Kampf gegen Kirchensteuer: 'Christen und Atheisten, vereinigt Euch!'

26. Jänner 2015 in Deutschland


Evangelischer Theologe Sebastian Moll kritisiert: Warum braucht die EKD ein Studienzentrum für Genderfragen, „betreibt sie denn auch Studienzentren für Meeresbiologie oder Volkswirtschaftslehre?“


Berlin (kath.net/idea) Christen und Atheisten sollen gemeinsam gegen die Kirchensteuer kämpfen. Dazu hat der evangelische Theologe Sebastian Moll (Mainz) im Debatten-Magazin „The European“ (Berlin) aufgerufen. Nach seinen Worten sind es vor allem zwei Gruppen, die sich für die Abschaffung der Kirchensteuer einsetzen: „engagierte Christen, die sich nach einer reineren Form ihrer Kirche sehnen, und radikale Kirchengegner, die von einem vollständig laizistischen Staat träumen“, also von einer strikten Trennung zwischen Staat und Kirche. In diesem Sinne könne er nur raten: „Christen und Atheisten, vereinigt euch!“ Moll zufolge gibt es unter den evangelischen Christen drei Gruppen, die für die Kirchensteuer sind. Dazu zählten die Bediensteten der Kirche: „Ihre Zahl sollte keineswegs unterschätzt werden, bildet die Kirche doch nach dem Staat den größten Arbeitgeber in unserem Land.“ Eine zweite Gruppe seien die gutgläubigen Kirchensteuerzahler. Sie glaubten immer noch, ihr Geld würde für Krankenhäuser und Kindergärten oder andere sinnvolle Einrichtungen ausgegeben. Tatsächlich gehe der Prozentsatz der Kirchensteuereinnahmen, die an die entsprechenden Institutionen fließen, gegen null. Wäre es anders, hätten Nichtkirchenmitglieder keinen Anspruch auf Behandlung in einer konfessionellen Klinik, so Moll.

Warum keine Studienzentren für Meeresbiologe und Volkswirtschaft?

Stattdessen gebe die Kirche ihr Geld lieber für Projekte wie das EKD-Studienzentrum für Genderfragen aus. Der Theologe: „Selbst wenn man mal für einen Moment von der fragwürdigen Seriosität der Genderstudien absehen will, bliebe immer noch die Frage, warum die EKD ein derartiges Studienzentrum braucht. Betreibt sie denn auch Studienzentren für Meeresbiologie oder Volkswirtschaftslehre?“ Die dritte Gruppe der Befürworter habe die Sorge, dass durch die „Privatisierung“ der Kirche eine Art „elitäres Christentum“ entstünde, in dem nur noch die Vermögenden Zugang hätten. Diese Befürchtung lasse sich jedoch durch Erfahrungen der Freikirchen nicht belegen. So wie in jeder anderen nicht staatlich subventionierten Gruppierung sei auch in einer freien Gemeinde jeder Einzelne gefordert, sich einzubringen, sei es durch Geld oder andere Gaben: „Dass diese engagierten Christen schließlich auch den Kurs der Kirche bzw. der Gemeinde bestimmen, wäre kein Nachteil der Kirchensteuerabschaffung, sondern ein Segen.“

2014 deutlich mehr Kirchenaustritte

Nach einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) ist die Zahl der Austritte aus den beiden großen Kirchen im vergangenen Jahr stark angestiegen. Hauptgrund sei nach Einschätzung von Fachleuten das neue Einzugsverfahren der Kirchensteuer auf Kapitalerträge. Seit Januar führen Banken und Versicherer die auf diese Erträge entfallende Kirchensteuer direkt ab. Die Kirche müsse sich selbstkritisch fragen, ob sie die neue Regelung ausreichend kommuniziert habe, so der EKD-Ratsvorsitzende, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm (München). Nach der dpa-Umfrage rechnet die Evangelische Kirche im Rheinland mit 50 Prozent mehr Austritten als 2013. Damals hatten rund 19.000 Personen die mit 2,7 Millionen Mitgliedern zweitgrößte Landeskirche verlassen. Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern müsse 30.600 Austritte verkraften. 2013 seien es 18.900 gewesen. Die katholische Kirche müsse damit rechnen, dass der Aderlass im vergangenen Jahr noch größer gewesen sei als im Rekordjahr 2010 (181.193 Austritte) nach Bekanntwerden des Missbrauchsskandals.

Foto: © Sebastian Moll (mit freundlicher Erlaubnis)


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