18. Februar 2015 in Kommentar
Papst Franziskus sieht in der Ermordung koptisch-orthodoxer Christen das Martyrium für den Herrn vollzogen. kath.net-Kommentar von Ulrich Nersinger
Vatikan (kath.net) Im Oktober 1964 wurden in Sankt Peter zweiundzwanzig katholische Gläubige heiliggesprochen, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Uganda den Märtyrertod erlitten hatten. In der Predigt zur Heiligsprechung sagte der selige Paul VI. (1963-1978): Wer hätte vorhersehen können, dass den großen historischen Gestalten der heiligen afrikanischen Märtyrer und Bekenner Cyprian, Felicitas und Perpetua, aber auch der große Augustinus eines Tages so teure Namen wie Charles Lwanga und Matthew Mulumba Kalemba mit ihren zwanzig Leidensgenossen zur Seite gestellt werden würden? Und dabei wollen wir auch die anderen, der anglikanischen Konfession angehörenden, nicht vergessen, die ihr Leben im Namen Christi hingegeben haben.
Selig- und Heiligsprechungen kann die katholische Kirche nur für ihre eigenen Mitglieder durchführen; sie darf Christen anderer Konfessionen nicht für sich vereinnahmen. Diese Praxis entbindet sie jedoch nicht von der Pflicht, ein herausragendes vorbildliches Leben nach dem Evangelium, das von den Gläubigen anderer Konfessionen dargebracht wurde, als Geschenk Gottes zu begreifen und zu ehren. Vor allem das mit dem Leben bezahlte Zeugnis für den Herrn muss jeden beschämen. Es fördert in einzigartiger und hoffnungsvoller Weise den Weg zur Einheit aller Christen.
In dem Apostolisches Schreiben Tertio Millennio Adveniente, das der Vorbereitung auf das Jubeljahr 2000 diente, schrieb der heilige Johannes Paul II.: Am Ende des zweiten Jahrtausends ist die Kirche erneut zur Märtyrerkirche geworden. Die Verfolgung von Gläubigen Priestern, Ordensleuten und Laien hat in verschiedenen Teilen der Welt eine reiche Saat von Märtyrern bewirkt. Das Zeugnis für Christus bis hin zum Blut vergießen ist zum gemeinsamen Erbe von Katholiken, Orthodoxen, Anglikanern und Protestanten geworden. Das ist ein Zeugnis, das nicht vergessen werden darf. In unserem Jahrhundert sind die Märtyrer zurückgekehrt, häufig unbekannt, gleichsam unbekannte Soldaten der großen Sache Gottes.
Soweit als möglich dürfen ihre Zeugnisse in der Kirche nicht verloren gehen. Von den Ortskirchen muss alles unternommen werden, um durch das Anlegen der notwendigen Dokumentation nicht die Erinnerung zu verlieren an diejenigen, die das Martyrium erlitten haben. Dies sollte auch einen ökumenisch beredten Zug haben. Der Ökumenismus der Heiligen, der Märtyrer, ist vielleicht am überzeugendsten. Die communio sanctorum, Gemeinschaft der Heiligen, spricht mit lauterer Stimme als die Urheber von Spaltungen.
Die ersten verehrten Heiligen waren ausschließlich Märtyrer. Für sie brauchte man noch keine eigene Heiligsprechung. In der Frühzeit der Kirche stand das Zeugnis der Märtyrer allen vor Augen. Die Mitglieder der christlichen Gemeinden kannten sich alle sahen, was in und mit der Kirche geschah. Das Martyrium, das mit dem eigenen Leib gegebene Beispiel für das Evangelium Jesu Christi, war jedem durch den eigenen Augenschein bekannt und genügte vollständig als Beweis der Heiligkeit. Das grauenvolle Video der Terrororganisation ISIS hat uns nun in diese Zeit zurückversetzt, regelrecht hinein katapultiert!
Verneigen wir uns vor den glaubensstarken Märtyrern der koptisch-orthodoxen Kirche und danken wir Gott für ihr Zeugnis. Lassen wir nicht zu, dass ihr Andenken und Opfer so wie es auf einigen Internet-Seiten in beschämender Engstirnigkeit und in Unwissenheit wahrer christlicher Lehre geschehen ist gemindert, ja geschändet wird.
Foto: Die koptischen Christen und Märtyrer unmittelbar bevor ihnen die Köpfe mit dem Messer abgeschnitten wurden
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