5. Juni 2015 in Deutschland
Fronleichnam: In einer großen Stadt hat erstmals neben dem katholischen Pfarrer mit der Heiligen Eucharistie in der Monstranz ein evangelischer Pfarrer die Bibel getragen. Grußwort beim ökumenischen Christustag. Von Weihbischof Thomas Maria Renz
Rottenburg-Stuttgart (kath.net/pl) Dieses Grußwort sprach Thomas Maria Renz, Weihbischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart, beim (regionalen) ökumenischen Christustag in Winterlingen bei Tübingen am Donnerstag.
"Seht doch, wie gut und schön es ist, wenn Brüder und Schwestern miteinander in Eintracht leben!" Dieses Wort aus Psalm 133 kommt mir in den Sinn, wenn ich heute zu Ihnen nach Winterlingen komme, wo nicht einfach - wie es an Fronleichnam lange Zeit üblich gewesen ist - die Katholiken ihr Fronleichnamsfest feiern, während die Evangelischen ausschlafen oder blau machen, sondern sich beide zu einem Ökumenischen Christustag treffen. Das finde ich eine wunderbare ökumenische Entwicklung, die uns als Christen über die Konfessionsgrenzen hinaus sicher weiter zusammenbringen kann als so manche theologischen Konsenspapiere.
Die Katholiken tragen am Fronleichnamsfest den Eucharistischen Herrn in der Gestalt des Brotes durch ihre Dörfer und Städte, den sie der Öffentlichkeit in einem kostbaren Gefäß zeigen, das sie "Monstranz" nennen. "Monstranz" kommt vom lateinischen "monstrare" und bedeutet "zeigen". In einer großen Stadt unseres Landes hat heute erstmals neben dem katholischen Pfarrer, der wie gewohnt die Heilige Eucharistie in der Monstranz trug, ein evangelischer Pfarrer die Bibel bei der Fronleichnamsprozession getragen. Zeigen wir doch der Öffentlichkeit, was unser "Allerheiligstes", unser Kostbarstes ist und zeigen wir es nicht getrennt, sondern zeigen wir es den Menschen gemeinsam!
Wenn Katholische das "Brot des Lebens" der Öffentlichkeit zeigen und Evangelische gleichzeitig das "Wort des Lebens", dann steht die "Kirche des Sakramentes" nicht mehr einfach der "Kirche des Wortes" gegenüber, sondern beide legen zusammen, was ihnen aus ihrer je eigenen Glaubenstradition wichtig und kostbar geworden ist. Dann wächst zusammen, was zusammengehört und wir erleben die Glaubenskostbarkeiten der Schwestern und Brüder der jeweils anderen Konfession nicht mehr als etwas Abgrenzendes, sondern als etwas Bereicherndes, was uns alle miteinander reicher macht!
Und wir werden mehr und mehr erkennen, dass wir uns gegenseitig ergänzen und brauchen, weil niemand für sich die Fülle beanspruchen kann, sondern uns allen allein in Jesus Christus die "Fülle des Lebens", die Fülle des Heiles geschenkt ist. Warum machen wir also aus einem konfessionell einseitigen Glaubensfest, als das Fronleichnam immer gesehen wurde, nicht ein gemeinsames Christusfest, einen gemeinsamen Bekenntnistag zu Jesus Christus, der uns als "Wort des Lebens" und als "Brot des Lebens" stärkt, nährt und heiligt?
kath.net dankt Weihbischof Renz für die freundliche Erlaubnis, dieses Grußwort zu veröffentlichen.
Weihbischof Thomas Maria Renz spricht mit Papst Franziskus - Ministrantenwallfahrt Rom 2014
Archivfoto Weihbischof Renz © kath.net/Petra Lorleberg
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