Die liberale Inquisition schlägt zu

5. November 2015 in Weltkirche


Unangenehme Argumente werden lieber zensiert als diskutiert. Dies kritisiert US-Bischof Robert Barron am Beispiel eines Kommentars zur Familiensynode in der New York Times, der liberalen Theologen nicht gefällt


New York (kath.net/CNA/jg)
In der gegenwärtigen intellektuellen Kultur gebe es die Tendenz echte Diskussionen zu vermeiden und stattdessen diejenigen zu zensurieren, deren Argumente uns nicht passen, schreibt Weihbischof Robert Barron in einem Kommentar im Catholic World Report. Er bezieht sich auf einen offenen Brief, den einige Theologen der USA an die Herausgeber der New York Times geschrieben haben. Sie kritisieren einen Kommentar zur Familiensynode, den Ross Douthart in der Zeitung veröffentlicht hatte. Der Brief endet mit dem Satz: „Das ist nicht das, was wir von der New York Times erwarten.“ Barron versteht das als Aufforderung an die Herausgeber, Douthat nicht zu katholischen Themen zu Wort kommen zu lassen.

Ausgangspunkt der Kontroverse ist ein Kommentar, den Ross Douthart am 17. Oktober veröffentlicht hat. Unter dem Titel The Plot to Change Catholicism (dt. „Die Verschwörung zur Veränderung des Katholizismus“) eine Analyse der Familiensynode verfasst. Er wirft Papst Franziskus vor, die Zulassung zivilrechtlich wiederverheirateter Geschiedener zur Kommunion stillschweigend zu unterstützten. Nur deshalb habe der Vorschlag von Kardinal Kasper überhaupt zu einem Thema bei der Synode werden können. Douthat unterstellt weiter, Franziskus habe auch vorgegeben, die umstrittene Änderung über den pastoralen Weg zu versuchen. Als Papst habe er zwar viel Macht, aber praktisch keine Möglichkeit, die Lehre zu verändern. Deshalb versuche er, die Doktrin über die Pastoral zu umgehen.

Douthat hält selbst nicht viel von der Idee, die er als „Quatsch“ („rubbish“) bezeichnet. Als Journalist sehe er darin eine faszinierende Geschichte, als Katholik erwarte er aber, dass der Plan letztlich scheitern werde. Wenn der Papst und der historische Glaube miteinander in Spannung geraten, setze er auf den Glauben, schreibt er.

Der offene Brief der Theologen geht auf kein einziges Argument von Douthat ein sondern versucht den Journalisten als theologisch unqualifiziert darzustellen. Er betrachte die Auseinandersetzungen in der Familiensynode unter politischen Gesichtspunkten als Fraktionskämpfe zwischen konservativ und liberal. Weiters behaupten die Theologen Douthat würde Mitglieder der Kirche als Häretiker bezeichnen, was für diese schwerwiegende Folgen haben könne. In dem angesprochenen Kommentar kommt das Wort Häretiker allerdings kein einziges Mal vor.

Er selbst stimme nicht in allem mit Douthats Kommentar überein, schreibt Barron. Doch halte sich der Journalist an die Spielregeln des öffentlichen Diskurses. Eine politische Lesart innerkirchlicher Auseinandersetzungen sei jedenfalls nichts Neues. Vom Bericht über das erste Apostelkonzil von Jerusalem in der Apostelgeschichte bis zu Yves Congars Analyse des Zweiten Vatikanischen Konzils seien diese Kategorien angewendet worden. Wer anderer Ansicht sei solle dies mit Argumenten verteidigen und nicht versuchen, Douthat mundtot zu machen, schreibt Barron.

Ross Douthat hat mittlerweile einen offenen Antwortbrief geschrieben und in der New York Times veröffentlicht. Darin fasst er in zwei Absätzen zusammen, warum die Gegner einer Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Kommunion die besseren Argumente auf ihrer Seite hätten.

Erstens werde die geltende katholische Lehre der zufolge die Ehe unauflösbar sei ausgehöhlt, wenn die Kirche zivilrechtlich wiederverheiratete Geschiedene ohne Annullierung der ersten Ehe zur Kommunion zulasse. Zweitens seien dadurch nicht nur das Ehesakrament sondern auch die Beichte und die Eucharistie betroffen. Der Zusammenhang von Beichte und Kommunion sei damit aufgehoben und es sei nicht mehr zu begründen, warum eheähnliche Verhältnisse, gleichgeschlechtliche Partnerschaften oder Polygamie von der Kirche nicht anerkannt werden sollten.

Möglicherweise werde die Kirche revolutioniert werden und seine Einwände mit dem Rest des konservativen Katholizismus untergehen. Letzterer werde sich aber nicht so einfach geschlagen geben. Es werde eines „bitteren Bürgerkrieges“ bedürfen um ihn klein zu kriegen. „Liebe Professoren: Willkommen auf dem Schlachtfeld“, schreibt Douthat abschließend.



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