerkrieg. Wahllokale werden überfallen, Autos brennen. Um die Machtübernahme der rechtspopulistischen Partei Front National zu verhindern, verhelfen die bürgerlichen Parteien und die Sozialisten der islamischen Partei Bruderschaft der Muslime an die Macht. Mit finanzieller Unterstützung aus Saudi-Arabien wird die Republik islamisiert. Wer nicht zum Islam übertritt, verliert sein Amt. Die Frauen tragen fortan Schleier, die koscheren Lebensmittel verschwinden aus den Märkten, die Juden verlassen das Land. Houellebecqs Hauptfigur, der Literaturprofessor François, flüchtet zunächst in ein Kloster, entscheidet sich dann aber für die Unterwerfung (was Islam wörtlich übersetzt bedeutet). Er kollaboriert mit den neuen Machthabern und wird dafür sowohl finanziell als auch sexuell mit 2 Nebenfrauen entlohnt.
Ein Kontinent, der Gott vergessen hat
Houellebecq ist Frankreichs provokantester Autor. Mit Unterwerfung ist ihm eine bitterböse Satire gelungen. Seine bisherigen Romane handelten von Sexsüchtigen (Elementarteilchen, 1998) und Sex-Touristen (Plattform, 2001). In Unterwerfung geht er dem seelenlos gewordenen Europa an die Wäsche. Seine These: Auf einem Kontinent, der sex- und konsumbesessen ist und Gott vergessen hat, hat der Islam leichtes Spiel. Houellebecq bezeichnet sich selbst als Agnostiker. Umso überraschender ist seine in Interviews geäußerte Einschätzung, dass sich eine Gesellschaft ohne Religion nicht halten könne. Es gebe ein echtes Bedürfnis nach Gott. Dies klingt auch in Unterwerfung an.
Bemerkenswert ist das Vorwort, das Houellebecq seinem Roman vorangestellt hat. Darin heißt es: Ich hätte doch versuchen sollen zu beten das wäre besser gewesen, als auf einem Stuhl vor mich hin zu träumen Der Katholizismus lässt mir keine Ruhe, benebelt von seinen Weihrauchschwaden und seinem Kerzenduft, schleiche ich um ihn herum, zu Tränen gerührt von seinen Gebeten, bis ins Mark erschüttert von seinen Psalmodien und Gesängen.
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