14. Oktober 2015 in Kommentar
Immer mehr Medien und Politiker setzen sich für die Christen ein, die in deutschen Flüchtlingsheimen von Muslimen bedrängt werden. Warum engagieren sich hier nicht auch die Kirchen? idea-Kommentar von Helmut Matthies
Wetzlar (kath.net/idea) Viele Deutsche sind gegenwärtig stolz auf ihr Land. Zu Recht: Denn kein Volk sonst in Europa hat so viele Flüchtlinge so positiv aufgenommen. Doch nachdem in den ersten neun Monaten dieses Jahres 700.000 zu uns gekommen sind und bis Weihnachten noch bis zu 900.000 erwartet werden, ist erst mal die Willkommensparty vorbei. Besorgnis über die Neuen macht sich breit (so der Stern vom 8.10.). Denn jetzt wird deutlich, dass der von vielen Politikern gebrauchte Vergleich nicht stimmt: Wir haben es nach 1945 mit den aus den Ostgebieten vertriebenen Deutschen geschafft, wir schaffen es auch jetzt. Denn damals waren es Menschen gleicher Sprache und gleicher Kultur. Es waren eben Deutsche.
Der große Unterschied zu den Flüchtlingen 1945
Jetzt kommen zu 80% Muslime sicher liebenswerte, tüchtige Leute, aber eben aus einer ganz anderen Welt. Für viele von ihnen sind Frauen Menschen zweiter Klasse, ist Demokratie fremd, Homosexualität ein fast todeswürdiges Vergehen und sind alle Andersgläubigen unrein und damit abzulehnen. Das Gegenteil also von christlichen Vorstellungen. Die gleichen Medien, die in Kanzlerin Merkels Ausruf Wir schaffen das euphorisch einstimmten, berichten nun über eine Fülle von Konflikten auch über solche, die Muslime den Christen bereiten. Eine Auswahl:
29.7. ARD-Magazin Report München: Christliche Flüchtlinge aus dem Nahen und Mittleren Osten sind in Asylantenheimen häufig Opfer muslimischer Gewalt.
27.9. Welt am Sonntag: Verfolgt in Deutschland: Christen sind in Asylbewerberheimen Übergriffen durch fanatische Muslime ausgesetzt. Dabei flohen sie in der Hoffnung, hier endlich ihren Glauben offen praktizieren zu können.
1.10. ZDF-Heute-Nachrichten: Christen in Flüchtlingsheimen: Verfolgung mitten in Deutschland
7.10. Stern-TV (bei RTL): Durch den großen Zustrom an Flüchtlingen aus muslimischen Herkunftsländern sind Christen in den Heimen mittlerweile eine kleine Minderheit geworden. Sie fühlen sich durch Muslime diskriminiert, bedroht und gemobbt. In vielen Heimen wird nach der Regel der Scharia gelebt, und wer sich da nicht anpasst, der kriegt Probleme.
Fehlt es den Kirchen immer noch an Fakten?
Das alles ist kein neues Phänomen. Die Zeit dokumentierte schon vor mehr als einem Jahr (29. Juli): In deutschen Flüchtlingsheimen werden Christen häufig gemobbt oder geschlagen. Geändert hat sich nur, dass alles viel schlimmer geworden ist. Immerhin wird in säkularen Medien darüber berichtet, während viele kirchliche weithin schweigen. Vermutlich, weil auch aus den Kirchen dazu kaum etwas zu hören ist. Auf eine Anfrage von idea Ende September an die EKD und die (katholische) Bischofskonferenz, was sie gegen die Verfolgung von Christen in Flüchtlingsunterkünften in Deutschland zu tun gedenken, wollten sich beide Institutionen nicht äußern. Begründung: Es fehle ihnen an Fakten. Doch was soll denn noch an Beispielen dazukommen, wenn Pfarrer, die sich um Flüchtlinge bemühen, und Medien einen Fall nach dem anderen schildern?
Wenn der EKD-Ratsvorsitzende
Der EKD-Ratsvorsitzende hat Mitte September mit viel Medienbegleitung den Flüchtlingen in Ungarn und Serbien einen Besuch abgestattet. Wie wäre es, wenn er oder andere Kirchenleiter mit ebensolchem medialen Aufsehen den bedrängten Christen auch in Deutschland einen Besuch abstatteten? Diese Solidarität könnte in den Asylantenheimen deutlich machen, dass Christen im Mutterland der Reformation willkommen sind. Die alljährlich wiederholten Schulderklärungen über das Versagen der Kirche gegenüber den Juden in der nationalsozialistischen Diktatur sind unglaubwürdig, wenn man nicht (in unserer Demokratie!) Solidarität auch mit den eigenen Glaubensgeschwistern übt.
Schon jetzt ist es peinlich, dass zwar weltliche Medien und Politiker wie Volker Kauder vielfach ihre Sorge über Christenverfolgung in Deutschland geäußert haben, sich aber bisher kein einziger Kirchenleiter beispielhaft solidarisch gezeigt hat.
Der Autor, Helmut Matthies, ist idea-Leiter (Wetzlar).
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