23. Jänner 2015 in Deutschland
Juraprofessor: Staat habe sich mit dem Verbot der Dresdner Pegida-Demonstration «blamiert und delegitimiert» - Auch «die Schmuddelkinder der Nation» hätten Anteil an der Meinungsfreiheit
Frankfurt (kath.net/KNA) Der Staatsrechtler Josef Isensee kritisiert eine «Koalition der Anständigen», die sich nach dem Anschlag auf die Pariser Redaktion des Satiremagazins «Charlie Hebdo» gebildet habe. «Organisierte und spontane Öffentlichkeit» würden sich im Protest gegen den Terror und für die Meinungsfreiheit zusammentun und dabei «die 'rechte' Szene aus der offenen Gesellschaft» ausschließen, schreibt Isensee in einem Gastbeitrag in der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Donnerstag).
Auch «die Schmuddelkinder der Nation» hätten jedoch Anteil an der Meinungsfreiheit, so der Bonner Juraprofessor. Dieses Recht unterscheide nicht danach, ob Meinungen «gut oder böse, klug oder dumm, verantwortungsbewusst oder verantwortungslos, integrationsförderlich und -schädlich» seien. «Hätte ein ähnlich durchgeführtes Attentat das Organisationskomitee von Pegida hinweggerafft, so würde die 'Koalition der Anständigen' rechtsstaatskonform die Mordtat verurteilen und eine etwaige politische Erleichterung klammheimlich für sich behalten, aber von Protestdemonstrationen absehen», schreibt Isensee weiter.
Zugleich appellierte der Staatsrechtler an die muslimischen Zuwanderer, ihre Religion in die westliche Gesellschaft zu integrieren. Die Gesellschaft solle ihnen diese Aufgabe «nicht schwerer machen, als sie schon ist. Sie täte auch gut daran, die Muslime nicht in der Lebenslüge zu bestätigen, dass zwischen Islam und Islamismus keinerlei Zusammenhang besteht».
Zudem habe sich der Staat mit dem Verbot der Dresdner Demonstration der anti-islamischen Pegida-Bewegung am vergangenen Montag «blamiert und delegitimiert». Wenn die Sicherheit von Demonstranten wegen Personalmangel nicht gewährleistet werden könne, «klingen die Toleranzparolen der politischen Moralhüter und der publizistischen Islamversteher zuweilen weltfern und blechern», so Isensee.
Die Opfer der Anschläge von Paris seien «Opfer eines Verbrechens», schreibt der Staatsrechtler weiter. Derartige Verbrechen seien illegitim, selbst dann, «wenn eine Religion auf das widerlichste geschmäht und mit einem Kübel von Schmutz und Verachtung überschüttet wird, wie es hierzulande das Christentum immer wieder erlebt». Wer an der Freiheit teilhabe, müsse die «Zumutungen der praktizierten Freiheit des anderen ertragen».
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