28. Mai 2015 in Familie
Emeritierter Kurienkardinal: Ihre grundsätzliche Ablehnung gleichgeschlechtlicher Ehen könne die Kirche allerdings nicht ändern, weil sie dem Evangelium zuwider liefen. Die Ehe zwischen Mann und Frau bleibe einzige Quelle für neues Leben und Zukunft
Rom (kath.net/KAP) Der Umgang mit gleichgeschlechtlichen Paaren muss nach den Worten von Kardinal Walter Kasper ein Thema bei der kommenden Weltbischofssynode über die Familie sein. Während der ersten Familiensynode im Oktober 2014, "blieb das ein Randthema, aber jetzt wird es zentral", sagte Kasper der italienischen Tageszeitung "Corriere della Sera" am Mittwoch. Über dieses Thema habe die Kirche zu lange geschwiegen, so der deutsche emeritierte Kurienkardinal. Er betonte aber, die christliche Identität der Ehe sei mit einer Gleichstellung homosexueller Partnerschaften unvereinbar. Die Synode berät im Oktober im Vatikan drei Wochen lang über Ehe und Familie.
Mit Blick auf das irische Votum für die gleichgeschlechtliche Ehe sagte er, demokratische Staaten hätten die Pflicht, den Willen der Bevölkerung umzusetzen. Die Abstimmung mache es der Kirche allerdings schwerer, ihre Position zu vermitteln. Es sei offensichtlich, dass die Mehrheit der Menschen in den westlichen Ländern die Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit der Ehe befürworte.
Ihre grundsätzliche Ablehnung gleichgeschlechtlicher Ehen könne die Kirche jedoch nicht ändern, weil sie dem Evangelium zuwider liefen. Die Ehe zwischen Mann und Frau bleibe einzige Quelle für neues Leben und Zukunft. "Wir müssen eher eine neue Sprache finden", so Kasper. "Wir müssen die Diskriminierung überwinden, die in unserer Kultur eine lange Tradition hat."
Stabile gleichgeschlechtliche Beziehungen von Dauer, die "Elemente des Guten" enthielten, seien zu würdigen, ihre Gleichstellung mit der Ehe jedoch nicht. Die moralischen Auswirkungen eines solchen Schritts bezeichnete Kasper als "enorm". Für die Gesellschaft ergäben sich daraus schwere Konsequenzen. Kasper betonte besonders die Problematik von Adoption, Kindeswohl und Leihmutterschaft.
Theologin Pelletier lobt neue Gesprächskultur in der Kirche
In einem Interview mit dem römischen Internetportal "Vatican Insider" lobte die französische Theologin und Ratzinger-Preisträgerin Anne-Marie Pelletier die vorsynodale offenere Gesprächskultur in der Kirche. Inzwischen gebe es eine "Dynamik des Zuhörens", sagte die Bibelwissenschaftlerin am Dienstag. Das kirchliche Lehramt habe verinnerlicht, dass es seine Aussagen nicht abgekoppelt vom Denken der Gläubigen treffen könne. Glaubwürdig bleibe die Kirche nur mit der Bereitschaft zuzuhören.
Das "Alphabet" der Kirche könne sich zwar nicht verändern, die "Sprache" aber schon, betonte Pelletier. Voraussetzung sei jedoch eine veränderte Haltung zur Welt, die auch das "Risiko des Neuen" nicht scheue, ohne dabei den Glauben an die Botschaft Jesu anzutasten. "Wenn die Kirche am Ende der Synode lediglich bekräftigt, was sie immer gesagt hat, wäre das ein Fehlschlag", so die Trägerin des Ratzinger-Preises 2014.
Pelletier hatte am Montag in Rom an einem Studientag deutscher, französischer und schweizerischer Bischöfe sowie Theologen in Vorbereitung auf die Synode teilgenommen. Im Mittelpunkt des von den Bischofskonferenzen der drei Länder veranstalteten "Studientags zur Bischofssynode" standen theologische Vorträge über Ehe, Familie und Sexualität. Dabei sei laut Pelletier "frei und offen" über die Herausforderungen der Kirche in der heutigen Welt - darunter u.a. rund um wiederverheiratete Geschiedene und homosexuelle Paare - diskutiert worden. Der Studientag mit rund 50 Teilnehmern sollte nach dem Willen der Veranstalter zur Vertiefung der bei der Synode anstehenden Themen beitragen.
Papstpräsenz zeigt Wichtigkeit der Synodenvorbereitung
Im Anschluss beriet im Vatikan der zuständige Bischofsrat zur Synode, dem auch Kardinal Christoph Schönborn angehört, über das Arbeitspapier, das die Grundlage der Beratungen im Oktober bilden soll. Das "Instrumentum laboris" sei nach gründlicher Aussprache samt einigen Ergänzungs- und Verbesserungsvorschlägen dem Synodensekretariat zur Schlussredaktion übergeben worden, hieß es in einer Mitteilung vom Dienstag. Es werde übersetzt und in wenigen Wochen veröffentlicht. Dem Vernehmen nach könnte das Dokument Mitte Juni erscheinen, vielleicht eher, vermutlich aber erst nach einer erwarteten Enzyklika zur Ökologie.
Dass Papst Franziskus selbst an den Beratungen des Bischofsrates teilnahm zeigte, wie wichtig ihm das Bischofstreffen zu diesem für die Kirche zukunftsentscheidenden Thema ist und dass es Auswirkungen auf den weiteren Verlauf des Pontifikats haben dürfte. Das gilt umso mehr nach dem lebhaften, mitunter turbulenten Verlauf der ersten Familiensynode, dem außerordentlichen Bischofstreffen vom Herbst 2014.
Der Schlussbericht von 2014 war eine Art Kompromiss gewesen, bei dem manche Positionen zurückhaltender formuliert, andere zur vertiefenden Überprüfung an die Theologie verwiesen wurden. Das von Schönborn erläuterte Modell der Gradualität, wonach auch in Partnerschaftsformen, die der katholischen Lehre zuwiderlaufen, familiäre Werte gelebt werden könnten, tauchte nicht mehr auf. Textpassagen zu einigen Streitpunkten - etwa zum Kommunionempfang für wiederverheiratete Geschiedene oder zur Haltung gegenüber Homosexuellen - erhielten nicht die Zweidrittelmehrheit. Dafür enthielt der Text, der zugleich das erste Vorbereitungspapier für die zweite Familiensynode bildete, eine breitere Darstellung der katholischen Lehre von Ehe und Familie.
Nach der außerordentlichen Synode hatten die Ortskirchen in einer neuen Fragebogenaktion Vorschläge für den weiteren Verlauf der Debatte in Rom eingereicht. Zugleich setzten Kardinäle, Bischöfe, Theologen und engagierte Laien aller Lager auf unterschiedlichsten Ebenen die Debatte um das Verhältnis von Wahrheit und Barmherzigkeit fort. Das Arbeitspapier, das demnächst veröffentlicht wird, dürfte darauf einige Antworten geben.
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