Sterbehilfe: Christen, Juden und Muslime mehrheitlich dagegen

28. Juni 2015 in Deutschland


Das Deutsche Ärzteblatt beleuchtet die Standpunkte der drei großen Religionen


Köln (kath.net/idea) So unterschiedlich die Ansichten über eine Neuregelung der Suizidbeihilfe in der Politik sind, so eindeutig sind sie bei den Religionen: Die beiden großen Kirchen sowie die Mehrheit jüdischer und muslimischer Verbände lehnen ärztliche Beihilfe zum Suizid und organisierte Sterbehilfe ab. Das geht aus einem Beitrag im Deutschen Ärzteblatt (Köln) hervor.

So habe der katholische Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki auf einer Fachtagung jüngst vor der „irrigen Annahme“ gewarnt, dass nur ein Leben in Jugendlichkeit, Schönheit, Sportlichkeit und mit einem gewissen Auskommen lebenswert sei. Ein Staat, der die Menschenwürde als höchstes Gut betrachte, sollte mehr dafür tun, dass Menschen würdevoll auf ihrem letzten Weg begleitet werden, statt ihnen einen schnellen und selbst herbeigeführten Tod am Lebensende zu ermöglichen.

Ähnlich habe sich der EKD-Ratsvorsitzende, der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm (München), positioniert. Er fordert, dass die Möglichkeiten für ein Sterben in Würde verbessert werden müssten, ohne das Leben vorzeitig zu beenden: „Wer auf neue gesetzliche Optionen zur aktiven Beendigung des Lebens setzt, schwächt unsere vom Schutz des Lebens geprägte Sozialkultur.“ Das Engagement der Kirchen für die Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland dokumentiere eindrücklich, dass es bessere Alternativen gibt.

Zentralrat der Muslime gibt Handreichung heraus

Auch im Judentum wird eine Liberalisierung der Beihilfe zum Suizid dem Bericht zufolge weitgehend abgelehnt. Obwohl es jüdische Stimmen gebe, die sich für den assistierten Suizid oder sogar für Tötung auf Verlangen aussprächen, fänden sie dafür im bisherigen halachischen Diskurs keine Unterstützung, wird Rabbiner Tom Kucera (München) zitiert. In der Halacha, den rechtlichen Auslegungen des schriftlichen Kanons der Tora, spiegeln sich die unterschiedlichen Meinungen der Rabbiner, Weisen und Gelehrten wider. Sie zielen auf Verhaltensregeln, die das gesamte jüdische Leben betreffen.

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland sieht in der Sterbebegleitung und der Palliativmedizin eine gute Alternative zur aktiven Sterbehilfe. „Eine direkte aktive Sterbehilfe für den unheilbaren Schwerstkranken, sowohl für die selbst bestimmenden Sterbenden als auch auf Verlangen des Dritten; Ärzte oder Angehörige (,Tötung auf Wunsch’) wird abgelehnt.“ Dies gelte auch für die Selbsttötung und die ärztliche Beihilfe zum Suizid, heißt es in einer Handreichung des Zentralrats.

Der Deutsche Bundestag wird am 2. Und 3. Juli über die Gesetzentwürfe zur Suizidbeihilfe beraten und am 6. November über den neuen Paragrafen 217 StGB entscheiden. In der Diskussion sind vier Gesetzentwürfe.

Im Entwurf der Parlamentarier Patrick Sensburg, Thomas Dörflinger und Hubert Hüppe (alle CDU) heißt es: „Wer einen anderen dazu anstiftet, sich selbst zu töten, oder ihm dazu Hilfe leistet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft.“ Ausnahmeregelungen für Angehörige und Mediziner soll es nicht geben.

Ein Gruppenantrag der Abgeordneten Kerstin Griese (SPD), Michael Brand (CDU), Harald Terpe (Bündnis 90/Die Grünen) und Kathrin Vogler (Die Linke) fordert ein Verbot „geschäftsmäßiger“ Sterbehilfe, also zum Beispiel durch Sterbehilfe-Vereine.

Ein weiterer Vorstoß von Bundestagsvizepräsident Peter Hintze (CDU), dem SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach (SPD) und anderen will erlauben, dass Ärzte unter bestimmten Bedingungen beim Suizid assistieren dürfen.

Ein vierter Gesetzentwurf von Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen), Petra Sitte (Die Linke) und 33 weiteren Parlamentariern will lediglich Geschäftemacherei auf diesem Gebiet unterbinden. Sterbehilfe-Vereine ohne Gewinnabsicht wären danach erlaubt.

Weiterführender Kommentar: „Sterbehilfe: Werden unsere Alten und Kranken zukünftig vogelfrei sein?“.

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