13. April 2015 in Chronik
Fast alle Plätze in der Georgskirche sind besetzt, als Pater Toufic Eid die Messe zelebriert. Ostern im syrischen Dorf, das noch die Sprache Jesu spricht - Von Karin Leukefeld (KNA)
Maalula (kath.net/KNA) Maalula, Ostern 2015. Regenwolken stürmen über den Himmel, jagen um die schroffen Felsen des gewaltigen Kalamun-Gebirges, an dessen Fuß die kleine Stadt Maalula liegt. Schließlich setzt sich doch die Sonne durch an diesem kalten April-Sonntag, dem orthodoxen Osterfest. Maalula ist die Heimat der aramäischen Christen. Die Christen der östlichen oder orthodoxen Kirchen feiern Ostern dieses Jahr eine Woche später als die katholischen und andere Christen im Mittleren Osten und weltweit.
Fast alle Plätze in der Georgskirche sind besetzt, als Pater Toufic Eid die Messe zelebriert. Gebete und Choräle werden gesungen, Priester und Chor mit der Gemeinde im Wechsel. Schließlich treten zunächst die Männer, dann die Frauen und Kinder vor zum Altar, um das Abendmahl zu empfangen. Nachdenklich und ernst gehen die Erwachsenen zurück zu ihren Plätzen, strahlend und stolz die Kinder nach dem Segen des Priesters.
Pater Toufic leitet die Georgsgemeinde und ist verantwortlich für das Kloster des heiligen Sergius, das hoch über dem Ort auf einem Felsplateau liegt. Alles wirkt friedlich an diesem Ostersonntag in Maalula, und für den Pater ist es ein «besonderes Osterfest». Genau vor einem Jahr seien er und alle Patriarchen «zum ersten Mal nach der Befreiung» von bewaffneten Kampfgruppen nach Maalula zurückgekehrt.
In der Kirche sei alles zerstört gewesen. «Die Altarwand, die Ikonostase, war völlig verbrannt.» Ikonen waren gestohlen, oder «sie haben die Gesichter zerkratzt und zerstört». Das gesamte Gestühl, die alten Bänke verkohlt. Ein Jahr lang habe man renoviert, und nun, zum Osterfest, habe man «die erste Phase beendet».
Die Georgskirche ist für die Familien in Maalula besonders wichtig. Darum entschied die Kirchenleitung, sie als erste wiederaufzubauen, sagt Pater Toufic. Es sei nicht genug Geld für alle Kirchen da, vor allem historische Kirchen, wie die beiden Klöster des heiligen Sergius oder das der heiligen Thekla, bräuchten besondere Expertise. Sämtliche Kirchen in Maalula hatten die islamistischen Kämpfer zerstört, die 2013/2014 den Ortskern für viereinhalb Monate und das Sergius-Kloster mehr als ein Jahr besetzt hielten.
Inzwischen sind wieder 220 Familien nach Maalula zurückgekehrt, 60 Personen aus weiteren Familien kommen regelmäßig, um ihre zerstörten Häuser wieder aufzubauen. Wenn Ende Mai die Schule zu Ende sei und die langen Sommerferien begännen, kämen sicher noch mehr Leute zurück, sagt der Zahnarzt Joseph Saadeh. Er war im Juni 2014 mit seiner Familie einer der ersten Rückkehrer. «Im Winter gab es viele Schwierigkeiten», sagt Saadeh. Viel Schnee, wenig Heizöl, die Wasserleitungen eingefroren. Doch jetzt sei Maalula wieder sicher. «Sicherer als Damaskus, weil die Armee uns von allen Seiten beschützt.» Der Wiederaufbau habe begonnen; «es gibt hier Arbeit für die Leute.»
Ob viele Familien aus Maalula nach Europa geflohen seien? Der ruhige, hoch gewachsene Mann nickt traurig: «Ja, viele Leute hatten Angst vor dem Krieg und waren geschockt über die Morde an Christen.» Ein guter Freund sei mit seiner Familie jetzt in Kanada; sein Bruder lebe in den USA, in San Francisco. Die meisten Christen aus Maalula seien nach Damaskus gegangen. «Aber wir wollen in Maalula bleiben», sagt er. «Hier wollen wir leben.»
Ob Christen und Muslime in Maalula wieder wie früher als Nachbarn zusammenleben könnten? Saadeh antwortet bedächtig, aber entschieden: «Es wird schwer sein. Sechs junge Männer haben die Terroristen entführt, die werden bis heute vermisst. Und sie haben fünf Leute aus Maalula getötet, auch meinen Onkel. Sie haben all unsere Kirchen verwüstet und angezündet, die Ikonen gestohlen oder zerstört.» Er vertraue Präsident Baschar al-Assad, sagt Saadeh: «Er hat ein persönliches Interesse an Maalula, und wäre das nicht so, würden weder ich noch sonst jemand in Maalula mit ihm sprechen.»
Mit den muslimischen Nachbarn im Ain el-Tin sei es möglich, zusammenzuleben; «sie haben uns gut behandelt». Er habe dort seine Zahnarztpraxis und behandele auch Muslime aus Arbeen, Douma und Haraste - Vororte von Damaskus, in denen bewaffnete Islamisten ämpfen. Am Ende, meint Saadeh, «wird das Zusammenleben siegen».
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