DBK veröffentlicht Handreichung zum Thema Hirntod und Organspende

29. Juli 2015 in Deutschland


DBK: Die Bereitschaft zur Organspende muss frei bleiben von jedem sozialen Druck. Es besteht weder eine moralische Pflicht zur Organspende noch gibt es einen Rechtsanspruch auf den Erhalt eines fremden Organs.


Bonn (kath.net/dbk) Die christlichen Kirchen in unserem Land haben sich seit Jahrzehnten in Theologie und lehramtlicher Verkündigung mit den Fragen der Transplantationsmedizin, besonders der Feststellung des Todes („Hirntod“) und verschiedenen Fragen der Organspende beschäftigt. Nicht zufällig sind die Texte oft in ökumenischer Kooperation entstanden (Gott ist ein Freund des Lebens, 1989; Organtransplantationen, 1990; verschiedene gemeinsame Aussagen im Zusammenhang der „Woche für das Leben“ usw.). In letzter Zeit sorgten erhebliche Probleme (Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe von Spenderorganen, Versäumnisse im praktischen Umgang mit potentiellen Organspendern und ihren Angehörigen, neue gesetzgeberische Initiative auf Bundesebene im Jahr 2012) für einen dramatischen Rückgang der Spendenbereitschaft und legten damit eine erneute, sehr sensible Beschäftigung mit dem Thema nahe.

Vor diesem Hintergrund hat die Glaubenskommission der Deutschen Bischofskonferenz unter dem Vorsitz von Kardinal Karl Lehmann (Mainz) in Zusammenarbeit mit ihrer Unterkommission „Bioethik“ unter dem Vorsitz von Bischof Dr. Gebhard Fürst (Rottenburg-Stuttgart) in intensiver Arbeit der Deutschen Bischofskonferenz eine Orientierungshilfe vorgelegt, die jetzt veröffentlicht wird.

Unter den vielen Problemen wurden zwei Themenkreise ausgewählt, die das Zentrum der Schrift bilden: Zuerst geht es um die Frage der grundlegenden Akzeptanz des Hirntod-Kriteriums, die auf verschiedenen Ebenen seit einiger Zeit immer mehr in Zweifel gezogen wird. Die Einwände wurden genau überprüft. Die Studie kommt schließlich zu dem Ergebnis, dass der Hirntod im Sinne des Ganzhirntodes nach unseren heutigen Erkenntnissen das beste und sicherste Kriterium für die Feststellung des Todes eines Menschen darstellt.

Die im zweiten Problemkreis erörterten Themen zielen auf die ethische Bewertung und die praktischen Voraussetzungen einer Organspende. Es wird vor allem auf die Notwendigkeit der Freiwilligkeit der Organspende hingewiesen. Die Bereitschaft muss frei bleiben von jedem sozialen Druck. Es besteht weder eine moralische Pflicht zur Organspende noch gibt es einen Rechtsanspruch auf den Erhalt eines fremden Organs. Eine Organspende kann in diesem Sinne ein Akt christlicher Nächstenliebe sein. Darum ist eine umfassende Aufklärung aller Betroffenen zwingend erforderlich. Dabei geht es auch um Fragen der geistlichen Begleitung und der Sorge um die Angehörigen, um die Gelegenheit einer würdigen Verabschiedung sowie eines pietätvollen Umgangs mit dem Leichnam des Organspenders.

Die Studie bemüht sich also besonders um einen ganzheitlichen Blick auf die moderne Transplantationsmedizin. Sie reduziert das komplexe Phänomen nicht auf rechtliche, medizinische, wirtschaftliche und andere Einzelaspekte, sondern hebt die anthropologischen, ethischen und spirituellen Implikationen der Transplantation hervor. Sie möchte auch zu einer persönlichen Urteilsbildung beitragen.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, ruft im Geleitwort dazu auf, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen: „Wir Bischöfe sind der Auffassung, dass auf diesem sensiblen Feld ein hohes Maß an Transparenz erforderlich ist, um das verloren gegangene Vertrauen schrittweise zurückzugewinnen. Wir laden daher ein, sich ein wenig Zeit dafür zu nehmen, unsere Überlegungen zur Kenntnis zu nehmen und unsere Argumente auf ihre Überzeugungskraft hin zu überprüfen, um so zu einer fundierten persönlichen Urteilsbildung zu gelangen.“

Die Deutsche Bischofskonferenz ist sich voll bewusst, dass die komplexe und nicht selten auch spannungsvolle Diskussion besonders zu den zentralen Themen des Hirntodes und der Organspende sehr im Fluss ist. Wie sehr jedes Wort sich um die weiteren Erkenntnisse bemühen muss und die Dinge im Wandel begriffen sind, so dass es stets wieder der klärenden Reflexion – auch zwischen den Wissenschaften selbst – bedarf, zeigt die Tatsache, dass nach dem Abschluss des vorliegenden Textes der Glaubenskommission eine umfangreiche Studie des Deutschen Ethikrates „Hirntod und Entscheidung zur Organspende“ (24. Februar 2015) erschienen ist; fast zur selben Zeit hat die Bundesärztekammer genauere Richtlinien zur Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls erstellt (Vierte Fortschreibung), die am 6. Juli 2015 veröffentlicht wurden.

Hinweis:

Das Dokument „Hirntod und Organspende“ der Glaubenskommission der Deutschen Bischofskonferenz finden Sie als pdf-Datei zum Herunterladen unter www.dbk.de in der Rubrik „Veröffentlichungen“. Dort kann es auch als Broschüre (Die deutschen Bischöfe, Glaubenskommission, Nr. 41, Bonn 2015) bestellt werden.


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