Zebras und Koka-Kekse für Franziskus

4. Juli 2015 in Chronik


Keine Schonung für den Papst - auch nicht in Boliviens Höhenluft - Von Johannes Pernsteiner/KNA.


La Paz (kath.net/ KNA)
Bolivien ist das größte der drei Zielländer der zweiten Südamerika-Reise von Papst Franziskus. Am Mittwoch kommt er aus Ecuador in das arme Andenland, in dem ein indigener Präsident sein linkes Szepter schwingt.

Für die Reiseplaner aus dem Vatikan ist Bolivien vor allem ein Sorgenkind gesundheitlicher Natur: Der nicht mit der Höhenluft vertraute Papst, der seit seiner Jugend mit nur einem intakten Lungenflügel lebt, wird bei seiner Ankunft aus Ecuador in der Hauptstadt La Paz landen - auf 3.600 Meter. Doch schon abends geht es in die tiefer gelegene Stadt Santa Cruz de la Sierra.

Aber selbst in den vier Stunden in La Paz schont sich der 78-Jährige nicht und absolviert auch hier ein Monsterprogramm: Er besucht Staatspräsident Evo Morales im Regierungspalast, trifft Priester und Ordensleute in der Kathedrale, macht einen Zwischenstopp in der Vatikanbotschaft und gedenkt der Opfer der Diktatur. Und noch zuvor, gleich beim ersten Kontakt mit bolivianischem Boden auf dem Hauptstadt-Flughafen El Alto - auf 4.100 Metern - segnet Franziskus die Statue der Nationalheiligen, der Jungfrau von Copacabana – wie bereits vor 27 Jahren Johannes Paul II.

Noch auf der Fahrt vom Flughafen nach La Paz will Franziskus einen Kurzstopp an jener Stelle machen, an der im März 1980 die mit 21 Schüssen durchlöcherte Leiche des entführten Jesuiten Luis Espinal gefunden wurde. Der Ordensmann war eines der vielen Opfer des Regimes von Luis Garcia Meza (1980-1981).

Fast ständiger Begleiter wird Staatspräsident Evo Morales sein, der Franziskus bereits dreimal begegnete: im September 2013 und Oktober 2014 im Vatikan sowie beim Weltjugendtag in Rio im Juli 2013. Morales ist in seinem Land umstritten. Kritiker halten ihm vor, das Land in eine Diktatur zu steuern und zu wenig gegen den Drogenhandel zu tun.

Zudem steht Boliviens Gesundheitsbudget am Pranger, das nur 6,2 Prozent des Staatshaushalts ausmacht. Morales freilich rief dazu auf, ideologische Fragen beim Papstbesuch zurückzustellen und Franziskus willkommen zu heißen. Boliviens Ansehen im Ausland müsse gewahrt werden.

74 Prozent der Bolivianer bezeichnen sich selbst als katholisch, weitere 22 Prozent als Angehörige anderer christlicher Konfessionen; 3 Prozent sind Agnostiker oder Atheisten.

Beim zweiten «Welttreffen der Volksbewegungen» am Donnerstag wollen die von Morales geförderten Coca-Bauern dem Papst auch Produkte wie Kekse oder Tee aus jener Pflanze überbringen, die als Kokain-Rohstoff dient und unter das internationale Einheitsabkommen über Betäubungsmittel von 1961 fällt. In Bolivien, Peru und Kolumbien wird sie angebaut. Morales stieg 2011 aus dem Abkommen aus und setzt sich vehement für eine Legalisierung der Coca-Nutzung für Genussmittel und Kosmetika ein.

Besondere Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit wird Franziskus' Besuch des berüchtigten Gefängnisses Palmasola am Freitag haben. Die Häftlinge wollen dem Papst laut Medienberichten einen Klagebrief über ihre unzumutbaren Haftbedingungen geben. Auch von einer Klage über eine langsame Justiz ist die Rede.

Von den rund 14.000 Häftlingen in Bolivien leben 5.300 in Palmasola - viele ohne ein Gerichtsurteil. Es ist nicht nur das größte, sondern auch das konfliktreichste Gefängnis des Landes. Immer wieder kommt es zu Unruhen unter den Häftlingen; vor zwei Jahren kamen 35 Menschen ums Leben, darunter 3 Ausländer und ein 18-monatiges Baby. Der Papstbesuch könnte hier zumindest kurzfristige positive Effekte bringen: Die bolivianischen Gerichte haben angekündigt, die Verfahren der Palmasola-Insassen zu beschleunigen.

Kirche und Staat versuchen, dem erwarteten Ansturm gerecht zu werden; zwei bis drei Millionen Menschen werden bei der Freiluftmesse in Santa Cruz am Donnerstag erwartet. Karmelitinnen backen derzeit 600.000 Hostien für die Papstmesse; die Bischöfe wiederholen inständig ihre Aufrufe an die Gläubigen, Pilger bei sich aufzunehmen. Die Stadtverwaltung bildet unzählige Verkehrslotsen aus, die – zur besseren Wahrnehmung - in Zebrakostüme gekleidet sind. Ein Alkoholverbot soll die Sicherheit und den religiösen Charakter des Papstbesuches fördern.

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